Darf SbV mit Mitarbeiter reden, dem gekündigt werden soll? (Allgemeines)

Phönix, NRW, Sunday, 17.12.2023, 02:25 (vor 297 Tagen) @ Dimitar.Mitev

Mein Dienstgeber wird den von Kündigung bedrohten Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung / Gleichstellung, die MAV und SBV zeitgleich schriftlich unterrichten. Ebenso wird zu diesem Zeitpunkt der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Inklusionsamt gestellt, welches dann die Fachstelle Behinderte Menschen im Beruf informiert, welche dann auch die SBV informiert und beauftragt, den Sachverhalt aufzuklären und mitzuteilen, damit weitere Veranlassungen von der Fachstelle getroffen werden können (z.B. Kündigungsschutzgespräch). Im Grundsatz wird das Inklusionsamt eine Zustimmung nur verweigern, wenn ein Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund besteht.

Da der Weg bei uns vom Dienstgeber zur SBV sehr kurz ist (Postfach in der Zentrale), das Schreiben an den Mitarbeitenden aber über den regulären Postweg an diesen geht, ist man gut beraten, den Moment abzuwarten. Die SBV ist nicht der Postbote des Dienstgebers und überbringt keine schlechten Nachrichten.

Für die Anhörung der SBV von Seiten des Arbeitgebers habe ich ein Musterschreiben, denn die SBV hat immer Einwände gegen eine Kündigung. Zwar kennt das SGB IX keine Fristen für die Anhörung der SBV, jedoch werden diese aus dem § 102 BetrVG hergeleitet:

"Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt."

Hierzu gibt es auch eine BAG Rechtsprechung: 2 AZR 378/18

Die Kontaktaufnahme mit dem Mitarbeitenden sollte eigentlich unproblematisch sein, ein guter Hirte weiß wie er seine Schäfchen erreicht. Darin versteckt sich auch immer das Thema Datenschutz und Zulässigkeit der Datenvorhaltung, aber ich Pflege eine Liste aller Mitarbeitender mit Schwerbehinderung / Gleichstellung mit aktuellen dienstlichen und privaten Kontaktdaten. Hierzu liegt aber auch das Einverständnis jeden einzelnen Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung / Gleichstellung vor.

Und natürlich spreche ich ausführlich mit dem betreffenden Mitarbeitenden und je nach den Umständen, auch mit Vorgesetzten und Kollegen.

Sicherlich hat jede Kündigung eine Geschichte, aber nicht jede Geschichte kommt vorher zwingend bei der SBV an, immer auch in Abhängigkeit zum Kündigungsgrund. Ein Präventionsverfahren ist daher auch nicht zwingend einer Kündigung vorgeschaltet.

Sollte der Dienstgeber eine Kündigung aussprechen, unabhängig davon, ob die Zustimmung vom Inklusionsamt vorliegt oder die SBV gehört wurde oder nicht, so obliegt die Feststellung der Wirksamkeit ausschließlich beim zuständigen Arbeitsgericht, wenn der betreffende Mitarbeitende fristgerecht eine Kündigungsschutzklage eingereicht hat.

Der Hinweis der SBV an den Dienstgeber über möglicher Verfahrensfehler, hat keine zwingende rechtliche Wirkung. Ein Dienstgeber ist aber gut beraten, seine Verfahrensweise bei einem solchen Hinweis zu prüfen, um gegebenenfalls seine Entscheidung zu korrigieren.

Gruß
Phönix


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