Mehrarbeit ja? (Allgemeines)

Caty, Bremen, Monday, 30.10.2006, 14:54 (vor 6394 Tagen)

Hallo zusammen,
Habe mir schon einige Beiträge im Forum dazu angesehen, aber finde für mein Problem leider keine klare Antwort.
In unserem Betrieb gibt es einen Samstagsnotdienst von 8-12 Uhr.
Für den Kollegen wurde das Tel.-Dienst sein. ( Eine Arbeit die er auch in der Woche macht ) Jetzt wo er als Schwb. anerkannt ist will er diesen Dienst der ca. 3 - 4 mal im Jahr vorkommt nicht mehr machen. Das wäre Mehrarbeit.
Wir haben Zeitkonten auf denen die SA-Arbeit mit 5 Std.:-P statt der geleisteten 4 Std. gutgeschrieben werden. So kann die geleistete Zeit sofort wenn vom Mitarbeiter gewollt schon am Montag danach abgefeiert werden.
Die wöchendliche Arbeitszeit beträgt MO-Fr. 40,33 Std.

Kan der Kollege den SA-Dienst verweigern, wege Mehrarbeit>>
Dank im voraus.
Gruß
Caty

Mehrarbeit ja?

hackenberger, Monday, 30.10.2006, 15:49 (vor 6394 Tagen) @ Caty

Ein Schwerbehinderter hat nach § 124 SGB IX keinen Anspruch auf Einhaltung der 5-Tage-Woche und Befreiung von Nachtarbeit. Das Verlangen auf Freistellung von Mehrarbeit führt weder zu einem Anspruch auf die 5-Tage- Woche noch auf Befreiung von Nachtarbeit. Etwas anderes kann sich allerdings im Einzelfall aus § 81 Abs. 4 Ziff. 4 SGB IX ergeben, wenn das zur behinderungsgerechten Gestaltung der Arbeitszeit erforderlich ist. Die Erfüllung darf für den Arbeitgeber aber nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sein.
BAG 03.12.2002 - 9 AZR 462/01


Siehe auch: http://www.schwbv.de/mehrarbeit.html
findet man mit "suchen";-)

Hallo,

einige Anmerkungen/Hinweise zu dem Thema:

Man muss unterscheiden zwischen Überzeitarbeit und Mehrarbeit. Mehrarbeit ist ein Begriff aus dem Arbeitszeitgesetz. Er beinhaltet die Arbeitszeit über 8 Std. täglich und 48 Std. wöchentlich (6 x 8 Std. = Mo-Sa je 8 Std.).

Nach § 3 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes vom 6. 6. 1994 darf die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer 8 Stunden nicht überschreiten. Ist eine tägliche Arbeitszeit von 7 Stunden tariflich, betrieblich oder per Arbeitsvertrag vereinbart, kann der schwerbehinderte Mensch die Ableistung einer weiteren Arbeitsstunde nicht mit Hinweis auf § 124 SGB IX verweigern. Hier handelt es sich nicht um Mehrarbeit i.S.d. § 124, sondern um eine “Überarbeit” oder “Überstunde”. Erst eine über 8 Stunden hinaus zu leistende Arbeit kann als Mehrarbeit Arbeit abgelehnt werden, so die Sicht des BAG.

Der AG hat hier zur Vermeidung von Mehrarbeit/Überzeitarbeit aber auch die Möglichkeit der Arbeitszeitverschiebung. Also an den Wochentagen Mo-Fr Reduzierung der täglichen Arbeitszeit um die so eingesparte Arbeitszeit auf den Samstag zu verlagern. Dann wäre es kein Thema für den § 124 SGB IX.

Die Vorschrift des § 124 SGB IX soll nach ihrem Schutzzweck sicherstellen, dass die Leistungsfähigkeit schwerbehinderter Menschen nicht durch zu lange Arbeitszeiten überbeansprucht wird.

Diesem Schutzzweck, dürfte eine Beschäftigung an Samstagen auch z.B. im Rahmen einer Arbeitszeitverschiebung oder auch einer zusätzlichen Schicht nicht grundsätzlich widersprechen. Weiter sollte man als betroffener Schwerbehinderter auch für sich einmal überlegen ob man sich zu sehr aus der Gruppe der AN – des Teams – herausstellen/“absondern“ möchte. Denn damit wird man es wohl nicht erreichen bei den anderen Koll. Verständnis für die Belange der Schwerbehinderten zu erreichen.

Wenn also keine behindertenbedingten Gründe gegen eine Beschäftigung am Samstag gegeben sind sehe ich keinen grundsätzlichen Grund der Herausnahme von Schwerbehinderten aus solche besonderen zusätzlichen Arbeitseinsätzen.

Ich hatte ja schon einmal im Beitrag: http://www.schwbv.de/forum/index.php>id=3388
Auf dieses Thema §124 geantwortet. Das BAG geht in seiner Rechtsprechung zum § 124 immer noch von den Zeiten über 8 Std. täglich (ArbZG § 3) aus. Es gibt nun verschiedene Kommentare welche hier eine abweichende Sicht (unter Beachtung der Zeiten gem. TV/ArbV) haben.

Sofern der AG Mehrarbeit anordnen möchte und der Schwerbehinderte in der Behinderung liegende Gründe für die Ablehnung von Mehrarbeit hätte, würde ich im von der BAG-Rechtsprechung abweichenden Sinne gegenüber dem AG argumentieren. Sofern der AG diesem aber dann nicht folgt, wäre es dann das Risiko des AN wenn er in Berufung auf den § 124 SGB IX diese Mehrarbeit trozdem ablehnen würde. Es könnte vom AG als Arbeitsverweigerung und Grund für eine Kündigung angesehen werden. Ob das BAG dann in einer ggf. erneuten Rechtsprechung den von seiner bisherigen Rechtsprechung abweichenden Argumenten der Kommentare hinsichtlich der Auslegung des § 124 SGB IX Folgen würde wäre abzuwarten.

Grundsätzlich muss/soll man immer zum einen an den Schutzzweck des § 124 SGB IX denken und auch sich nicht zu sehr aus der gesamten Gruppe der AN herauszustellen und diese bei entsprechenden Entscheidungen dem zu Folge berücksichtigen. Weiter ist es auch in diesem besonderen Falle so, dass auch nicht behinderte AN nicht besonders glücklich sind zusätzlich an Samstagen zu arbeiten.

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