Wer kann die Wahl einberufen? (Wahlen)

Thomasr, Tuesday, 10.10.2017, 01:00 (vor 2390 Tagen)

Moin, Moin und Gruß aus Hamburg.

Leider gab es in unserem Unternehmen einige "kleinere" mißverständnisse sodass wir bis Ende des Jahres keine SBV haben. Anfang kommenden Jahres gibt es unser Unternehmen nicht mehr da wir dann in ein Tochterunternehmen über gehen. Nun meine Frage: Wer kann eine Wahl zur SBV einberufen? Kann ich das als Angestellter? Kann das nur der BR? Wenn das nur der BR kann, was ist, wenn dieser aufgrund der kurzen verbleibenden Zeit nicht gewillt ist eine solche Wahl einzuberufen?

Danke und Gruß aus Hamburg.

Wer kann die Wahl einberufen?

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 10.10.2017, 13:05 (vor 2390 Tagen) @ Thomasr

Moin Moin Thomas,

dies ist eigentlich ein Forum für Interessenvertretungen.

Mir stellen sich einige Fragen, ehe ich Deine beantworten kann:

1. Wenn es Töchter eines Unternehmens gibt, gibt es dann auch eine Mutter und ggf. eine Konzern-SBV o.ä. Diese wäre für Euch zuständig, solange keine SBV gewählt ist. Dies ergibt sich aus § 97,6 SGB IX.
2. Wenn ihr Anfang 2018 in eine andere Tochter übergeht, stellt sich die Frage, ist diese schon existent, und gibt es dort eine SBV, die ab Übergang auch für Euch zuständig wird, oder wird diese neu geschaffen? Wenn ja, gibt es ggf. in anderen Unternehmensteilen, die ebenfalls übergehen SBVen?
Im ersteren Fall wäre es einfach, jetzt ist Konzern-SBV zuständig und ab Übergang die bisherige SBV der Tochter.
Sollte aus mehreren Teilen eine neue Tochter entstehen, und ein neuer Betriebsrat gewählt werden müssen, wäre auch analog eine SBV zu wählen, die für diese Tochter zuständig wäre.
Da im ersteren Fall eine SBV existent wäre und im letzteren Fall Anfang 2018 neu gewählt werden müsste, macht eine Wahl in beiden Fällen jetzt aufgrund der Fristen wenig Sinn.

Erst recht gilt dies, wenn bei Euch mehr als 50 Schwerbehinderte vorhanden wären, da dann das förmliche Wahlverfahren gilt, wobei erst ein Wahlvorstand gefunden werden muss und dann das Wahlausschreiben formuliert und mindestens 6 Wochen vor der Wahl ausgehängt werden muss. Da könnte man kaum noch im Dezember 2017 die Wahl durchführen.

Lediglich wenn es in der anderen Tochter auch keine SBV und/oder es keine Konzern-SBV gibt, macht aus meiner Sicht eine Wahl zum jetzigen Zeitpunkt einen Sinn, da dann zu prüfen wäre, inwieweit beim Übergang Eure SBV auch für die andere Tochter zuständig sein kann.

Mit freundlichen Grüßen

Hendrik

Wer kann die Wahl einberufen?

Thomasr, Tuesday, 10.10.2017, 13:38 (vor 2389 Tagen) @ Hendrik1

Huuu,- danke für die ausführliche Antwort.

Ursprünglich gab es drei Unternehmen welche Funsioniert sind. Da man keine drei IT-Abteilungen, FIBU etc. benötigt, hat man ein Tochterunternehmen gegründet. Da sich nach einigen Jahren die damals gegründete Firma nicht so entwickelt hat, wie vorgestellt, geht es nun wieder zurück in den Mutterkonzern. Wir hier sind 6 Schwerbehinderte Menschen. Im Mutterkonzern sind es erheblich mehr.

Vor kurzem gab es eine Wahl der SBV im Mutterkonzern da die bisherige SBV langzeit erkrankt ist und der Stellvertreter der SBV zurücktreten wollte. Bei der Wahl haben beide Unternehmen gleichermaßen gewählt. Da die Wahl des SBV der Stellvertreter in unserem Unternehmen geworden ist, wurde seitens der Konzernleitung diese Wahl für ungültig erklärt. Wir sind zwar ein Tochterunternehmen allerdings wird argumentiert, dass wir kein Mitspracherecht im Mutterkonzern haben.

Alles etwas kompliziert,- daher meine Frage.

Wer kann die Wahl einberufen?

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 10.10.2017, 14:11 (vor 2389 Tagen) @ Thomasr

Moin Moin Thomas,

so ganz steige ich immer noch nicht durch, aber egal.

Hier meine Einschätzung als Nichtjurist, soweit man diese von außen geben kann:


Wenn die Wahl für ungültig erklärt wurde, wurde dies juristisch angefochten von der gewählten Person, oder hat diese das akzeptiert?

Wenn es noch vor Gericht zu klären ist, ob die Wahl korrekt war, würde dies Neuwahlen erschweren, bzw. wäre allerdings juristisch zu klären, ob diese überhaupt durchgeführt werden können, weil man sonst zwei gewählte Vertretungen hätte, die personell unterschiedlich aufgestellt sein können.


Habt ihr eine eigene Personalvertretung in der Tochter, oder werdet ihr über den Betriebsrat der Mutter mit vertreten und konnten diesen auch wählen?
Wenn es 2 Unternehmen gibt, warum wurde dann die SBV gemeinsam gewählt? Dieses ist meines Wissens nach nur möglich, wenn es auch nur eine gemeinsame Personalvertretung auf unterster Ebene gibt. Sind zwei Betriebsräte vorhanden, sind auch 2 SBVen zu wählen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Da hat dann schon der Wahlvorstand geschlafen. Nach §94,2 und 3 SGB IX sind nur die Personen wählbar, die dem Betrieb angehören, in dem die Wahl stattfindet.

Nach §97,1 SGB IX ist in Betrieben, in denen ein Gesamtbetriebsrat gewählt ist, auch eine Gesamt-SBV zu wählen. Selbiges gilt für Konzernbetriebsrat bzw. Konzern-SBV nach §97,2 SGB IX.

Wenn die gewählte Vertrauensperson dem Betrieb nicht angehört, für den sie gewählt ist, hätte sie zur Wahl gar nicht zugelassen werden dürfen. Eine gemeinsame Wahl von zwei rechtlich eigenständigen Betrieben ist im Gesetz nicht vorgesehen, die Gesamt-SBVen werden von den Schwerbehindertenvertretungen und die Konzern-SBVen von den Gesamt-SBVen gewählt.

Einzige Ausnahme: Es sind keine rechtlich eigenständigen Betriebe und es gibt eine gemeinsame Personalvertretung, dann kann auch eine gemeinsame SBV existieren. Dann wäre die Ungültigkeit der Wahl juristisch falsch.

Ihr könntet über das einfache Wahlverfahren wählen, aber wie soll es weitergehen, wenn ihr übergeht, da die SBV nicht einfach für alle Beschäftigten der Mutter zuständig sein kann.
Zudem würde man den gewählten Vertreter verprellen, falls dieser sich nicht selber bei Euch zur Wahl stellen würde. Daher würde ich Dir für den Fall, dass Du diesen Stellvertreter für geeignet hältst und/oder nicht gegen ihn agieren möchtest, empfehlen, das Gespräch mit diesem zu suchen und dann gemeinsam eine Lösung zu suchen, auch wenn dies bedeuten kann, dass ihr ggf. erst Anfang 2018 eine Neuwahl in dem neuen gemeinsamen Betrieb in Gang bringt.


Liebe Grüße

Hendrik

Wer kann die Wahl einberufen?

Thomasr, Tuesday, 10.10.2017, 23:14 (vor 2389 Tagen) @ Hendrik1

Jo,- das ist alles doch ein "wenig" kompliziert. Ich würde gern mit Namen arbeiten, möchte aber mein Unternehmen nicht in ein "ungünstiges" Licht rücken.

