Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zum BEM bei Minderjährigen Azubis (BEM)

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 06.07.2022, 16:13 (vor 650 Tagen) @ YG

Hallo,

in der neuesten, 6. Auflage des LPK-SGB IX ist der Abschnitt zur Zustimmungspflicht etwas nach hinten gerutscht und umformuliert, er findet sich jetzt in der Rn 71.

Dabei geht allerdings der von Bifavi zitierte Begriff der "Geschäftsunfähigkeit" etwas in die Irre, weil "geschäftsunfähig" iSd § 104 BGB ist man nur unterhalb des Lebensalters von 7 Jahren, sofern nicht durch "krankhafte Störung der Geisteskraft" eine Unfähigkeit besteht.

Ab dem Alter von 7 Jahren bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist man gem. § 106 BGB "beschränkt geschäftsfähig".

Düwell in LPK-SGB IX, 6. Aufl., § 167 Rn 71 beschreibt die notwendige Einwilligung zum BEM als "rechtsgeschäftsähnliche Willenserklärung" und schreibt dazu weiter:
"Nach allgemeiner Ansicht finden auf derartige rechtsgeschäftsähnliche Willenserklärungen die für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen geltenden Bestimmungen entsprechende Anwendung, soweit dies mit dem Inhalt der geschäftsähnlichen Handlung und dem Zweck der jeweiligen Regelung vereinbar ist."

Zu diesen Bestimmungen für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen gehört bei Minderjährigen auch der § 113 BGB:
https://dejure.org/gesetze/BGB/113.html
Dieser begründet für das Arbeitsverhältnis eines Minderjährigen eine volle Geschäftsfähigkeit für alle Angelegenheiten, die mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, wenn der Vertrag durch den/die gesetzlichen Vertreter unterzeichnet wurde.
In diesem Fall ist dann mE § 113 BGB so auszulegen, daß für die Durchführung eines BEM bei einem Minderjährigen AN bzw. Azubi keine Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters eingeholt werden muß, sondern der Minderjährige alleine entscheiden kann.

--
&Tschüß

Wolfgang


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