Erfahrungen mit BEM (BEM)

Working Girl, Wednesday, 28.11.2007, 10:42 (vor 6016 Tagen)

Guten Morgen,
wir sind momentan in Gesprächen mit unserer GL bzgl. einer BEM. Sträuben auf der anderen Seite (wieso formalisieren, wir machen das doch immer individuell, und wenn mal ein Vorgesetzter sich sträubt, dann schalten wir (GL) uns ein und machen ihm die Sachlage klar), aber auch bei uns (BR + SBV) haben sich Zweifel eingeschlichen.
Unsere GL würde individuelle Eingliederungen machen, wenn erforderlich. Und damit haben wir auch positive Erfahrungen. Die GL geht sehr gut mit Kranken / SB um. Leider hapert es manchmal bei den Vorgesetzten.
Wir haben aber ein bißchen Bedenken bzgl. der Daten, die gespeichert werden. Vorschlag war: Sie sollen beim Betriebsarzt liegen, und nicht in die Personalakte kommen. Denn in der Personalakte kann die GL jederzeit die Fehlzeiten, Krankheiten etc. als Gründe bei einer Kündigung anführen.
Auch wurde das Argument angeführt: Keine BEM, dann kann man bei einer krankheitsbedingten Kündigung immer noch fragen, was alles getan wurde, um demjenigen zu helfen. Und wenn keine BEM oder ähnliches: damit könne man den Prozeß hinaus zögern.
Allgemeiner Tenor: Man gibt der GL mit der BEM ein Instrument an die Hand, den MA noch besser zu kontrollieren und evtl. los zu werden.
Unsere Überlegung: Eine Absichtserklärung, selber (BR) Stichproben zu machen, ob die GL sich bei Langzeitkranken gemeldet hat und in welcher Form.

Ich (SBV) bin momentan sehr hin- und hergerissen. Vielleicht kann mir ja einer von Euch Zweifel nehmen oder helfen >>> :-))
Schönen Tag noch und Danke schon mal
Kat

Erfahrungen mit BEM

Working Girl, Wednesday, 28.11.2007, 16:41 (vor 6016 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

schon das zweite Mal, dass Du mir antwortest :-))
A-Z ist sehr hilfreich. Aber ich hätte auch die grundsätzliche Frage, ob schon Erfahrungswerte mit der BEM vorhanden sind. Wie sich verschiedene GLs angestellt oder auch nicht angestellt haben, eine BEM abzuschließen bzw. sie zur Sammlung von DAten und deren Verwertung gegen einen MA benutzt haben.
Denn das ist die große Befürchtung in dem Gremium hier.
Auch wie knapp man sie halten kann. Ich habe bis dato nur sehr ausführliche Beispiele gefunden, und hier wird Wert auf kurz und knackig gelegt.
Das ist einfach nochmal für mich zur Meinungsfindung, da wir eine sehr kleine Arbeitsgruppe sind.

Vielen Dank für die Hilfe
Grüße
Kat

Erfahrungen mit BEM

hackenberger, Wednesday, 28.11.2007, 17:28 (vor 6016 Tagen) @ Working Girl

Hallo,

hier einige Hinweise von mir.

Besonders darauf achten, dass ihr euch durch eine Regelung nicht die Handlungsmöglichkeit nehmt. Gerade beim Thema "BEM" ist die Indivualität sehr wichtig. Denn hier ist kein Fall wie der andere. Daher muss man hier darauf achten jeweils der Situation angepasst handeln zu können.

Weiter unbedingt fest und genau aufnehmen zu welchem Zweck die hier gewonnenen und genutzten Daten verwendet werden dürfen. Weiter aber auch, zu welchem Zwecke sie auf keinen Fall genutzt werden dürfen. Also genaue Zweckbindung!!

Nehmt weiter auf wer wann wie und in welcher Form einzubinden und zu beteiligen ist. Auch eine Aussage, dass vertretbare Kosten einer positiven Maßnahme nicht entgegenstehen dürfen. Weiter, dass sofern erforderlich auch externe Stellen hinzugezogen werden können und dass die Erforderlichkeit nicht nur vom AG festgestellt werden kann. Also das volle gleichberechtigte Mitbestimmungsrecht von den MA-Vertretungen.

Weiter auch eine Aussage wie ggf. unterschiedliche Ausslegungen der Regelung geklärt werden. Also so eine Art "betriebliche Einigungsstelle".