1.) Mutterkonzern mit SBV wobei die SBV selbst langzeiterkrankt ist und der Stellvertreter den Job nicht mehr machen kann da es zeitlich einfach zu viel ist.
2.) Bisher gab es kein Problem da sowohl die Personen welche sich haben aufstellen lassen und die Personen die letztlich gewählt wurden, aus dem Mutterkonzern selbst kamen.
3.) Sowohl der Mutterkonzern als auch das Tochterunternehmen (also unseres) haben einen eigenen BR
4.) da die amtierende SBV nun aufgrund Krankheit nicht zur Verfügung steht und der Stellvertreter der SBV den Job abgeben wollte, wurde nun eine Wahl für einen neuen Stellvertreter einberufen.
5.) bei dieser Wahl habe ich mich ebenfalls aufstellen lassen da der Aufruf nicht nur im Mutterkonzern sondern auch bei unserem Tochterunternehmen verbreitet wurde.
6.) bei dieser Wahl bin ich als Stellvertreter gewählt wurden.
7.) es gab "Glückwünsche" seitens der Konzernleitung
8.) kurze zwei Tage später fiel dann allen auf, dass ich als Angestellter des Tochterunternehmens hätte gar nicht gewählt werden dürfen. Also wurde die Wahl kurze Hand für ungültig erklärt. Die vergangenen Jahre ist das nicht weiter "aufgefallen" das wir dann als Tochterunternehmen gar keine SBV haben
9.) Konsequenz: Die Konzernleitung hat den bisherigen Stellvertreter der SBV dazu überredet, den Job bis zum kommendem Jahr weiter zu machen

Hier gab und gibt es offensichtlich viele Pannen und "unglückliche" Verfahrensweisen. Verprellen kann ich mir das mit keinem außer mit der Konzernleitung selbst. Daher halt meine Frage, ob man für das letzte viertel Jahr bei 6 Schwerbehinderten im Unternehmen noch eine "Wahl auf die schnelle" einberufen kann und wer das machen müsste. Im Prinzip wäre das egal ob wir nun das letzte viertel Jahr eine eigene SBV haben,- allerdings ist da die Frage was ist mit den anstehenden Einstellungen und Kündigungen? Wer "Überwacht" die Gleichstellung? Es wird jetzt neues Personal eingestellt wobei die Betreffende Person eine anerkannte Schwerbehinderung hat. Ich denke aber dass diese Person aber nicht korrekt eingruppiert wird. Aus eigener Erfahrung muss ich sagen dass ich selbst als Mensch mit einer Behinderung meine gleichwertige Eingruppierung nur auf dem Rechtsweg einfordern konnte.

Danke und Gruß aus Hamburg

Wer kann die Wahl einberufen?

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 11.10.2017, 09:16 (vor 2389 Tagen) @ Thomasr

Moin Moin Thomas,

für Dein Tochterunternehmen gilt das vereinfachte Wahlverfahren nach § 18 ff SchwbVWO,
da es hier keine SBV gibt kann sowohl durch drei Schwerbehinderte, als auch durch den Betriebsrat als auch durch das Integrationsamt zu einer Wahlversammlung eingeladen werden. Ich würde hierzu mit dem Integrationsamt Kontakt aufnehmen, da diese wahrscheinlich am meisten Erfahrung mit den Wahlen bei Euch haben.

Zum Wahlvorgang im Mutterkonzern bleibt anzumerken, wenn die Vertrauensperson langzeitkrank ist, aber weder durch Dauerrente noch durch Rücktritt oder massiven Amtsmissbrauch der zum Erlöschen des Amtes nach §94,7 SGB IX führt, aus dem Amt geschieden ist, kann hier nicht neu gewählt werden. Der Stellvertreter wird dann automatisch zur Abwesenheitsvertretung mit den Rechten und Pflichten der Vertrauensperson und kann ebenfalls nur durch Rücktritt sich dieses Amtes entziehen.

Ohne diese beiden Vorgänge ist eine Wahl aus meiner Sicht höchst anfechtbar.

