Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung? (Rente / Pension / ATZ)

weepee, Thursday, 13.11.2008, 21:49 (vor 5652 Tagen)

Hallo zusammen,

ich habe mir nun schon die Finger wundgesucht, um folgende Frage zu klären: ein Beschäftigter (Baujahr 1950) hat einen GdB von 30, schreckt aber vor der Gleichstellung zurück, weil er finanzielle Nachteile befürchten muss.
Hintergrund: er ist in Altersteilzeit/Blockmodell, macht also von 55-60 Jahren seinen Job mit 88% Einkommen und geht dann ab Alter 60 nach Hause, bezieht bis 65 auch 88% Einkommen. Sollte er - aus welchem Grund auch immer - während der Freistellungsphase (also mit Alter 60++) schwerbehindert werden, dann würde sich aufgrund der aktuellen Gesetzgebung sein Einkommen weiter verringern, weil er ja als sbM mit einem prozenzualen Abzug rechnen müsste, sofern er vor der besonderen Altersgrenze den GdB 50 bekäme. Das wäre der Fall, wenn er mit 61 Jahren sbM würde. Dies würde sich ja sogar nachteilig auf seine Rente auswirken, die im Falle der Nicht-Beantragung sbM (Gleichstellung) unverändert hoch bliebe.
Welche wichtige Sache habe ich bis jetzt übersehen> Mir widerstrebt es ganz ergeblich, einem chronisch Kranken von der Gleichstellung abzuraten, zumal unsere Dienststelle sich in der Auflösung befindet und er mit einer Umsetzung rechnen muss. Weder die Rente/Bund, noch meine BSBV konnten mir weiterhelfen. Auch die bisherigen Aussagen/Links hier im Forum trafen nicht das geschilderte Problem in Gänze.
Ein zweiter Beschäftigter stellt seinen Antrag auf ATZ/Blockmodell nicht, weil er schon jetzt sbM mit GdB 50 ist.
Wäre schon, wenn man ihnen helfen könnte...

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Liebe Grüße WeePee

Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung?

hackenberger, Thursday, 13.11.2008, 22:25 (vor 5652 Tagen) @ weepee

Hallo "wepee",

so ist es leider. Schwerbehinderte können beim Thema Altersteilzeit, bzgl. der Länge (zeitraum von bis) schlechter gestellt sein/werden und zwar auf Grund der Regelung "Altersrente zum frühes möglichen Termin".

Es ist aber auch wiederum dann nachvollziehbar, wenn man den Grundgedanken der Altersteilzeit betrachtet. Es geht dort ja darum, dass ältere Menschen zum einen gleitenden Übergang in die Rente haben können. Auch aber gerade beim Blockmodel geht es ja darum, dass ältere Menschen den Ap durch Inanspruchnahme der Altersteilzeit frei machen damit ein jüngerer Mensch eingestellt werden kann. Dieses geschieht dann ja auch dadurch, dass Schwerbehinderte früher ohne Abschlag in Altersrente gehen können.

Schwerbehinderte AN welche das Blockmodel in dieser Form bis zu einer Altersgrenze von 65 Jahren in Anspruch nehmen möchten, können auch den Status „Schwerbehinderung“ zurückgeben. :-( Zu mindest dann wenn es sich nicht um eine offensichtliche Schwerbehinderung handelt.

Es ist auch hier leider so wie oft im Leben, man kann nicht alles haben.

Dieses ist aber leider so bekannt und auch rechtens. Der Rentenbeginn mit 63 ohne Abschlag gilt aber nur für Schwerbehinderte nicht für Gleichgestellte. Gleichgestellte dürfen nicht wie Schwerbehinderte mit 63 ohne Abschlag in Rente gehen. Für diese gilt hier das "normale Renteneintrittsalter".

Siehe auch hier "Auswirkungen der Gleichstellung" Sollten einer SchwbV bekannt sein :-(

Zu beachten ist aber, dass die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1952 stufenweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Siehe hier!

Eine Gleichstellung wirkt sich hier also nicht "nachteilig" auf das Thema "Altersteilzeit" aus. Es sind auch zwei unterschiedliche Ämter/ Behörden welche hier den jeweiligen Status zuerkennen.

Gleichzeitig wird die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente von 60 auf 62 Jahre angehoben. Damit verbleibt es bei einem maximalen Abschlag in Höhe von 10,8 Prozent bei der frühestmöglichen Inanspruchnahme.

Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung?

weepee, Thursday, 13.11.2008, 23:05 (vor 5652 Tagen) @ hackenberger

Wieder einmal Danke für die schnelle Antwort, Bernhard,

» so ist es leider. Schwerbehinderte können beim Thema Altersteilzeit
» schlechter gestellt sein/werden und zwar auf Grund der Regelung
» "Altersrente zum frühes möglichen Termin".
Das - so finde ich - ist ein absoluter Hammer. Muss ich erst mal verdauen, einem derart Erkrankten von der Gleichstellung abzuraten :-( :-( :-(

» Der Rentenbeginn mit 63 ohne Abschlag gilt aber nur für Schwerbehinderte
» nicht für Gleichgestellte.
Das war mir durchaus bekannt. Ich hatte ja auch anheimgestellt, dass er mglw. mit 60++ 50 GdB bekommt und damit automatisch "echter" sbM wird.

