Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten (AGG)

Ralf Böttcher, Friday, 04.03.2022, 13:41 (vor 784 Tagen)

Hallo,

ein schwerbehinderter Beschäftigter wird in der Probezeit gekündigt, hat sich aber vor der Kündigung noch auf eine andere Stelle im Hause beworben.

Bedeutet die Probezeitkündigung für den AG automatisch, dass er den noch oder dann evtl. ehemaligen schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss?

Kommt es evtl. drauf an, warum gekündigt wurde (Diebstahl, Überschreitung Kompetenzen/Nichteinhaltung Dienstwege, Verstoß Datenschutz ...)?

Oder muss der AG ausnahmslos diesen schwerbehinderten Beschäftigten einladen?

Danke.

Viele Grüße

Ralf

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Hotte, Stuttgart, Friday, 04.03.2022, 20:56 (vor 784 Tagen) @ Ralf Böttcher

Hallo,

ein schwerbehinderter Beschäftigter wird in der Probezeit gekündigt, hat sich aber vor der Kündigung noch auf eine andere Stelle im Hause beworben.

Bedeutet die Probezeitkündigung für den AG automatisch, dass er den noch oder dann evtl. ehemaligen schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss?

Kommt es evtl. drauf an, warum gekündigt wurde (Diebstahl, Überschreitung Kompetenzen/Nichteinhaltung Dienstwege, Verstoß Datenschutz ...)?

Oder muss der AG ausnahmslos diesen schwerbehinderten Beschäftigten einladen?

Danke.

Viele Grüße

Ralf

reichen die Antworten hier nicht aus?

https://www.schwbv.de/forum/index.php?id=29376

VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Ralf Böttcher, Saturday, 05.03.2022, 00:39 (vor 784 Tagen) @ Hotte

Hallo,

leider nicht, da dort auch einen andere Ausgangsfrage gestellt wurde und somit keine Antworten auf die hier neu gestellte Frage gegeben wurde .

Viele Grüße

Ralf

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Phönix, NRW, Saturday, 05.03.2022, 09:17 (vor 783 Tagen) @ Ralf Böttcher

Hallo Ralf,

die Einladung eines Menschen mit Schwerbehinderung ist bei öffentlichen Arbeitgebern entbehrlich,
wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Als Maßstab für das offensichtliche Fehlen der fachlichen
Eignung ist die Stellenausschreibung heranzuziehen. Die SBV hat hierzu das Unterrichtungsrecht und ist
vor der Entscheidung anzuhören. Folglich wird nicht jeder Bewerber mit Schwerbehinderung ausnahmslos
eingeladen.

Grundsätzlich ist die SBV kein Entscheidungsträger und auch keine zustimmungspflichtige Personalvertretung,
sie ist anzuhören. Damit wird ihr die Gelegenheit gegeben zu einer Angelegenheit vorzutragen und Einwände zu
formulieren. Darüber nimmt sie Einfluss auf die Entscheidungsfindung des Dienstgebers, sie ist aber nicht an der
Entscheidung als solches beteiligt. Selbige ist mitzuteilen, wenn sie getroffen wurde.

Das Schwerbehindertenrecht soll Nachteile durch eine Schwerbehinderung ausgleichen, aber keine Vorteile
verschaffen. Kommt man daher in der Probezeit zu der Überzeugung, dass man nicht zusammenpasst und
das der Arbeitsplatz auch nicht, mit Hinblick auf die behinderungsbedingten Einschränkungen und im Rahmen
der Möglichkeiten, angepasst werden kann, ist es eben besser sich zu trennen. Dabei gehe ich davon aus,
dass alle Rechte beachtet wurden und alle Beteiligten vor dem Aussprechen der Kündigung im Austausch waren.

Es bleibt jedem unbenommen, sich auch aus einem während der Probezeit gekündigten Dienstverhältnis
auf eine andere ausgeschriebene Stelle des Dienstgebers zu bewerben. Jedes Dienst- und Arbeitsverhältnis
beinhaltet Rechte und Pflichten und sicherlich werden Pflichtverletzungen aus dem vorherigen Dienstverhältnis,
welches während der Probezeit gekündigt wurde, einen Einfluss auf die Bewerbung und deren Bewertung haben.

Letztlich wird das Schwerbehindertenrecht und sein korrektes Anwenden eine Probezeitkündigung nicht verhindern,
wenn die Gründe in der Person und ihrem Verhalten liegen, ohne Bezug zur Schwerbehinderung.