Erfahrungen mit BEM

Working Girl, Wednesday, 28.11.2007, 17:50 (vor 6016 Tagen) @ hackenberger

» Super, vielen Dank schon Mal für diese Tipps und die schnelle Antwort. Ein tolles Forum hier, wirklich :-D
Schönen Abend noch, bis zum nächsten Mal ;-) Kat

Erfahrungen mit BEM

Ireen, Wednesday, 27.08.2008, 15:59 (vor 5743 Tagen) @ hackenberger

Hallo Working Girl,

auch ich stehe seit fast 2 Jahren in Verhandlung mit unserer GF bezüglich einer BEM-Konzernvereinbarung. Mittlerweile wurde die Vereinbarug dreimal umgeschrieben. Knackpunkt ist der Datenschutz. Es gibt ein Urteil, wonach die BEM-Unterlagen in einem gesonderten Umschlag in der Personalakte hinterlegt werden sollen. Es müsste dann jedesmal jemand benannt werden, der diesen Umschlag öffnen kann. Aber auch diese Handhabe ist mir zu suspekt. Ich plädiere dazu, dass diese BEM-Akte beim Betriebsarzt, dem BR oder der SBV hinterlegt wird, auf jedenfall bei jemanden, der dem Arbeitgeber gegenüber nicht auskunftspflichtig ist und der bei Verstößen gegen die Schweigepflicht rechtlich belangt werden kann.
Dies sind meine Erfahrungen in dieser Angelegenheit. Aber ich werde nicht aufgeben.

Ireen

Erfahrungen mit BEM

Wolfgang E., Wednesday, 27.08.2008, 18:15 (vor 5743 Tagen) @ Ireen

» Es gibt ein Urteil, wonach die BEM-Unterlagen in einem Umschlag in der PA hinterlegt werden sollen.

Um welches Urteil handelt es sich denn da konkret, das vorschreiben soll, dass die BEM-Akte in einem Umschlag der Personalakte beizufügen ist, also von der Personalverwaltung zusammen mit der Personalakte aufzubewahren ist ohne räumliche, organisatorische bzw. personelle Trennung>

Kontextlink:
Aufbewahrung einzelfallbezogener BEM-Unterlagen
[link=http://www.sgb-ix-umsetzen.de/pdfmaker/index.php>URL=http%3A%2F%2Fwww.sgb-ix-umsetzen.de/pdf.php>aid=208&FORMAT=.pdf]Rechtliches zu Rahmen-Integrationsvereinbarungen[/link]

Erfahrungen mit BEM

Ireen, Thursday, 28.08.2008, 22:43 (vor 5742 Tagen) @ Ireen

» Hallo Redaktion,

war meine Unwissenheit. Danke für die Hilfe.

Ireen

Erfahrungen mit BEM

Wolfgang E., Friday, 29.08.2008, 16:23 (vor 5741 Tagen) @ Ireen

"Der Arbeitgeber hat zwar grundsätzlich ein überwiegendes Interesse, für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Informationen über die Persönlichkeit und Gesundheit des Arbeitnehmers zum Zwecke einer berechtigten späteren Verwertung zu sammeln. Dies gilt auch für Hinweise, die beispielsweise auf eine Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers hinweisen. Solche Erkrankungen können bei negativer Zukunftsprognose gemäß § 1 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen krankheitsbedingten Kündigung ist die negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes. Für eine solche negative Prognose stellt die Rechtsprechung vor allem darauf ab, ob es sich um einen Rückfall nach erfolgter Therapie handelt."
(BAG, Urteil vom 12.09.2006, 9 AZR 271/06, Rdnr. 28)

Die Aufbewahrung von besonders sensiblen personenbezogenen Gesundheitsdaten in einem verschlossenen Umschlag hat das Bundesarbeitsgericht als verfassuns- und datenschutzrechtlichen Mindeststandard bereits vorgeschrieben für einen Fall aus 2002, als es das BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX noch gar nicht gab. Mit dieser BAG-Rechtsprechung hat sich Klaus Kammerer unter der Überschift vom "Mythos des verschlossenen Umschlags" kritisch auseinandergesetzt (ArbuR 2007, 189-193).

Ärztliche Aussagen und Gutachten oder etwaige Stellungnahmen der Rehaträger oder des IFD, die im Rahmen des Eingliederungsmanagements - mit Zustimmung des Betroffenen - eingeholt werden, gehören nicht in die Personalakte und nicht in die BEM-Akte, sondern z. B. in die Akte des Betriebsarztes!!! § 8 Abs. 1 Satz 3 ArbSichG verpflichtet den Betriebsarzt, die ärztliche Schweigepflicht auch im Verhältnis zum Arbeitgeber zu beachten. Der Arbeitnehmer braucht seiner Firma nach ständiger Rechtsprechung nicht die Art seiner Erkrankung und auch nicht den Feststellungsbescheid des Versorgungsamts mitteilen.

