SBV-BR-AG (Umgang mit BR / PR)

Heinrich, Wednesday, 24.09.2014, 18:37 (vor 3521 Tagen) @ blühmchen

Lt. OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.05.1979, VIII A 285/77, steht mir aber das Recht zu, auch beim beschlussfassenden Teil anwesend zu sein. Nach meinem Verständnis gehört zum Beschluss auch die Abstimmung, oder bin ich da falsch?

Hallo,

da liegst Du absolut richtig - Volltreffer! Nach ständiger Rechtsprechung und ganz einhelliger Meinung in der schwerbehinderten- und betriebsverfassungsrechtlichen Fachliteratur steht der SBV umfassendes Teilnahmerecht an allen Sitzungen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse auch während der Abstimmung zu, sei diese offen oder geheim. Ebenso VG München vom 30.11.1976, M 87 V 75, Behindertenrecht 1977, Seite 19. Ebenso AiB 2011, Seite 383. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern analog genauso für Betriebe der Privatwirtschaft, da identische Rechtsgrundlage (§ 95 Abs. 4 SGB IX).

Ferner auch Dr. Horst Cramer, MR a.D. im BMAS, SchwbG, 5. Aufl. 1998, § 25 Rn. 9, wie folgt: „Zur Sitzung, an der die SV teilnehmen kann, gehört auch der Teil, in dem abgestimmt wird. Die SV kann sich zwar mangels Stimmrecht nicht an der Abstimmung beteiligen. Sie kann aber während dieser Zeit nicht von der Teilnahme an der Sitzung ausgeschlossen werden (u.a. OVG Lüneburg v. 29.1.1982 – BehindR 1982, 92; VG München v. 30.11.1976 – DRiZ 1977, 246; VG Oldenburg v. 24.2.1981 – PL 3/81 – Nds. Rpfl. 1981, 127; OVG Münster vom 15.5.1979 – VIII A 285/77 – BehindR 1981, 89.“

Ebenso auch Prof. Dr. Helmut Schnellenbach, Präsident des VG Gelsenkirchen a.D., Konkurrenzen im öffentlichen Dienst (Recht in der Praxis), Beteiligung der SBV, Seite 290.

Dieses bundesgesetzliche Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung kann weder durch Geschäftsordnung noch durch einen Betriebsratsbeschluss ganz oder teilweise zu Lasten der SBV ausgehebelt werden, geschweige denn durch einen Vorsitzenden des Betriebsrats. Das umfasst auch das SBV-Teilnahmerecht an Sitzungen gemeinsamer Ausschüsse von Betriebsrat sowie Arbeitgeber (Prof. Düwell in Handkommentar BetrVG, § 32 Randnummer 47; Fitting, BetrVG, § 32 Randnummer 4).

Und zum anderen würde das auch meinem Schutz dienen...

Hat denn dieser Betriebsrat dieses abwegige und rechtswidrige Ansinnen auch bei Deinem Vorgänger versucht? Das ist eine grobe Störung bzw. Vereitelung der Amtstätigkeit der SBV sowie ein grobe Missachtung des gesetzlichen Gebots der engen sowie der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Betriebsrat und SBV nach § 99 SGB IX. Die fast 40-jähige Rechtsprechung aus den 70-er Jahren sollte sich auch bei diesem Betriebsrat "langsam" rumgesprochen haben, oder ist der beratungsresistent oder hat keinen Fachkommentar zum BetrVG? Hat denn keiner der BR-Mitglieder eine Grundschulung zum BetrVG oder zum Schwerbehindertenrecht besucht? Bei guten Schulungs-Veranstaltern werden jeweils die Teilnahmerechte an BR-Sitzungen als notwendiges elementares Basiswissen regelmäßig unterrichtet?

... der stellv. BR Vorsitzende hat mich nun informiert, dass auf der Sitzung der BR den Beschluss gefasst hat, dass ich bei jeder Abstimmung den Raum zu verlassen habe.

Dieser willkürliche Beschluss des Betriebsrats ist von Anfang an gegenüber jedermann unwirksam (nichtig) bzw. als rechtlich nicht existent anzusehen, da unvereinbar mit dem SGB IX, dem BetrVG sowie der Rechtsprechung !!! Örtliche Betriebsräte können sich nun mal nicht über das Gesetz stellen.


Rechtsgrundlagen:
§ 95 Abs. 4 Sozialgesetzbuch IX
§ 32 Betriebsverfassungsgesetz


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