Viele Grüße
Phönix

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Ralf Böttcher, Sunday, 06.03.2022, 11:57 (vor 782 Tagen) @ Phönix

Hallo Phönix,

danke dir.

Was ist, wenn Kündigungsgründe oder Fehler, die zur Kündigung geführt haben, in der Schwerbehinderung bzw. Erkrankung liegen?

Muss eigentlich diese Erkrankung explizit zur Schwerbehinderung führen oder geführt haben? Es kann ja sein, dass man mehrere Erkrankungen hat, die bereits zu einer Schwerbehinderung geführt haben und erst danach eine weitere Erkrankung diagnostiziert wurde, die ursächlich für Fehler ist und die aber schon viel länger vorhanden ist, aber nie so diagnostiziert wurde und somit auch nicht im GdB-Bescheid stehen?

Viele Grüße

Ralf

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

albarracin, Baden-Württemberg, Sunday, 06.03.2022, 12:51 (vor 782 Tagen) @ Ralf Böttcher

Hallo,

die Kausalität von Schwerbehinderung/Gleichstellung mit bestimmten Erkrankungen ist völlig egal.
Für den Schutz des SGB IX kommt es allein darauf an, daß es einen Zusammenhang der Probleme mit einer der anerkannten Behinderungen gibt.

--
&Tschüß

Wolfgang

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

bifavi, Hessen, Monday, 07.03.2022, 11:49 (vor 781 Tagen) @ albarracin

Hallo Ralf,

die Kausalität von Schwerbehinderung/Gleichstellung mit bestimmten Erkrankungen ist völlig egal.

Stimmt.

Für den Schutz des SGB IX kommt es allein darauf an, daß es einen Zusammenhang der Probleme mit einer der anerkannten Behinderungen gibt.

Und die 6-monatige Frist nach Kündigungsschutzgesetz erfüllt ist. Wenn die nicht vorbei ist, kannst dich sooft darauf berufen wie du willst. Der Kündigungsschutz SGB IX greift erst nach 6 Monaten. Wie bereits in anderer Fragestellung erläutert.
Probezeit darf nicht mit der Wartezeit auf eine Ebene gestellt werden. Probezeit kann auch individualrechtlich eine andere vereinbart werten. Trotzdem gilt der Kündigungsschutz SGB IX erst ab dem 6.Monat. Ist innerhalb der 6 Monate Wartezeit eine Kündigung beim Arbeitnehmer zugestellt, so reichen subjektive Gründe für den AG aus, um eine Kündigung auszusprechen.
Gründe können sein:
entspricht nicht unseren Erwartungen
ist der Aufgabe nicht gewachsen
hat Leistungsdefizit

Im TVöD werden noch andere Regelungen getroffen, siehe dazu §§ 30-34.

LG
Bifavi

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

bifavi, Hessen, Monday, 07.03.2022, 13:08 (vor 781 Tagen) @ bifavi

Hat nur die Hälfte übernommen.

Ergänzung

Wie bereits weiter oben aufgeführt, ist die fachliche Eignung zur Einladung Vorstellungsgespräch zu prüfen.
Ist diese Eignung nicht gegeben, bedarf es keiner Einladung.
Da der Arbeitgeber bereits Erfahrungen mit dem Bewerber hat, kann er schnell beurteilen, ob die Eignung vorliegt oder nicht.
Reine spekulativen Fragen ob, wann, was, wie können hier nicht geklärt werden.
Ich bekomme so langsam den Eindruck, dass du noch keine Grundschulung für die SBV hattest und keine Kommentierung zum SGB IX hast.
Hier die Schulungen sind klasse und Kommentierung besorgen.
Aber du bist ja JAV, also setzte die mit der SBV zusammen und lass Dich und/oder die Person dort beraten.

LG
Bifavi

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Ralf Böttcher, Monday, 07.03.2022, 17:40 (vor 781 Tagen) @ bifavi

Eine Kommentierung SGB IX habe ich noch nicht. Welche kannst du bitte empfehlen?

Ich hatte schonmal bei der SBV angefragt, die haben aber zzt. echt wohl viel zu tun. Es wäre alles auch wohl nur bei Online-Meeting möglich, wenn denn mal Zeit ist. Aber besser als nichts.