In die Personalakte darf (formblattmäßig) grundsätzlich nur aufgenommen werden, dass die Durchführung eines BEM angeboten wurde, dass der Betriebsrat und bei schwerbehinderten Beschäftigten auch die SBV vom Angebot unterrichtet wurden, ob die betroffene Person mit dem Angebot einverstanden war oder nicht, und welche konkreten Maßnahmen zur Überwindung bzw. Vorbeugung von Arbeitsunfähigkeit angeboten und umgesetzt werden. Das ist legitim, damit der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er seiner gesetzlichen Pflicht, ein BEM ordnungsgemäß anzubieten und durchzuführen, nachgekommen ist.

Kontextlink:
Personelle Abschottung

Erfahrungen mit BEM /Datenschutz

Ireen, Friday, 05.09.2008, 23:08 (vor 5734 Tagen) @ Wolfgang E.

Hallo Bernhard, hallo Wolfgang,

ich kenne das BAG-Urteil sehr wohl. Aber sobald die BEM-Daten in einem gesonderten Umschlag -wohl versiegelt- in der Personalakte sind, und jemand die Personalakte einsieht, diesen Umschlag sieht, weiß er doch sofort, dass hier etwas gelaufen ist. Das Mißtrauen ist geweckt und die Beförderung bzw. Versetzung kann man vergessen. Dieser Umschlag alleine in der Personalakte ist -so meine Meinung- bereits eine Art Diskriminierung.
Ich jedenfalls werde nicht davon abweichen, dass -auser den von Dir bereits beschriebenen Unterlagen- nichts in die Personalakte kommt, sondern diese von einer Person des Inteagrationsteams geführt wird, die dem Arbeitgeber gegenüber nicht auskunftpflichtig ist und bei Verletzung der Schweigepflicht mit Sanktionen zu rechnen hat (also BR, SchwbV und Betriebsarzt).

Was die Konzernvereinbarung betrifft: Es liegen von den einzelnen GmbH's, die der KBV beitreten wollen, Delegationen vor. Wer nicht delegiert hat, kann selbstverständlich seine eigene Vereinbarung abschließen.

Ich selbst kann meinen Betrieb verstehen, bei uns gibt es momentan 20 verschiedene Betriebsrenten und diese Zahl vermehrt sich mit jedem neuen Zukauf. Aus diesem Grunde kann ich verstehen, wenn man eine allgemeine Regelung treffen will. Es besteht aber kein Zwang, der KBV beizutreten.

Trotzdem vielen Dank für Euere Ausführungen. Es bestätigt mein -vielleicht etwas "stures" verhalten in dieser Sache.

Liebe Grüße

Ireen :-) :ok:

Erfahrungen mit BEM /Datenschutz

hackenberger, Saturday, 06.09.2008, 12:15 (vor 5733 Tagen) @ Ireen

Hallo Irren,

MA-Vertretungen und AG (incl. seiner Vertreter) sollen vertrauensvoll zusammenarbeiten. Deine Aussagen könnten die Vermutung zu lassen, dass dieses bei euch besser gestalltet sein könnte. Denn aus Deinen Aussagen spricht großes Misstrauen. Dieses passt leider nicht zum Thema "vertrauensvolle Zusammenarbeit".

Ich kann auch leider Deine Bedenken bezgl. der Aufbewahrung der Unterlagen eines BEM in einem besonderen/verschlossenen Umschlag in der Personalakte nicht ganz nachvollziehen. Denn die Personalakte ist keine Akte in welcher jeder einmal einfach so einsehen kann.

Schaue einmal hier, dort findest Du etwas zum Thema „Wer darf eine Personalakte einsehen“. Die hier aufgeführten sind i.d.R. auch Beteiligte bei einer BEM-Maßnahme.

Schaue hierzu auch einmal auf unserer Seite zum BEM unter A-Z unter den Begriffen "Integrationsteam" und "Zielfelder eines Eingliederungsmanagements".

Der direkte Personalvorgesetzte kann sowohl ein Einsichtsrecht in die Personalakte haben, u.a. auch wenn es um das Thema „Beförderung/Höhergruppierung“ geht. Er ist i.d.R. auch Mitglied (zu mindest zeitweise) des Integrationsteam. Denn es soll hier ja u.a. auch um arbeitsplatz-/ -umfeldbezogene Themen.

