Gleichstellung ab Antragstellung (Gleichstellung)

Andrea H., Thursday, 09.12.2004, 11:39 (vor 7086 Tagen)

Hallo,
meine Frage aus leider aktuellen Anlässen:
Beteiligung der SchwbV ab Antragstellung der Gleichstellung nach SGB IX>
Nach meiner Kenntnis besteht Kündigungsschutz nach dem SGB IX ab
Antragstellung auf Gleichstellung.
Nun behauptet mein BR und Pe, dass die SchwbV bei Versetzungen und
sonstigen Personalentscheidungen bei noch nicht entschiedenen
Gleichstellungsanträgen nicht beteiligt werden!
Herzlichen Gruß
Andrea H.

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

hackenberger, Thursday, 09.12.2004, 12:12 (vor 7086 Tagen) @ Andrea H.

Hallo Andrea,

dei Koll. irren sich! Die SchwbV ist gem § 95 in allen Angelegenheit
welche einen Schwerbehinderten im einzeln oder die Gruppe betreffen zu
beteiligen. Kurz gesagt, in allen Angelegenheiten. Die
Beteiligungspflicht des AG nach § 95 ist bei der SchwbV sogar
weitergehend als die bei BR, da das SGB IX nur AN kennt also z.B. keine
Unterschiede zwischen "normalen AN" und leitenden AN macht.

Die Beteiligung hat stets ab Antragstellung (sowohl Antrag auf
Anerkennung einer Schwerbehinderung iwe auch Antrag auf Gleichstellung)
und Kenntnis des AG hierüber zu erfolgen. Bei offensichtlicher
Schwerbehinderung (z.B. Verlußt von Gliedmaßen/Blindheit) bedarf es noch
nicht einmal der Antragstellung.

Die Änderungen hinsichtlich des besonderen Kündigungsschutzes berühren
die sonstigen Rechte des Schwerbehinderten/ der
Schwerbehindertenvertretung bzw. die Pflichten des AG gem. SGB IX nicht.

Der besondere Kündigungsschutz greift bei Anträgen auf Gleichstellung
auch ab Antragstellung. In der Regel stellt man diese Anträge daher auch
am besten per Telefonanruf bei der Agentur für Arbeit. Die Anträge
erhalten dann eine Zeitstempel.

Bernhard

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

Fragesteller, Bayern, Sunday, 27.12.2009, 09:37 (vor 5242 Tagen) @ hackenberger

Die Beteiligung hat stets ab Antragstellung (sowohl Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung iwe auch Antrag auf Gleichstellung) und Kenntnis des AG hierüber zu erfolgen.


Hallo liebe Ratgeber,

eine Frage zu diesem Beitrag zum Thema § 95 (2): Gilt das noch immer, dass der Arbeitgeber die Beteiligung bereits ab Antragstellung (Anerkennung eines GdB) einzuhalten hat> Wäre besonders wichtig, da in meinem konkreten Fall ein - vermutlich längeres - Klageverfahren gegen einen völlig unzureichenden GdB 20 läuft und der Arbeitgeber die beteiligung beharrlich verweigert. GGf. Rechtsgrundlagen wären super! :-)

Danke und viele Grüße!

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

hackenberger, Sunday, 27.12.2009, 10:41 (vor 5242 Tagen) @ Fragesteller

Hallo "Fragesteller",

es gibt hierzu keine klare Aussage in einem Gesetz oder § eines Gesetzes. Es ergibt sich vielmehr aus dem Grunde des Gesetzes und dessen Umsetzung und der sich hieraus ergebenen Rechte der Betroffenen und Pflichten des AG. Aber ganz besonders auch aus dem angewandten Richterrecht, also der Rechtsprechung.

Bis zur Einführung des § 90 Abs. 2a SGB IX bestand auch schon der besondere Kündigungsschutz ab Antragstellung, dieses wurde auch vom BAG so bestätigt. Auch hieraus ergaben sich die Pflichten des AG bzw. die Rechte der SchwbV aus § 95 SGB IX.