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

bifavi, Hessen, Tuesday, 08.03.2022, 08:08 (vor 780 Tagen) @ Ralf Böttcher

Moin Ralf,
eine SBV hat immer viel zu tun. Das lasse ich als Ausrede nicht zu. Wenn es um Belange der SbM geht hatt die SBV sicherlich Zeit sich die Problematik anzuhören. Bei vielen Dingen, die aber aussichtslos sind, können die auch nicht weiterhelfen. Ist nun mal so: Man kann versuchen alle zu retten, aber das gelingt aber nicht immer.
Wenn es also um die Belange des SbM geht und der noch zu deinem Personenkreis als JAV fällt, solltest Du mit der SBV und PR/BR eng zusammenarbeiten.

Ich persönlich nutze als Kommentierung den Knittel als Onlinemodul und den Basiskommentar von Feldes/Helbig/Krämer.
Es gibt noch weitere.
Falls du in einer Gewerkschaft bist, frag da mal nach, die haben auch was.
Als Einstieg wende dich mal an den Landeswohlfahrtsverband. Da gibt es auch Broschüren und das ABC Handbuch für die betriebliche Praxis.
Mal SBV fragen, die hat meistens auch sowas.

LG
Bifavi

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Ralf Böttcher, Monday, 07.03.2022, 17:36 (vor 781 Tagen) @ bifavi

Hallo,

danke dir soweit.

Wenn "entspricht nicht unseren Erwartungen" allerdings was mit der Schwerbehinderung zu tun haben sollte, dann wäre das aber sicherlich auch nicht "schön" und evtl. sogar "diskriminierend", oder!?

Kann ein AG durch Kündigung eines schwerbehinderten ANs diesen eben durch Kündigung diskriminieren, wenn die Schwerbehinderung etwas mit der Kündigung zu tun hat?

Nochmals danke.

Viele Grüße

Ralf

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

Cebulon, Monday, 07.03.2022, 23:46 (vor 781 Tagen) @ Ralf Böttcher

Kann ein AG durch Kündigung eines schwerbehinderten ANs diesen eben durch Kündigung diskriminieren, wenn die Schwerbehinderung etwas mit der Kündigung zu tun hat?

Hallo, das ist alles äußerst pauschal: Es käme bei einer Kündigung nach der Wartezeit darauf an, ob in dem Bescheid des Versorgungsamts eine ganz bestimmte Behinderungsart explizit festgestellt wurde und ob dann genau diese spezielle Behinderungsart kausal für die „Defizite“ ist. Dann müsste sich das Integrationsamt ggf. damit befassen. Damit ist jedoch keinesfalls gesagt, dass das Integrationsamt bei Kausalität unbedingt zuzustimmen hätte laut Rspr. der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Hier ist jedoch die Kündigung vor Ablauf der Wartezeit erfolgt und eben nicht danach. Was sollte denn hier konkret diskriminierend sein gemäß dem § 164 Abs. 2 SGB IX bzw. AGG – zumal ja die SBV zuvor beteiligt wurde?

Gruß,
Cebulon

Gründe für Nichteinladung eines ehemaligen oder Noch-Angestellten

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 08.03.2022, 10:54 (vor 780 Tagen) @ Ralf Böttcher

Hallo,

Hallo,

das hier

Wenn "entspricht nicht unseren Erwartungen" allerdings was mit der Schwerbehinderung zu tun haben sollte, dann wäre das aber sicherlich auch nicht "schön" und evtl. sogar "diskriminierend", oder!?

ist viel zu pauschal. Auch eine Behinderung kann ein sachlicher Grund für eine Nichteignung sein. Eine Ungleichbehandlung aus sachlichem Grund ist eben keine Diskriminierung. Oder möchtest Du von einem Busfahrer mit mangelhaftem Sehvermögen kutschiert werden?


Kann ein AG durch Kündigung eines schwerbehinderten ANs diesen eben durch Kündigung diskriminieren, wenn die Schwerbehinderung etwas mit der Kündigung zu tun hat?

Auch das ist viel zu pauschal. Das Schwerbehindertenrecht enthält kein Kündigungsverbot, es erlegt dem AG besondere Fürsorgepflichten auf. Hält sich allerdings der AG an seine gesetzlichen Pflichten und gibt es trotzdem keinen leidensgerechten Arbeitsplatz, ist eine Kündigung zulässig und auch nicht diskriminierend.

--
&Tschüß

Wolfgang

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