§ 95.2 SGB IX (Umgang mit Arbeitgeber)

wolfram marold @, 40764 Langenfeld, Wednesday, 29.11.2006, 09:42 (vor 6388 Tagen)

Guten Morgen allerseits

Mein Arbeitgeber ist der Auffassung, dass, wenn Maßnahmen alle Mitarbeiter betreffen( z.B. Arbeitszeitveränderungen, Leistungsabfragen u.s.w.), er die Schwerbehindertenvertretung nach 95.2 SGB IX nicht anzuhören hat, weil es die Gruppe der Schwerbehinderten nicht im besonderen betrifft.
Ist diese Aussage wirklich richtig> Wenn nicht, woher leite ich das Recht ab, das der Arbeitgeber die Rechtsanwaltkosten für mich übernimmt> Das das Verfahren vor dem Arbeitsgericht kostenfrei ist, weiß ich inzwischen.Ich bin im ö.D./NRW beschäftigt, Für uns ist der "Füraorgeerlaß bindent.
Für Eure Antworten bedanke ich mich im Vorraus.
Liebe Grüße
Wolfram

§ 95.2 SGB IX

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Wednesday, 29.11.2006, 10:05 (vor 6388 Tagen) @ wolfram marold

Hallo Wolfram,
im Asgard-Kommentar findest du folgendes dazu:

Nach Auffassung des LAG München soll dies (die Beteiligung) nur bei Angelegenheiten der Fall sein, die sich auf Schwerbehinderte als solche beziehen oder durch die Schwerbehinderte anders als die sonstigen Arbeitnehmer berührt werden (LAG München, 30. 8. 1989, 5 SA 419/89, NZA 1990, 28). :-(

Die Informations- und Anhörungspflicht bezieht sich nicht nur auf schwerbehinderte Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, sondern auf die Angelegenheiten aller schwerbehinderter Menschen, soweit ein Bezug zum Betrieb besteht (zB bei Bewerbungen, Einstellungen, Umsetzungen). Weitere informations- und anhörungspflichtige Maßnahmen sind Abordnungen, Versetzungen, Entlassungen, Kündigungen – auch soweit es einer Zustimmung durch das Integrationsamt nicht bedarf – Anträge auf Zustimmung des Integrationsamtes, Auflösungs- und Aufhebungsverträge, Einteilung zum Nachtdienst, Stellenausschreibungen, Änderungen der Arbeitsanforderungen und der Arbeitsabläufe, Verlagerung von Arbeitsplätzen, Übernahme in das Angestellten- oder Beamtenverhältnis, Verlängerung der Probezeit, Anordnung von Überstunden oder Mehrarbeit, Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen, Eingruppierung, Höhergruppierung, Beförderung, Nebentätigkeit, Abmahnung, Disziplinarmaßnahmen, Anordnung amtsärztlicher Untersuchung. Auch Maßnahmen zur Ordnung des Betriebes wie eine Parkplatzordnung oder die Schaffung von Sozialräumen sind mit der Schwerbehindertenvertretung zu erörtern, nicht aber dienstliche Beurteilungen (BVerwG 14. 12. 1990, 2 B 106.90, ZBR 1991, 145 mwN, aA VG Berlin, 29. 8. 1991, 7 A 53.89, BR 1992, 135).

Der Neumann-Pahlen-Kommentar sagt dazu:
....Weiter sind auch Maßnahmen der Ordnung des Betriebes, Torkontrolle, Einrichtung von Parkplätzen, Arbeitsplatzverlegungen, Umorganisation oder betriebliche Ausbildungs- und Förderungsmaßnahmen mit der Schwerbehindertenvertretung zu behandeln, selbst wenn zunächst unmittelbar die sbM noch nicht betroffen oder angesprochen sind (vergl. ArbG Mchn, v. 5.6.1989, BehindertenR 1990 S 43; LAG Mchn v. 30.8. 1889, NZA 1990 S 28).

Das waren nun viele Anhaltspunkte (teils mit Urteilsangabe), die dir bestimmt weiter helfen. :-)

Zur zweiten Frage:
» Woher leite ich das Recht
» ab, das der Arbeitgeber die Rechtsanwaltkosten für mich übernimmt>
Schau hier: http://www.schwbv.de/beschlussverfahren.html

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

§ 95.2 SGB IX

hackenberger, Wednesday, 29.11.2006, 10:59 (vor 6388 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Hallo,

ich sehe bei Themen wie z.B. "Arbeitszeitveränderungen, Leistungsabfragen usw." schon die Gegebenheiten für die Anwendung des § 95 und zwar i.V. mit § 81 (4) SGB IX. Also behindertengerechte Ap-Ausstattung bzw. Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwenden können. Grundsätzlich also Berücksichtigung der sich aus der Behinderung möglicherweise ergebenen Auswirkungen auf die Beschäftigung. Also immer Personen (Behinderten) bezogen. Nicht aber um Grundsatzthemen.

Ich habe bei mir im Unternehmen hier entsprechende Forderungen der Beteiligung immer gestellt, sie wurden auch, wenn teils auch erst nach Darlegung meiner Sicht (Bezug auf § 81), berücksichtigt.

Das Urteil selbst kenne ich nicht ich kennen nur den Leitsatz. Weiter stammt das Urteil auch aus 1989 und inzwischen wurde mit der Novellierung des SGB IX die Rechte der SchwbV aufgewertet.
Notfalls muss man hier die Gerichte wegen einer Klärung bemühen.

Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung
Umfang der Unterrichtungspflicht - Zurechnung von Kenntnissen, die als Betriebsratsmitglied erlangt worden sind
§ 25 Abs. 2 SchwbG
1 Der Arbeitgeber muß die Schwerbehindertenvertretung nur in den Angelegenheiten unterrichten und vor der Entscheidung hören, die sich auf Schwerbehinderte als solche beziehen oder durch die Schwerbehinderte anders als die sonstigen Arbeitnehmer berührt werden.
2 Ist der Vertrauensmann der Schwerbehinderten Mitglied des Betriebsrats, muß er sich die Kenntnis dessen zurechnen lassen, was er bei der Anhörung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber erfahren hat.
(LAG München-Urteil vom 30.8.1989 - 5 Sa 419/89; rkr.)


PS: Schaue auch einmal http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=3839

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