Erst seit der Einführung des § 90 Abs. 2a SGB IX, besteht dieser besondere Kündigungsschutz nun frühestens ab 3 Wochen nach Antragstellung, sofern dem Antragsteller nicht mangelnde Mitwirkung vorgehalten werden kann. Dieses sowohl beim Erstantrag wie auch bei Anträgen auf Gleichstellung. Dieses hat ja auch das BAG so bestätigt, es hat aber nicht die sonstigen Pflichten des AG bzw. die Rechte der SchwbV eingeschränkt.

Weiter beginnt die Aufgabe der SchwbV mit der Unterstützung bei der Antragstellung.

Die Rechte der Schwerbehinderten ergeben sich weiter auch nicht aus dem Feststellungsbescheid sondern aus dem Gesetz auf Grundlage der vorliegenden Behinderung/ Schwerbehinderung. Der Feststellungsbescheid dient nur dazu, dieses von Amtswegen auch festzustellen.

Bei offensichtlicher Schwerbehinderung bedarf es dieses noch nicht einmal zwingend.

Da Gleichgestellte die gleichen Rechte, mit Ausnahme der Nachteilsausgleiche, haben, ist hier die vergleichbare Rechtslage gegeben.

Beteiligt der AG die SchwbV nun nicht in der Zeit eines laufenden Antragsverfahren und diesem Antrag wird rückwürkend ab Antragstellung stattgegeben, hat der AG das Problem, dass er sich eines Gesetzesverstoßes schuldig gemacht hat. Der Verletzung des § 95 Abs. 2 SGB IX, mit den dann möglichen Folgen.

Wird einem Antrag (rückwirkend) stattgeben liegt z.B. bei Kündigungen auch ein Verstoß gegen den § 85 Abs. 2 SGB IX vor. Mit der Folge, dass diese Kündigung rechtswidrig ist. Siehe hier z.B. Urteil, Beteiligung SchwbV bei Zurruhesetzung ab Antragstellung "VG Berlin Az. 7 A 92.07, v. 18.08.2008".

Ebenso entsteht ggf. ab Antragstellung ein Anspruch auf Zusatzurlaub, wenn dem Antrag rückwirkend ab Antragstellung stattgegeben wird. Dazu ist es dann aber erforderlich, dass der Antragstellung dem AG nicht nur über die Antragstellung informiert, sondern diesen auch geltend macht. Siehe hier.

Aus all diesen Gründen ersieht sich das Recht der SchwbV bzw. die Pflicht des AG, die SchwbV ab Antragstellung zu beteiligen.

Weiter auch die zwingende Pflicht um Kündigungen nicht rechtswidrig zu machen, das IA gem. § 85 SGB IX bei Kündigungen zu beteiligen, also die Zustimmung zu holen, sofern ein laufendes Antragsverfahren anhängig ist.

Weiter ist auch hier immer zu beachten, die SchwbV hat ja kein Mitbestimmungsrecht sondern "nur" ein Anhörungsrecht/ Beratungsrecht, bis auf eine kleine Ausnahme im Geltungsbereich des Bay. PersVG, hat.

Daher sollten die AG die SchwbV hier schon im eigenen Interesse beteiligen um Entscheidungen nicht rückwirken angreifbar oder anfechtbar bzw. nichtig zu machen.

Fazit:
Es ergibt sich alles aus der Auslegung des SGB IX und der hierzu ergangenen Rechtssprechung.

PS: Bei Nutzung der Suchfunktion wäre man u.a. auch auf diesen Beitrag [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=1344#p1345]zu diesem Thema aus 2005[/link] getroffen. ;-)

Daher bitte immer vor Fragestellung die Suchfunfion nutzen. Es hilft oftmals schon weiter. ;-) Siehe auch den Beitrag [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=9706]"Streng geheim..."[/link] ;-)

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

Fragesteller, Bayern, Sunday, 27.12.2009, 13:02 (vor 5241 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

vielen Dank für die ausführliche Sonntagsberatung! Toll, das hilft mir schon erheblich weiter, daher ein großes Dankeschön!:-)

