Einbeziehung der Stellvertreter (Freistellung)

Marlene, Lübeck, Saturday, 28.02.2009, 22:00 (vor 5545 Tagen)

Nach 8 Monaten Tätigkeit als Vertrauensfrau für ca. 50 schwerbehinderte und gleichgestellte Beschöftigte habe ich bei meinem Arbeitgeber einen Antrag gestellt auf Freistellung im Umfang von 25% meiner wöchentlichen Arbeitszeit, d.h. ca. 10 Stunden. Grundlage dafür war eine Auflistung meiner Aufgaben mit Angabe der prozentualen Zeitanteile. Für das bei uns eingeführte Betriebliche Eingliederungsmanagement habe ich beispielsweise 25% aufgeführt. Mir wurde daraufhin die Frage gestellt, warum ich nicht die Arbeit der SBV aufteilen würde auf meine zwei Stellvertreter und mich je 10% beispielsweise.

Ich halte dies für nicht sehr effektiv, weil die SBV Arbeit viel Koordinierung und Kommunikation erfordert, die meiner Meinung nach von/bei einer Person angesiedelt sein muss. Und die erforderliche Kompetenz, Verantwortung liegt meiner Meinung nach gesetzlich bei der Vertrauensperson und nicht bei ihren Stellvertretern.
Welche Argumente fallen Euch dazu ein> Für Anregungen bin ich sehr dankbar, weil in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber noch nicht sehr erfahren.

Marlene

Einbeziehung der Stellvertreter

WoBi, Monday, 02.03.2009, 10:04 (vor 5544 Tagen) @ Marlene

Hallo Marlene,

die Schwerbehindertenvertrauensperson ist eine Einpersonenmitarbeitervertretung und kein Kollektivorgan wie z.B. ein Betriebsrat. Die ständige Hinzuziehung der Stellvertretung ist genau im SGB IX §95 Absatz 1 letzter/vorletzter Satz geregelt.

"In Betrieben und Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 schwerbehinderten Menschen kann sie nach Unterrichtung des Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen, in Betrieben und Dienststellen mit mehr als 200 schwerbehinderten Menschen, das mit der nächsthöchsten Stimmzahl gewählte weitere stellvertretende Mitglied. Die Heranziehung zu bestimmten Aufgaben schließt die Abstimmung untereinander ein."

Bei "nur" 50 schwerbehinderten Menschen ist es also nicht möglich.

Meine Meinung zu einer Teilfreistellung ist, dass es nix ganzes ist. Für die Tätigkeiten ist die SBV im erforderlichen Umfang von der Arbeit befreit. Dies schwankt nach den Anforderungen, die z.B. auch der Arbeitgeber durch seine Maßnahmen verursacht. Gesetzliche Regelung dazu im SGB IX §96 Absatz 4.

"Die Vertrauenspersonen werden von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts oder der Dienstbezüge befreit, wenn und soweit es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Sind in den Betrieben und Dienststellen in der Regel wenigstens 200 schwerbehinderte Menschen beschäftigt, wird die Vertrauensperson auf ihren Wunsch freigestellt; weiter gehende Vereinbarungen sind zulässig."

Die SBV ist in ihrem Handeln eigenverantwortlich und unabhängig.

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Gruß
Wolfgang

Einbeziehung der Stellvertreter

Marlene, Lübeck, Monday, 02.03.2009, 22:47 (vor 5543 Tagen) @ WoBi

Danke für Deine Antwort! Eine Teilfreistellung umfasst sicherlich nicht das ganze Spektrum an Arbeit, das einer SBV begegnen, sie fordern kann. Aber, ich habe bereits nach 8 Monaten Schwierigkeiten, meine "normale" Arbeit zu schaffen, was logisch ist. Wer hat schon einen Arbeitsplatz, an dem er nicht zu 100% gefordert ist> So bin ich zwar als SBV eigenverantwortlich und unabhängig, andererseits aber auch in einem anderen Arbeitszusammenhang eingebunden und für meine Arbeitsleistung auch dort zuständig. Das kann ich bei der SBV Arbeit nicht einfach ausblenden. Deshalb würde mich eine Teilfreistellung erleichtern.

Herzliche Grüße von
Marlene

Einbeziehung der Stellvertreter

hackenberger, Monday, 02.03.2009, 14:13 (vor 5544 Tagen) @ Marlene

Hallo Martina,

Du bist neu hier im Forum, daher erst einmal herzlich willkommen hier. :flower:

Nun zu Deiner Frage:

Du findest hier unter A-Z einiges zum Thema "Freistellung"

Als SchwbV hast Du den Rechtsanspruch auf die notwendige Freistellung welche Du als SchwbV, nach eigener Einschätzung für die Wahrnehmung der Mandatsaufgaben benötigst, § 96 (4) SGB IX. Gem. § 96 (4) Satz 2 besteht das Recht auf volle Freistellung ab 200 Schwbs/Gleichgestellten. Ansonsten gilt hier das Stichwort "fiktive Freistellung". Also Freistellung nach Bedarf für die Aufgaben der Mandatswahrnehmung. Hier zu zählen auch die notwendigen Zeiten zur Teilnahme an den BR/PR Gremien.

Erkläre dem AG, dass auch er Vorteile von einer geregelten Freistellung hat. Denn so besteht auch für ihn (AG) eine gewisse Planungssicherheit für die Zeit in welcher Du i.d.R. für deine Arbeitsvertraglichen Aufgaben zur Verfügung stehst.

Der Einsatz der Stellis ist im SGB IX ganz klar geregelt. Sie haben ein „ruhendes Mandat“ welches nur im Rahmen der Verhinderungsvertretung auflebt. So z.B. bei Urlaub/ Krankheit der Vertrauensperson oder bei zeitgleichen Terminen. Das Gesetz, SGB IX § 95 (1) Satz 4, sieht einen grundsätzlichen Einsatz der Stelli nur ab 100 schwerbehinderten/ gleichgestellten Menschen vor, lässt aber auch weitergehende Regelung zu. Die Verhinderung stellt die Vertrauensperson fest. Wegen des Grundsatzes der "Einpersonenvertretung" ist Sie auch für die Aufgabenverteilung zuständig falls die Stellis dauerhaft zur Aufgabenwahrnehmung herangezogen werden.

Doch auch die Bitte an Dich, wie an alle VPSchwb. Sofern es rechtlich möglich ist, z.B. auch bei zeitgleichen Terminen immer die Stellis mit einsetzen.

Einbeziehung der Stellvertreter

Marlene, Lübeck, Monday, 02.03.2009, 22:58 (vor 5543 Tagen) @ hackenberger

... danke für Deine Antwort, war sehr hilfreich für mich. Ich bin ein Mensch, der selbst auch etwas Planungssicherheit, Struktur, braucht und der sich auch selbst schnell überfordert, darauf besonders achten muss. Schon aus diesem Grunde würde ich nicht versuchen, mich zwei zu teilen, sondern bei Überschneidungen oder größeren Aktionen meine Stellvertreter einzubinden. Die Verhinderung als Vertrauensfrau selbst festzustellen, ist für mich ein wichtiger Hinweis für meine Rolle als Vertrauensfrau.

Herzliche Grüße aus Lübeck von
Martina

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