Auswahlgespräche (Einstellung)

Stefan, Tuesday, 09.01.2007, 14:37 (vor 6333 Tagen)

Hallo,
mein AG behauptet, dass ich (SchwbV) nur an den Einstellungsgesprächen der schwerbehinderten Menschen teilnehmen darf.
Die Teilnahme an den anderen verweigert er.

Wo steht geschrieben, dass ich darf.
Denn nur so ist doch ein "echter" Vergleich möglich.

Dank im Voraus
Stefan

Auswahlgespräche

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Tuesday, 09.01.2007, 14:38 (vor 6333 Tagen) @ Stefan

Hallo Stefan,
die Rechtskommentierung (in diesem Fall - der Knittel) zum SGB IX §81 Abs.2 meint dazu folgendes:

..... Dazu hat der Gesetzgeber ihr ausdrücklich das Recht eingeräumt, in die Bewerbungsunterlagen auch der nicht behinderten Bewerber Einblick zu nehmen und an den Vorstellungsgesprächen aller Bewerber teilzunehmen.
Denn die Schwerbehindertenvertretung soll die Möglichkeit haben, durch einen Vergleich der Qualifikation die benachteiligungsfreie Stellenbesetzung zu überprüfen (vgl. LPK-SGB IX / Düwell Rdnr. 20).

Anmerkungen zum §95
...Damit die Schwerbehindertenvertretung im Rahmen ihrer Beteiligung eine begründete Stellungnahme abgeben kann, muss sie auch die Möglichkeit haben, die Eignung der schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerber mit der weiterer nicht behinderter Bewerberinnen und Bewerber zu vergleichen.
Der Eignungsvergleich setzt voraus, dass die Schwerbehindertenvertretung Einsicht in die Bewerbungsunterlagen der schwerbehinderten und der nicht behinderten Bewerberinnen und Bewerber erhält und an den Vorstellungsgesprächen der schwerbehinderten und der nicht behinderten Bewerberinnen und Bewerber teilnimmt.

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

Auswahlgespräche

Dana, Thursday, 11.01.2007, 11:25 (vor 6332 Tagen) @ Stefan

Hans Peter hat natürlich vollkommen recht. hatte ähnliches problem und AG interessierte sich nicht wirklich für das sgb IX........

DAnn frage deinen Arbeitgeber doch mal, wie du dann bewerten sollst, ob der nicht behinderte Bewerber besser geeignet ist als der behinderte Bewerber.

Meinen AG hat diese Frage dann doch überzeugt und ich nehme an allen GEsprächen teil, an sich sb Bewerber und nicht behinderte Bewerber beteiligt sind.

LG Dana

Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsgespräche

Wolfgang E., Wednesday, 27.06.2007, 09:52 (vor 6165 Tagen) @ Stefan

» Mein AG behauptet, dass die SBV nur an den Einstellungsgesprächen der schwerbehinderten Menschen teilnehmen darf. Die Teilnahme an den anderen verweigert er.

Schwerbehinderte Menschen dürfen bei der Besetzung von offenen Stellen nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Auf der Grundlage von § 81 Abs. 1 SGB IX ist die SBV bei vorliegenden Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen umfassend im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens zu beteiligen. Dies schließt auch das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und die Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen ein (§ 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX). Das Beteiligungsrecht der SBV besteht sowohl bei externen als auch bei internen Ausschreibungen.

Das Recht der SBV an der Verfahrensbeteiligung - und damit auch an der Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen - besteht dann nicht, wenn ein schwerbehinderter Mensch dies ausdrücklich ablehnt (§ 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX) und damit auf die Wahrnehmung seiner Interessen durch die SBV verzichtet, da dem schwerbehinderten Bewerber gegen seinen Willen keine Betreuung aufgedrängt werden darf. Die SBV wird dadurch im Besetzungsverfahren aber nur im Hinblick auf die Bewerbung dieses schwerbehinderten Menschen ausgeschlossen, nicht aber hinsichtlich evtl. weiterer schwerbehinderter Bewerber.

Nichtbehinderte können die Beteiligung der SBV schon nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX nicht ablehnen. Ein derartiges Ablehnungsrecht liefe auch dem Sinn und Zweck dieser Regelung zuwider, da das gesetzliche Beteiligungsrecht der SBV ansonsten ausgehöhlt werden würde bzw. wertlos wäre, da es für die SBV keine Vergleichsmöglichkeit gäbe. Ein Vergleich der Eignung und Qualifikation im Rahmen der Prüfung, ob schwerbehinderte Bewerber und Bewerberinnen wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden, wäre so unmöglich (LPK-SGB IX § 95 Rn. 36a).

Eine Verweigerung des Arbeitsgeber wäre zudem eine Behinderung der Amtstätigkeit der SBV (§ 96 Abs. 2 SGB IX) sowie ein Verstoß gegen das gesetzliche Gebot der engen Zusammenarbeit ([link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99[/link] Abs. 1 SGB IX) und damit Rechtsbruch mit der Folge, dass der Betriebsrat berechtigt ist, die Zustimmung wegen Gesetzesverstoß zu verweigern (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Die teils entgegenstehende frühere Rechtsprechung aus den 80-er Jahren zum damaligen Schwerbehindertengesetz ist durch das Sozialgesetzbuch IX überholt.

Kontextlink:
Unterrichtung des BR über Vorstellungsgespräche

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