Zum Thema InTV (Integrationsvereinbarung) nochmals der Hinweis, man keiner SchbwbV (örtl.) verbieten, werder AG noch GSchwbV oder KSchwbV, selbst eine InTV abzuschließen. Der AG ist verpflichtet mit den SchwbV eine InTV zu verhandeln. Die BR (örtl.) können auch sofern der AG sich auf örtl. Ebene schwer tut eine InTV abzuschließen, viele Punkte im Rahmen der erzwingbaren BV abzuschließen. Bei einer guten Rahmen-InTV auf G oder K-Ebene könnte aber der Bedarf zusätzlicher örtl. InTV i.d.R. fast nicht mehr gegeben sein.

Ich wünsche Dir aber weiter viel Erfolg und lasse uns bitte das Ergebnis auch die Akzeptanz auf örtl. Ebene wissen.

Erfahrungen mit BEM

hackenberger, Wednesday, 27.08.2008, 18:29 (vor 5743 Tagen) @ Ireen

Hallo Ireen,

zum Thema Datenschutz beim BEM hat Wolfgang ja schon in seiner Antwort vom 04.12. einen guten Link eingestellt. Weiter gibt es im Datenschutz den Grundsatz, dass alle Speicherung von geschützten Daten grundsätzlich erst einmal verboten ist, sofern nicht eine Speicherung und Verarbeitung ausdrücklich genehmigt ist. Weiter dürfen nur wirklich notwenige Daten gespeichert werden. Also nur was unbedingt notwenig ist.

Weiter, viele Punkte welche in einer Integrationsvereinbarung behandelt werden, könnten auch vom BR im Rahmen der erzwingbaren Mitbestimmung und erzwingbaren BV (Einigungsstellenfähig) gehandelt werden. Hat man nun, was die Regel sein sollte, einen guten Kontakt zum BR, so kann dieser den AG hier zum einlenken bewegen. Also, entweder der AG lenkt ein oder der BR nutzt seine Möglichkeiten bis hin zu Einigungsstelle.

Zum Schluss noch der Hinweis. Du redest von einer Konzernvereinbarung. Dieses kann und darf aber nur eine Rahmenregelung sein. Dieses muss auch unbedingt zur Vermeidung von Problemen entsprechend in dieser vermerkt werden. Denn auch Konzernebene kann man nicht alle Besonderheiten der einzelnen Betriebe abhandeln.

Da ich es auch us eigener Erfahrung kenne, dass AG sehr oft gerne nur eine Regelung im Konzern haben möchten, kann man in einer Rahmenregelung vereinbaren, dass die örtl. Besonderheiten von den SchwbV vor Ort mit dem AG in eigener Zuständigkeit/Verantwortung verhandelt werden und dann Anlagen der Rahmenregelung werden. So hat man faktisch nur 1 Regelung aber trotzdem die Möglichkeit die örtl. Besonderheiten auf dieser Ebene in eigener Zuständigkeit/Verantwortung zu regeln.

Du kannst auch einmal hier nachschauen. Hier findest Du weitere Muster.

Weiter, Grundsätzliches zur Rechtsnatur der InTV

Erfahrungen mit BEM und Datenschutz

Wolfgang E., Tuesday, 04.12.2007, 16:24 (vor 6010 Tagen) @ Working Girl

» Wir haben Bedenken bzgl. der Daten, die gespeichert werden. Vorschlag war: Sie sollen beim Betriebsarzt liegen, und nicht in die Personalakte kommen. In der Personalakte kann die GL jederzeit die Fehlzeiten, Krankheiten etc. als Gründe bei einer Kündigung anführen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement erfordert geschulte und qualifizierte Akteure auf Seiten des Arbeitgebers, des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung. Für das Zusammenwirken bedarf es bei größeren Dienststellen einer Verfahrensordnung. Wurden denn alle drei Akteure bereits geschult>

In die Personalakte bzw. Krankenakte gehören regelmäßig nur die in folgenden vier Formularen erfassten Daten, also keine Diagnosen und keine Prognosen zur Gesundheit, da ansonsten diese ausschließlich zum Zwecke der Eingliederung erhobenen Daten zweckentfremdet in Kündigungs- oder Ruhestandsverfahren zur Ausgliederung verwendet werden könnten.

Kontextlinks:
[link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=6523#p6556]Interessenkollision[/link]
Datenschutz

RSS-Feed dieser Diskussion