Wegen der Suchfunktion: Sorry, die hatte ich intensiv benutzt, so kam ich ja auf diesen älteren Beitrag..... Vielleicht jatte ich ja nicht intensiv genug gewühlt.... Bitte um Nachsicht, bin aber derzeit erheblich mit einigen maßgeblichen Stellen des AGs "sehr uneinig", gelobe aber trotzdem (weitere) Besserung.;-)

Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag!
p.s.:Weiter ist auch hier immer zu beachten, die SchwbV hat ja kein Mitbestimmungsrecht sondern "nur" ein Anhörungsrecht/ Beratungsrecht, bis auf eine kleine Ausnahme im Geltungsbereich des Bay. PersVG, hat.
Kannst Du mir dazu bitte einen Tipp geben (§>)>. Danke vorab!

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

hackenberger, Sunday, 27.12.2009, 13:18 (vor 5241 Tagen) @ Fragesteller

Hallo "Fragesteller",

» vielen Dank für die ausführliche Sonntagsberatung! Toll, das hilft mir
» schon erheblich weiter, daher ein großes Dankeschön!
Bitteschön! ;-)

» Wegen der Suchfunktion: Sorry, die hatte ich intensiv benutzt, so kam ich
» ja auf diesen älteren Beitrag..... Vielleicht hatte ich ja nicht intensiv
» genug gewühlt.... Bitte um Nachsicht, bin aber derzeit erheblich mit
» einigen maßgeblichen Stellen des AGs "sehr uneinig", gelobe aber trotzdem
» (weitere) Besserung.
Ok, einfach einmal die richtigen Begriffe in die Suchmaske eingeben, in diesem Falle "Beteiligung der SchwbV ab Antragstellung". ;-)

» p.s.:Weiter ist auch hier immer zu beachten, die SchwbV hat ja kein
» Mitbestimmungsrecht sondern "nur" ein Anhörungsrecht/ Beratungsrecht, bis
» auf eine kleine Ausnahme im Geltungsbereich des Bay. PersVG, hat.
» Kannst Du mir dazu bitte einen Tipp geben (§>)>
Laut Deinem Profil, trifft dieses ja aber für Dich nicht zu, denn lt. dem Profil bis Du im Geltungsbereich des BPersVG (Bundespersonalvertretungsgesetz) tätig und nicht im Geltungsbereich des BayPVG (Bayerisches Personalvertretungsgesetz) tätig.

Ansonst gilt der "alten aber immer wirksame Tipp" lesen, „denn lesen bildet ja weiter“. ;-)

» Danke vorab![/b]
Bitte! ;-)

» noch einen schönen Sonntag!
Ja, auch Dir noch und viel Spaß beim lesen. ;-)

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

Fragesteller, Bayern, Sunday, 27.12.2009, 16:20 (vor 5241 Tagen) @ hackenberger

Ein letztes Hallo für heute vor dem Feierabend,

» Ok, einfach einmal die richtigen Begriffe in die Suchmaske eingeben, in
» diesem Falle "Beteiligung der SchwbV ab Antragstellung". ;-)

Tja, jetzt bin ich schlauer ;-)


» Laut Deinem Profil, trifft dieses ja aber für Dich nicht zu, denn lt. dem
» Profil bis Du im Geltungsbereich des
» BPersVG
» (Bundespersonalvertretungsgesetz) tätig und nicht im Geltungsbereich des
» BayPVG
» (Bayerisches Personalvertretungsgesetz) tätig.


Das wenn ich sicher wüsste....:-( Unser Arbeitgeber ist eine bundesweite Körperschaft d.ö.R, ich bin die SBV für das gesamte Bundesland Bayern. Was gilt nun hier> Mir wurde bisher immer berichtet, es sei ausschließlich das BPersVG, aber stimmt das wirklich>

» Ansonst gilt der "alten aber immer wirksame Tipp" lesen, „denn lesen
» bildet ja weiter“. ;-)


Wird gemacht! Wirklich! Und bald auch mal ein Seminar bei Euch (in Planung...)

So, jetzt aber schlußendlich: Einen wunderschönen Abend noch und danke nochmals für die Geduld!

