Unterrichtung d. Betroffenen über Verhandlung mit AG (Allgemeines)

WoBi, Friday, 11.10.2019, 15:14 (vor 1631 Tagen) @ Peachy

Hallo Peachy,

versuche deine Bedenken zu den zwei Einwände nach § 179 Abs. 7 SGB IX zu beseitigen.

"1. ihnen wegen ihres Amtes anvertraute oder sonst bekannt gewordene fremde Geheimnisse, namentlich zum persönlichen Lebensbereich gehörende Geheimnisse, nicht zu offenbaren und"

Die mögliche Absicht einer Kündigung durch den Arbeitgeber bespricht die SBV mit der betroffenen Person, die von der Maßnahme direkt betroffen wäre. Die SBV bespricht dies nicht mit einer unbeteiligten Dritten. Erkenntnisse aus dem Gespräch z.B. über medizinische Ursachen darf die SBV dagegen nicht dem Arbeitgeber mitteilen. Die SBV kann hier pauschal auf behinderungsbedingte Einschränkungen / Ursachen hinweisen.

"2. ihnen wegen ihres Amtes bekannt gewordene und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnete Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten."

Eine Kündigungsabsicht ist kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. Der Arbeitgeber kann hier keinen "Maulkorb" verhängen, auch wenn er konkrete Teile des Gespräches als "geheinhaltungsbedürftig bezeichnet". Das Gespräch pauschal als "geheimhaltungsbedürftig" zu bezeichnen ist nicht ausreichend.

Das LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.05.2015 - 3 TaBV 35/14 führte dazu in Randnummer 67 ff aus:
"63a) Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses wird weder im Betriebsverfassungsgesetz noch in anderen Gesetzen, die ihn verwenden, wie das UWG und das GWB, definiert. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen, wenn dieser an deren Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat (BAG vom 10.03.2009 – 1 ABR 87/07 – zitiert nach Juris, Rz. 25 m.w.N.; BAG vom 26.02.1987, 6 ABR 46/87 – Juris, Rz. 16 m.w.N.)."
oder Randnummer 78
"d) Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Schweigepflicht als Pendant und Sicherungsmittel zu den gesetzlichen Informationsrechten des Betriebsrats und anderer betriebsverfassungsrechtlicher Organe zwar dem Schutz des Arbeitgebers dient, aber eine restriktive Auslegung bei der Weitergabe arbeitnehmerrelevanter Daten und Informationen an die Beschäftigten erfordert, wenn das Spannungsverhältnis zwischen Schweigepflicht und Interessenvertretung berührt ist (so auch DKKW-Buschmann, § 79 BetrVG, Rz. 2, Rz. 8 )."

Der Arbeitgeber hat die SBV nach § 178 Abs. 2 SGB IX in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Dies damit die SBV ihrer Aufgabe nach § 178 Abs. 1 SGB IX durch die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle fördern, ihre Interessen in dem Betrieb oder der Dienststelle vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite stehen kann, nachkommen kann.
Diesem Rechtsanspruch nach Unterrichtung der SBV würde durch eine aufgezwungene Verschwiegenheit zuwiderlaufen.

--
Gruß
Wolfgang


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