Länge der Stellenausschreibung (Einstellung)

Holz_116, Monday, 08.07.2019, 12:13 (vor 1760 Tagen)

Hallo zusammen,

mein Problem ist, dass Arbeitgeber "aus Not" heraus Bewerber zu Vorstellungsgesprächen einlädt, bevor die Stellenausschreibung beendet ist.
Am Ende der Ausschreibungsfrist, erhalte ich von meinem AG eine Matrix der Bewerber mit dem Vermerk ob SB oder Gleichgestellt.
Da der Arbeitgeber 2x dieses Jahr bereits Extrarunden drehen durfte, da man die SBV vergessen hat, stellt sich mir die Frage, wie kann ich den Arbeitgeber dazu bekommen, dass er sich an die von Ihm in der Stellenausschreibung gegebene Frist hält.

Vielen Dank für die Hilfe. :-)

Länge der Stellenausschreibung

garda, Berlin, Monday, 08.07.2019, 13:14 (vor 1760 Tagen) @ Holz_116

mein Problem ist, dass Arbeitgeber "aus Not" heraus Bewerber zu Vorstellungsgesprächen einlädt, bevor die Stellenausschreibung beendet ist.
Am Ende der Ausschreibungsfrist, erhalte ich von meinem AG eine Matrix der Bewerber mit dem Vermerk ob SB oder Gleichgestellt.
Da der Arbeitgeber 2x dieses Jahr bereits Extrarunden drehen durfte, da man die SBV vergessen hat, stellt sich mir die Frage, wie kann ich den Arbeitgeber dazu bekommen, dass er sich an die von Ihm in der Stellenausschreibung gegebene Frist hält.

Hallo,

da wäre doch eine Regelung wie in meinem Haus - SBV ist immer dabei - durchaus angebracht. Die hier schon mal angebrachten Bedenken hinsichtlich Datenschutz teile ich nicht, da die SBV einer sehr weitgehenden Verschwiegenheit unterliegt. Zudem stimmt die SBV ja nicht mit ab, es wird also auch niemand benachteiligt.

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Mit freundlichen Grüßen

Michael

Länge der Stellenausschreibung

Cebulon, Monday, 08.07.2019, 13:24 (vor 1760 Tagen) @ Holz_116

Am Ende der Ausschreibungsfrist, erhalte ich von meinem AG ...

Hallo, scheint kein Einzelfall zu sein. Das sehen die Arbeitsrichter nicht so gerne, zum Beispiel beim LAG Hessen, 17.03.2016, 9 TaBV 128/15. Und die Nichtzulassungsbeschwerde des uneinsichtigen Arbeitgebers hat BAG mit Beschluss v. 23.11.2016, 7 ABN 65/16, zurückgewiesen.

Anmerkung von Prof. Dr. Kohte, in: jurisPR-ArbR 43/2016 Anm. 2: „Rechte der SBV bei Verletzung ihrer Beteiligungsrechte“. Hier ist die Rechtsprechung voll auf der Seite der SBV. Und die INFO der SBV und/oder des Betriebsrats erst am Ende der Ausschreibungsfrist über schwerbehinderte Bewerber ist ohnehin klar verspätet. Siehe dazu auch Prof. Düwell, LPK-SGB IX, § 178 Rn. 45.

Gruß,
Cebulon

Länge der Stellenausschreibung

WoBi, Monday, 08.07.2019, 17:06 (vor 1760 Tagen) @ Holz_116

Hallo Holz_116,

ist die SBV bereits vor der Stellenausschreibung in das Stellenbesetzungsverfahren eingebunden? Also bereits bei der Prüfung, ob es geeignete schwerbehinderte Beschäftigte für diese frei / freiwerdende Stelle gibt? Dadurch kann die SBV Kenntnisse über zukünftige Stellenausschreibungen erhalten.

Wird die Beschäftigungsquote eingehalten? Wenn dies nicht der Fall ist, kann die SBV und/oder PR mit der beabsichtigten Entscheidung der Einstellung durch den Arbeitgeber nicht einverstanden sein und eine Erörterung nach § 164 Abs. 1 Satz 7 SGB IX verlangt werden.

Als öffentlicher Arbeitgeber sind zusätzlich die Ladungspflicht zum Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX zu beachten.

--
Gruß
Wolfgang

Länge der Stellenausschreibung

Holz_116, Tuesday, 09.07.2019, 07:44 (vor 1759 Tagen) @ WoBi

Hallo Holz_116,

ist die SBV bereits vor der Stellenausschreibung in das Stellenbesetzungsverfahren eingebunden?

Also bereits bei der Prüfung, ob es geeignete schwerbehinderte Beschäftigte für diese frei / freiwerdende Stelle gibt? Dadurch kann die SBV Kenntnisse über zukünftige Stellenausschreibungen erhalten.
Nein, ist die SBV nicht. <

Wird die Beschäftigungsquote eingehalten?

