Bewerbung eines schwerbehinderten Azubi´s (Einstellung)

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Sunday, 28.05.2006, 11:38 (vor 6551 Tagen) @ Michael49

Hallo Michael,
du vermutest richtig, dass dies nicht korrekt gelaufen ist.

Zu dem Sachverhalt kannst du im Knittel-Kommentar folgendes (Auszüge) nachlesen:

Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung über die beabsichtigte Einstellungsentscheidung zu informieren und sie anzuhören (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wobei eine besondere Form hierfür nicht vorgeschrieben ist. Die Stellungnahme kann sowohl mündlich als auch schriftlich abgegeben werden. Stets sind aber alle maßgeblichen Unterlagen mitzuteilen, damit eine ordnungsgemäße Beurteilung ermöglicht wird.

Eine besondere Erörterungspflicht ist bei beschäftigungspflichtigen Arbeitgebern vorgesehen. Diese kommt zum Tragen, wenn der Arbeitgeber die Pflichtquote nicht erfüllt hat und die Schwerbehindertenvertretung oder die betriebliche Interessenvertretungen mit der beabsichtigten Einstellungsentscheidung nicht einverstanden ist (Abs. 1 Satz 7). Der Arbeitgeber muss dann die beabsichtigte Einstellungsentscheidung mit der Schwerbehindertenvertretung und der betrieblichen Interessenvertretung in einem Gespräch erörtern und im Einzelnen begründen. Hierbei ist insbesondere darzulegen, weshalb die Einstellung des schwerbehinderten Bewerbers trotz Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht abgelehnt werden soll.

Der Arbeitgeber muss außerdem alle von der beabsichtigten Entscheidung betroffenen schwerbehinderten Bewerber anhören (Abs. 1 Satz 8). Das ist sowohl im Rahmen der Erörterungen mit der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebs- / Personalrat als auch in einem eigenen Gesprächstermin möglich. Bei diesem sind Schwerbehindertenvertretung und betriebliche Interessenvertretungen teilnahmeberechtigt.

Die Anhörungspflicht besteht gegenüber allen abgelehnten schwerbehinderten Bewerbern. Der Arbeitgeber darf nicht etwa einzelne Bewerbungen im Wege einer Vorauswahl von der Anhörung oder Erörterung ausschließen. Unerheblich ist auch, ob es sich um externe oder betriebsinterne Bewerbungen handelt.

Ist die Einstellungsentscheidung endgültig getroffen, hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich, d. h. hier in der Regel sofort, gem. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu informieren. Darüber hinaus müssen alle Beteiligten, also auch die betriebliche Interessenvertretung und die abgelehnten schwerbehinderten Bewerber, vom Arbeitgeber unterrichtet werden (Abs. 1 Satz 9). Die Unterrichtungspflicht ist nicht davon abhängig, dass zuvor eine Erörterung und Anhörung nach Abs. 1 Satz 7 und 8 stattgefunden hat.

Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung am Einstellungsverfahren lässt sich übersichtlich wie folgt zusammenfassen.
Unterrichtung über alle eingegangenen Bewerbungen schwerbehinderter und nicht schwerbehinderter Bewerber sowie die Vermittlungsvorschläge des Arbeitsamtes (Abs. 1 Satz 4),
Unterrichtung über die beabsichtigte Vorauswahl bei größerem Bewerberkreis, Gelegenheit zur Stellungnahme und sodann Mitteilung der getroffenen Vorauswahlentscheidung mit Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu (Abs. 1 Satz 6, § 95 Abs. 2 Satz 1),
Einsicht in Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen aller Bewerber (§ 95 Abs. 2 Satz 3),
Unterrichtung über eine beabsichtigte Einstellungsentscheidung und Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 95 Abs. 2 Satz 1),
besondere Erörterung der beabsichtigten Entscheidung bei Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht unter ablehnender Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung (Abs. 1 Satz 7), gegebenenfalls Teilnahme an Anhörung abgelehnter schwerbehinderter Bewerber gem. Satz 8,
Mitteilung der getroffenen Entscheidung und ihrer Begründung gem. Abs. 1 Satz 9.

Die rechtliche Betrachtung dieser Angelegenheit findest du hier:
http://www.schwbv.de/einstellungsmoeglichkeiten.html

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion