Änderung beim direkter Vorgesetzter (Allgemeines)

Alex081073, Oberfranken, Thursday, 19.08.2021, 09:02 (vor 994 Tagen)

Hallo zusammen,
da ich nichts weiter im Kommentar und im Netz gefunden habe, versuche hier mal mal eine Antwort zu finden.
Es hat sich bei uns im Betrieb etwas an der Zuständigkeit getan.
Sprich........der direkte Vorgesetzter ist für Team A,B,C,D,E zuständig. In diesen Teams sind auch jeweils schwerbehinderte AN. Nun soll der jetzige Vorgesetzter Team D und E abgeben und jemand der Ihm unterstellt war, soll diese zwei Teams vollumfänglich übernehmen, für die er im Hintergrund schon tätig bzw. Ansprechpartner war. Nun muss er nicht mehr berichten und um Entscheidungen zu bitten, sondern kann selbst über Team D und E entscheiden.

Nun zur Frage, weil es ja auch schwerbehinderte AN betrifft: Hätte der AG dies im Vorfeld mit der SBV besprechen müssen? Der BR hat diese Info schon vor zwei Wochen bekommen. Auf meiner Nachfrage hieß es nur "Es handelt sich um rein organisatorische Änderung" und es gibt ein neues Organigramm.

Gruß
Alex.

Änderung beim direkter Vorgesetzter

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 19.08.2021, 09:21 (vor 993 Tagen) @ Alex081073

Hallo,

natürlich umfasst der Begriff "alle Angelegenheiten" in § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch organisatorische Veränderungen und erst recht einen neuen Vorgesetzten. Wo gibt es da Zweifel in der Kommentierung? Welchen Kommentar hast Du benutzt?

--
&Tschüß

Wolfgang

Änderung beim direkter Vorgesetzter

Alex081073, Oberfranken, Thursday, 19.08.2021, 10:01 (vor 993 Tagen) @ albarracin

Hallo,

natürlich umfasst der Begriff "alle Angelegenheiten" in § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch organisatorische Veränderungen und erst recht einen neuen Vorgesetzten. Wo gibt es da Zweifel in der Kommentierung? Welchen Kommentar hast Du benutzt?

Hallo Wolfgang,

Danke für den Hinweis, aber dies ist mir bekannt mit dem "allen Angelegenheiten".
Die Frage ist ja mehr auf meinem Fall bezogen, da der neue Vorgesetzter der Team D und E vollumfänglich übernimmt, ja davor auch die Teams so halb betreut hat und Ansprechpartner war. Nun ist er halt komplett für die Teams D und E zuständig und muss keinen anderen Vorgesetzten mehr etwas mitteilen.
Darum mehr die Frage, ob das ausreicht die SBV davor informieren zu müssen, bei einer solchen organisatorische Änderung?
Zweifel = zählt das als wirkliche Veränderung der schwerbehinderten MA?
Kommentar= Düwell

Gruß
Alex.

Änderung beim direkter Vorgesetzter

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 19.08.2021, 12:00 (vor 993 Tagen) @ Alex081073

Hallo,

"halb betreut" ist keine arbeitsrechtliche Kategorie. Ausschlaggebend ist die formale Entscheidungsgewalt in Bezug auf disziplinarische Angelegenheiten und Arbeitsinhalten bzw. -abläufen.

Düwell betont doch ausdrücklich die "Allzuständigkeit" der SBV. Und eine Änderung des disziplinarischen Vorgesetzten ist eine wesentliche Änderung der Umstände und unterliegt deswegen dem § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das hat die Rechtsprechung - seinerzeit noch Verwaltungsgerichte - schon vor gut 30 Jahren entschieden. Außerdem ist es eine so wesentliche Entscheidung, daß sie ja auch gem. § 99 BetrVG der Mitbestimmung des BR unterliegt.
An Deiner Stelle würde ich die Information und Anhörung jetzt aktiv einfordern und ggfs. die Umsetzung der Maßnahme aussetzen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn Du auch bereits bist, den Konflikt wirklich auszutragen - ggfs. bis zum Arbeitsgericht.

--
&Tschüß

Wolfgang

Änderung beim direkter Vorgesetzter

Alex081073, Oberfranken, Thursday, 19.08.2021, 12:22 (vor 993 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für die Anmerkung.
Da sich ja auch das Organigramm ändert, bin ich bei deiner Anmerkung voll und ganz dabei.
Das mit dem Konflikt macht mir nichts weiter aus, da ich schon öfters vor Gericht war und auch eine zweite Owi letzte Woche raus ging.

Vielen Dank nochmals für deine Ausführung.

Gruß Alex.

Änderung beim direkten Vorgesetzten

Cebulon, Friday, 20.08.2021, 22:35 (vor 992 Tagen) @ Alex081073

Da sich ja auch das Organigramm ändert, bin ich bei deiner Anmerkung voll und ganz dabei.

Hallo Alex, da wäre ich etwas vorsichtig: Denn diese pauschale und viel zu weitgehende Ansicht ist klar abzulehnen laut ständ. arbeitsgerichtl. Rechtsprechung aller Instanzen – seither zig-fach zitiert bzw. bestätigt von Gerichten wie BAG, BVerwG und KGH. Da hilft auch die vormalige Rspr. der Verwaltungsgerichtsbarkeit nichts und auch nicht zwingend evtl. „Mitbestimmung“ des Betriebsrats.

Zu pauschal und daher falsch, wonach generell ausschlaggebend die formale Entscheidungsgewalt der geänderten Teamleitung in Bezug auf „disziplinarische Angelegenheiten und Arbeitsinhalten bzw. -abläufen“ sei. Die "Allzuständigkeit" einer SBV ist insoweit nicht absolut gemäß Bundesarbeitsgericht. Zur „Abgrenzung zu anderen Angelegenheiten“ mit acht Beispielsfällen für Abgrenzung unterrichtungspflichtiger und nicht unterrichtungspflichtiger Angelegenheiten siehe Düwell in LPK-SGB IX, § 178 Rn. 36.

Bei SBV-Beteiligung geht es natürlich niemals um „Mitbestimmung“ oder „(Mitbestimmungs-) Recht“ einer SBV – so jedoch vom Siebten Senat voll irreführend geschrieben (BAG,14.3.2012, 7 ABR 67/10), da die SBV bekanntlich keine Mitbestimmungsrechte hat im Unterschied zu BR/ PR gemäß BIH-Fachlexikon. Was diesen Senat „geritten“ hat, einen solchen „Unsinn“ in seiner Überschrift in fett hervorzuheben in dem auch sonst vielfach kritisierten Fehlurteil (z.B. DGB, Kohte und Düwell mit Sprach- sowie Sachkritik, Folien 121 bis 135). das bleibt sein Geheimnis.

Gruß,
Cebulon

Änderung beim direkten Vorgesetzten

Cebulon, Thursday, 19.08.2021, 14:18 (vor 993 Tagen) @ albarracin

 Düwell betont doch ausdrücklich die "Allzuständigkeit" der SBV. Und eine Änderung des disziplinarischen Vorgesetzten ist eine wesentliche Änderung der Umstände und unterliegt deswegen dem § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das hat die Rechtsprechung - seinerzeit noch Verwaltungsgerichte - schon vor gut 30 Jahren entschieden.

Hallo zusammen, zu den Rechten der Schwerbehindertenvertretung bei der_Besetzung von Führungsstellen vgl. aber auch den unter Vorsitz von Düwell ergangenen Grundsatzbeschluss des BAG, 17.08.2010 - 9 ABR 83/09. Diese vom LAG Köln zugelassene Rechtsbeschwerde einer SBV betraf damals den LVR, also öffentlicher Dienst. Dieser BAG-Beschluss (Behindertenrecht 2011, Seite 17) wurde wiederholt von Düwell im LPK-SGB IX zu § 178 zitiert – und gilt m.E. entsprechend auch für Betriebe.
Die bloße Tatsache, dass dem Team D und E auch sbM angehören, das allein löst folglich keine generelle zwangsläufige Unterrichtungs- sowie Anhörungspflicht beim Teamleiterwechsel aus nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX laut Bundesarbeitsgericht.

Gruß,
Cebulon

Änderung beim direkten Vorgesetzten

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 25.08.2021, 11:46 (vor 987 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

das von Dir verlinkte Urteil des BAG spricht nicht generell gegen ein Anhörungsrecht der SBV bei Vorgesetztenwechsel.

Das BAG hat lediglich (in Rn 22) verlangt, daß im Zusammenhang mit der Neubesetzung der Vorgesetztenfunktion die "Berührung" mit den Interessen der dieser FK nachgeordneten schwerbehinderten/gleichgestellten AN konkretisiert wird.

Düwell in LPK-SGB IX, § 178 Rn 40 hat hierzu einige Beispiele formuliert wie zB "Anleitung" oder Entscheidungsbefugnis über Ausgestaltung der Arbeitsplätze.
Aus meiner Sicht dürfte auch dazugehören, wenn ein sb AN zB gem. § 164 Abs. 4 SGB IX besondere Rechte in Bezug auf Arbeitsorganisation, Arbeitsumfeld oder Arbeitszeit geltend gemacht hat, über die die FK zumindest teilweise Entscheidungsbefugnis hat.
Außerdem dürfte es zulässig sein, eine Informationspflicht des AG grundsätzlich zu bejahen, wenn es um Mitbestimmungs- bzw. mitwirkungspflichtige Angelegenheiten von BR oder PR geht.
So wäre zB aus meiner Sicht eine Informations- und Anhörungspflicht ggü. der SBV dann gegeben, wenn die neue FK "relevante Personalbefugnisse" (Fitting, § 99 Rn 139b) hätte, die im Rahmen der Betriebsverfassung zur Mitbestimmungspflicht führen würden.

--
&Tschüß

Wolfgang

Änderung beim direkten Vorgesetzten

Cebulon, Wednesday, 25.08.2021, 12:40 (vor 987 Tagen) @ albarracin

das von Dir verlinkte Urteil des BAG spricht nicht generell gegen ein Anhörungsrecht der SBV bei Vorgesetztenwechsel.

Hallo, das BAG, 17.08.2010, 9 ABR 83/09, hat in Rn. 22 ausdrücklich klargestellt: „Besonderheiten, die z.B. darin bestehen können, dass es zu den Aufgaben der Führungskraft gehört, Arbeitsplätze nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX behinderungsgerecht zu gestalten, sind von der SBV nicht vorgebracht und auch aus dem Ergebnis der Anhörung nicht ersichtlich.“ Der vom BAG in Rn. 14 (am Ende) zitierten damaligen Gegenansicht von Neumann/Pahlen und Trenk-Hinterberger, wonach „mittelbarer Zusammenhang“ ausreichen würde, ist das BAG gerade nicht gefolgt: „a.A. Pahlen in Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 95 Rn. 10: mittelbarer Zusammenhang mit bloßer Auswirkung und Ausstrahlung auf einen oder mehrere schwerbehinderte Menschen reicht aus; ähnlich Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 15“.

Auch Alex hat von „schwerbehinderungsspezifischen“ Befugnissen der Teamleitung i.S.d. § 164 Absatz 4 SGB IX n.F. nichts erwähnt, oder? Etwas anderes könnte allenfalls gelten, sofern auf einem Teamleiter der untersten Führungsebene solche „Entscheidungsbefugnisse“ delegiert worden sein sollten.

Gruß,
Cebulon

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