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

hackenberger, Sunday, 27.12.2009, 16:29 (vor 5241 Tagen) @ Fragesteller

Hallo "Fragesteller",

» Das wenn ich sicher wüsste. (Unser Arbeitgeber ist eine
» bundesweite Körperschaft d.ö.R, ich bin die SBV für das gesamte Bundesland
» Bayern. Was gilt nun hier> Mir wurde bisher immer berichtet, es sei
» ausschließlich das BPersVG, aber stimmt das wirklich>

Das kann von außen eigentlich keiner sicher sagen, ohne alles genau zu kennen. Doch Du musst es doch als SchwbV/ BezriksSchwbV wissen. Du warst doch sicher auch schon bei PersRatWahlen dabei und hast selber gewählt und bist in den entsprechenden PR-Gremien mit dabei. Also, wer wurde nach welcher Rechtsgrundlage gewählt> Weiter wer tagt bei euch, nach welcher Rechtsgrundlage>

Ich denke aber, als bundesweite Körperschaft d.ö.R dürfte das BPersVG zur Anwendung kommen.

Muss ja ganz ehrlich sagen, diese Frage wundert mich nun doch schon etwas, von einem Mandatsträger, SchwbV und Bezirks-SchwbV. :-(

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

Fragesteller, Bayern, Sunday, 27.12.2009, 16:47 (vor 5241 Tagen) @ hackenberger

Hallo nochmals,

Ich denke aber, als bundesweite Körperschaft d.ö.R dürfte das BPersVG zur
Anwendung kommen.

Ja davon gehe ich aus, da niemals anderes erwähnt wurde.

» Muss ja ganz ehrlich sagen, diese Frage wundert mich nun doch schon etwas,
» von einem Mandatsträger, SchwbV und Bezirks-SchwbV. :-(

Völlig zu recht, Dein :-( !

Aber bisher lief alles relativ problemlos. Da erst jetzt - im Zuge einer großen Umorganisation usw. - plötzlich sehr viel negativ verläuft, war die Rechtsgrundlage für Wahlen und Sitzungen ja nie ein Thema. Und genau aus diesem Grund besteht jetzt akuter Handlungsbedarf (Abklärung, Seminar usw.).

Nochmals danke und viele Grüße!

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

hackenberger, Sunday, 27.12.2009, 16:59 (vor 5241 Tagen) @ Fragesteller

Hallo "Fragesteller",

» Muss ja ganz ehrlich sagen, diese Frage wundert mich nun doch schon
» etwas, von einem Mandatsträger, SchwbV und Bezirks-SchwbV. :-(
» Völlig zu recht, Dein :-( !
dann sind wir ja wieder "zusammen".

» Aber bisher lief alles relativ problemlos. Da erst jetzt - im Zuge einer
» großen Umorganisation usw. - plötzlich sehr viel negativ verläuft, war die
» Rechtsgrundlage für Wahlen und Sitzungen ja nie ein Thema. Und genau aus
» diesem Grund besteht jetzt akuter Handlungsbedarf (Abklärung, Seminar
» usw.).
Ja, gerade dann, aber eigentlich von Beginn an, sollte man die Rechtsgrundlagen für sein Handeln für seine Mandatswahrnehmung kennen. Denn nur dann kann man diese wahrnehmen und handeln. ;-)

Doch dass hier dringend Wissen auffrischenung gesteht hast Du ja schon erkannt. ;-)

Re: Gleichstellung ab Antragstellung

Werner Meier @, Wednesday, 22.12.2004, 08:13 (vor 7073 Tagen) @ Andrea H.

Hallo Andrea,

vollkommen richtig! Bei Gleichstellung bist Du ab Antragstellung dabei, da
die Anerkennung als Schweb durch das Versorgungsamt erfolgt und dieses
Verfahren durch den Bescheid und Ausstellung der Bescheinigung
abgeschlossen.
Gerade dieses Thema wurde auch auf der Tagung der Arbeitsgemenschaft der
Schwerbehindertenvertretungen NRW im Versorgungsamt Dortmund besprochen.

Gruß Werner

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