Betriebsrat will keine Schwerbehindertenvertretung (Wahlen)

Wolfgang E., Saturday, 11.02.2006, 18:05 (vor 6658 Tagen) @ Emilie

» Es gibt keine Vertrauensperson. Der Betriebsrat sagt, dass die Schwerbehinderten vom Betriebsrat vertreten werden.

Der Betriebsrat scheint seine Amtspflichten nicht ganz ernst zu nehmen, denn er hat die gesetzliche Amtspflicht, auf die Wahl einer (örtlichen) Schwerbehindertenvertretung hinzuwirken (§ 93 Satz 2 SGB IX). Kommt er dieser grundlegenden Amtspflicht nicht nach bzw. versucht er gar eine SBV-Wahl zu verhindern, kann dies als schwere Amtspflichtverletzung des BR angesehen werden. Gibt es eigentlich einen förmlichen BR-Beschluss, entgegen § 19 Abs. 2 SchwbVWO nicht zur Wahlversammlung einzuladen>

Es ist zwar auch allgemeine Aufgabe des BR, die Eingliederung schwerbehinderter Personen zu fördern (§ 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG) Die Wahl einer SBV ist aber schon deshalb erforderlich, weil die Vertrauensperson (zur Sicherung der Integration schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben) nämlich teils ganz andere und viel weitergehende bzw. unterschiedliche Befugnisse hat als der Betriebsrat als Gremium und als der BR-Vorsitzende bzw. einzelne BR-Mitglieder. So ist die SBV - im Gegensatz zum BR - etwa bei Aufhebungsverträgen vorher anzuhören (§ 95 Abs. 2 SGB IX), ist Verbindungsperson zum Integrationsamt ([link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99[/link] Abs. 2 Satz 1 SGB IX), braucht für Schulungen zum Schwerbehindertenrecht keinen BR-Beschluss (§ 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX), um nur einige wenige zusätzliche SBV-Aufgaben und Befugnisse zu nennen, die der BR so nicht hat. Nach neuester Rechtsprechung hat die SBV wohl auch das Recht, an konstituierenden BR-Sitzungen teilzunehmen (§ 95 Abs. 4 SGB IX, § 29 Abs. 1 BetrVG).

Vermutlich ist davon auszugehen, dass für das Behindertenwohnheim das vereinfachte Wahlverfahren mit Wahlleiter in einer Wahlversammlung durchzuführen ist. Vor der Einleitung einer SBV-Wahl muss aber unbedingt abgeklärt werden, ob es eine Gesamt-SBV für das erwähnte Behindertenwohnheim gibt. Ist dies der Fall, wäre es nämlich nicht Sache des PR, sondern Aufgabe der zuständigen Gesamt-SBV, die Wahl einer örtlichen SBV einzuleiten (§ 97 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 Satz 1 SGB IX, § 19 Abs. 1 SchwbVWO), was Bernhard ja bereits angedeutet hat.

Zur üblen bzw. diskriminierenden "Neiddiskussion" wg. Zusatzurlaub möchte ich lediglich anmerken, dass der Arbeitgeber u.U. bis zu 260 Euro monatlich pro Beschäftigten schwerbehinderten Menschen an Ausgleichsabgabe sparen kann. Es ist erschreckend, dass solche mit Vorurteilen behaftete und für Nachteilsausgleiche - nicht Privilegien und nicht Almosen! - wenig sensibilisierte Personen in (möglicherweise mit öffentlichen Geldern geförderte) Behinderteneinrichtungen beschäftigt werden und dort auch noch in den Betriebsrat gewählt werden. Hier wird einiges an Überzeugungsarbeit auf die neu zu wählende Schwerbehindertenvertretung zukommen, damit der BR nicht mehr als "Agitationsforum" gegen gesetzliche Nachteilsausgleiche missbraucht werden kann!!


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