Die Quote ist mehr als erfüllt mit mehr als 9%

Als öffentlicher Arbeitgeber sind zusätzlich die Ladungspflicht zum Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX zu beachten.

Bisher habe ich auf eine Wiederholung der Gespräche bestanden, was auch fast Problemlos möglich war.
Mir ist aber bewusst, dass in solchen Fällen der Schwerbehindertebewerber nicht nur besser sein muss, sondern wesentlich besser sein muss als ein Gesunderbewerber, von dem man sich noch ein besseres Bild in einem 2ten Gespräch machen kann.

Länge der Stellenausschreibung

WoBi, Tuesday, 09.07.2019, 10:15 (vor 1759 Tagen) @ Holz_116

Hallo Holz_116,

mit der Erfüllung der Beschäftigungsquote entfällt leider die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Anhörung der abgelehnten schwerbehinderten Bewerber und der Mitarbeitervertretungen. Dadurch bekommen abgelehnte Bewerber keine Informationen zu ihrem Bewerbungsverfahren, um ggf. Ansprüche nach dem AGG geltend zu machen, wenn die Interessensvertretungen mit der Entscheidung nicht einverstanden sind.

Bleibt die noch nicht durch SBV und PR genutzte Möglichkeit der Vorabprüfung, zu dieser der Arbeitgeber vor der Stellenausschreibung und der frühzeitigen Information der Agentur für Arbeit verpflichtet ist. Diese hat die Rechtsgrundlage in § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Diese Verpflichtung wird deutlicher, wenn ein Teil des Gesetzestextes „ausgeblendet“ wird:
„Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können.

Mehr dazu mit der Suchfunktion z.B. https://www.schwbv.de/forum/index.php?id=25361 oder in den Kommentaren.

Wünschenswert wäre es, wenn sich schwerbehinderte Bewerber gleich beim Beginn der Stellenausschreibung bewerben würden, damit die SBV / PR ihren "Fuß in der Türe" bereits am Anfang des Bewerbungsverfahren haben. Doch die Bewerbungsmöglichkeit endet erst mit Ablauf der, in der Stellenausschreibung, genannten Bewerbungsfrist. Hier haben die SBV / der PR den arbeitsrechtlichen Gleichbehandungsgrundsatz zu überwachen.
Der PR kann bei einer Einstellung seine Zustimmung wegen Verstöße gegen gesetzliche Regelungen verweigern. Der §/Art. hängt vom jeweiligen zuständigen Personalrecht ab.

--
Gruß
Wolfgang

Länge der Stellenausschreibung

Holz_116, Wednesday, 10.07.2019, 10:23 (vor 1758 Tagen) @ WoBi

Danke für die Antwort.

Das heißt jetzt für mich; ich versuche trotz allem auf die Verantwortlichen einzuwirken, dass man trotz aller "Not" eben doch die Frist der Ausschreibung abwartet.

Man wollte mich jetzt zu Gesprächen einladen, die vor Ablauf der Frist laufen einladen, was ich aber abgelehnt habe, da wir ein solches Verfahren nicht geregelt haben, dass die SBV an allen Gesprächen teilnehmen kann.

Länge der Stellenausschreibung

WoBi, Wednesday, 10.07.2019, 11:34 (vor 1758 Tagen) @ Holz_116

Hallo Holz_116,

wie kann der öffentliche Arbeitgeber denn eine Auswahl der besten Bewerber treffen, wenn (möglicherweise) noch nicht alle Bewerbungen vorliegen. Es ist das Ende der von im gesetzten Bewerbungsfrist abzuwarten. Das in Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz (GG) für den öffentlichen Dienst verankerte Prinzip der sogenannten Bestenauslese gibt verbindliche Kriterien für Personal-Auswahlentscheidungen vor. Nach Artikel 33 Absatz 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.

Die Bestenauslese erfordert ein ordnungsgemäßes Verfahren mit einem bestimmten Anforderungsprofil für die Stelle. Die Feststellungen zur Eignung des Bewerbers sind schriftlich zu dokumentieren.
Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist daher nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Nur so kann eine Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gerichtlich überprüft werden (BAG 21. Januar 2003 - 9 AZR 72/02 - Rn. 32; BAG 07. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 43).

Die nicht ausgewählten Konkurrenten muss der Dienstherr über seine Auswahlentscheidung grundsätzlich informieren (BVerfG, Urteil vom 19.09.1989, Az.: 2 BvR 1576/88).

Eine nicht ordnungsgemäße Beteiligung der SBV kann bereits ein Verfahrensmangel darstellen. Eine Benachteiligung im Einstellungsverfahren ist auch die Missachtung gesetzlicher Vorgaben zum Schutz Schwerbehinderter. Der öffentliche Arbeitgeber darf es nicht in der Hand haben, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern wegen eines Merkmals des § 1 AGG so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird.

--
Gruß
Wolfgang

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