Ansonsten könnte ja auch eine längere krankheitsbedingte Abwesenheit einer unliebsamen Vertrauensperson dazu benutzt werden, diese aus ihrem Amt zu entfernen.

Liebe Grüße

Hendrik

Wer kann die Wahl einberufen?

Thomasr, Wednesday, 11.10.2017, 18:38 (vor 2388 Tagen) @ Hendrik1

Hallo Hendrik1,

perfekte Ausführung!!!! Danke!!!

das mit der bisherigen SBV im Mutterkonzern: Es gibt hier die SBV (also die Vorsitzende) und einen Stellvertreter. Der SBV (Vorsitzende) selbst ist langzeiterkrankt und daran will auch und wollte auch keiner "rütteln" einzig der Stellvertreter war letztlich überfordert da er durch die langzeiterkrankung der SBV (Vorsitzende) im Prinzip allein für alles verantwortlich war. NUR dieser Stellvertreter wurde neu gewählt weil er eben der Aufgabe nicht mehr gewachsen war. Nach der Rückführen unseres Unternehmens in den Mutterkonzern wird dann bis zur "richtigen" neuwahl dann auch wieder nur der Stellvertreter neu gewählt und nicht die SBV (Vorsitzende) selbst.

Es sind halt "nicht ganz normale" Umstände zumal erst jetzt fast drei Monate vor der Rückführung auffällt, dass wir bisher in unserem Tochterunternehmen gar keine SBV hatten. Weder Konzernleitung, noch BR, Perso oder der derzeitigen SBV des Mutterkonzerns ist dieser Umstand aufgefallen.

Wer kann die Wahl einberufen?

Hendrik1, Niedersachsen, Thursday, 12.10.2017, 15:07 (vor 2387 Tagen) @ Thomasr

Moin Moin Thomas,

es ist auch nicht ganz so wichtig, dass Ihr keine SBV hattet, weil wenn in zwei Teilbetrieben nur in einem eine SBV besteht, nimmt diese auch die Rechte der übergeordneten SBV wahr.

Hierzu steht in §97,1 SGB IX: "Ist eine Schwerbehindertenvertretung nur in einem der Betriebe .... gewählt, nimmt sie die Rechte und Pflichten der Gesamtschwerbehindertenvertretung wahr", ist also auch als solche für Euch mit zuständig.

In §97,6 steht dann auch der Passus, der für Euch wichtig sein kann: "... sowie die Interessen der schwerbehinderten Menschen, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle tätig sind, für die eine Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt ist".

Die SBV des Mutterkonzerns hat aus diesem Grund das Recht, für Euch tätig zu sein, an Vorstellungsgesprächen, Betriebsratssitzungen teilzunehmen ect.

Dies gilt, wenn ihr auch nach Neugründung weiterhin zum Konzern gehört und nicht eine externe Ausgründung in eine andere Gesellschaftsform seid.


Liebe Grüße

Hendrik

Wer kann die Wahl einberufen?

Cebulon, Tuesday, 10.10.2017, 22:45 (vor 2389 Tagen) @ Thomasr

Hallo, Du redest hier von Firma, Tochterunternehmen, Mutterkonzern, nur nicht von der allein maßgeblichen Organisationseinheit "Betrieb" als Wahlbezirk nach § 94 SGB IX, in der die örtliche SBV zu wählen ist. Verstehe daher momentan gleichfalls nur "Bahnhof" :-)

Vor kurzem gab es Wahl der SBV im Mutterkonzern, da bisherige SBV langzeit erkrankt ist und der Stellvertreter der SBV zurücktreten wollte.

"langzeit erkrankt"? "zurücktreten wollte"? Verstehe ich richtig, dass neu gewählt wurde, obwohl es erstens eine langzeiterkrankte Vertrauensperson gibt und obwohl es zweitens eine Stellvertretung gibt, die zwar zurücktreten "wollte", aber niemals zurücktrat? Eine unverbindliche bloße Ankündigung eines Rücktritts rechtfertigt niemals die Nachwahl einer Stellvertretung!

Gruß,
Cebulon

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