» "Auswirkungen der Gleichstellung"[/b][/link] Sollten einer SchwbV bekannt
» sein :-(
Sind sie ja auch, daher :-D

Die restlichen von Dir genannten Informationen hatte ich schon gefunden, sie runden aber die bisherigen Darstellungen sinnvoll ab.

Danke

--
Liebe Grüße WeePee

Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung?

hackenberger, Friday, 14.11.2008, 08:52 (vor 5652 Tagen) @ weepee

Hallo "weepee",

» Das - so finde ich - ist ein absoluter Hammer. Muss ich erst mal verdauen,
» einem derart Erkrankten von der Gleichstellung abzuraten :-( :-( :-(
wieso von der Gleichstellung abraten>

Die Gleichstellung hat doch hier gar keine Ein-/ Auswirkungen. Es sind doch auch zwei unterschiedliche Ämter/ Behörden welche den Status "Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung" zuerkennen. Auch sind die Ziele dieser Statue unterschiedliche. Beim Thema Gleichstellung geht es um die Sicherung / Möglichkeit des Erhaltes/ Erlangen eines Arbeitsplatzes. Beim Thema Schwerbehinderung um die selbstbestimmte gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung?

weepee, Friday, 14.11.2008, 10:34 (vor 5652 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

» wieso von der Gleichstellung abraten>
weil damit dem Arbeitgeber die Information der 'angehenden' Schwerbehinderung mitgeteilt wird. Schließlich soll der Klient im Rahmen seiner Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz die Schutzrechte als Gleichgestellter nutzen können. Wenn sich nun aber sein Gesundheitszustand derart ändert, dass er auf 50 GdB hochgestuft wird, ist er schwerbehindert und tappt damit höchstwahrscheinlich in die Kostenfalle.

» Die Gleichstellung hat doch hier gar keine Ein-/ Auswirkungen.
das ist klar. Man klagt aber im Prinzip doch schon Rechte beim AG ein. Ohne Gleichgestelltenstatus kann der Klient zwar auch schwerbehindert werden, muss dies (außer in schwerwiegenden/offensichtlichen Fällen) dem AG aber nicht unbedingt sagen. Da er in meinem Beispiel ja schon in der Ruhephase der ATZ ist, braucht er einen Nachteilsausgleich am Arbeitsplatz nicht mehr.

Nach meinen vielen Gesprächen hier in der DstSt und auch außerhalb kann ich dem Klienten die Gleichstellung wirklich nicht empfehlen. So ist die überwiegende Meinung bisher.

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Liebe Grüße WeePee

Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung?

hackenberger, Friday, 14.11.2008, 12:00 (vor 5652 Tagen) @ weepee

Hallo "weepee",

also nochmals, hier werden zwei Dinge miteinander vermixt welche so nichts miteinander zu tun haben.

1. Den Status "schwerbehindert" und / oder "gleichgestellt" bekommt man nur auf Antrag, nicht gegen seinen Willen und dieses von zwei unterschiedlichen/ unabhängigen Behörden/ Ämtern. Man muss selbst wenn ein GdB von >= 50 möglich wäre keinen Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung stellen. Man kann für sich auch entscheiden, ich habe einen GdB von 30 und beantrage „nur“ die Gleichstellung sofern die Vorraussetzungen hierfür gegeben sind auch wenn ein Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung positiv entschieden würde.

2. man muss den AG nicht in den Gleichstellungsprozess/ -verfahren einbinden. Man kann durchaus auch ohne Beteiligung des AG eine Gleichstellung erhalten. Vorraussetzung ist "nur", dass ich der AfA die in der Behinderung liegenden Gründe der Gefährdung des Beschäftigungsverhältnisses glaubhaft darlege.

Weiter tappt auch niemand in die Kostenfalle. An die Inanspruchnahme der Altersteilzeit sind halt Bedingungen geknüpft. Es kann auch nicht jeder AN diese in Anspruch nehmen. Auch gibt es Menschen welche vorzeitig mit Abschlägen in Altersrente gehen müssen z.B. ältere Arbeitssuchende.

Somit bleibt am Ende nur der Fakt, dass Schwerbehinderte wegen der Möglichkeit früher OHNE ABSCHLAG in Altersrente gehen können, die Altersteilzeit nicht in dem Umfang (zeitlich) in Anspruch nehmen können wie nicht behinderte AN. Sie sind dann hier aber i.d.R. auch finanziell immer noch bessergestellt wie viel andern AN und Arbeitssuchende besonders ältere Arbeitssuchende welche mit Abschlägen zwangsverrentet werden.

Man muss nun für sich selbst entscheiden, will ich unter den gegebenen Möglichkeiten/ Randbeingungen/ Auswirkungen sofern möglich ATZ in Anspruch nehmen oder nicht. Weiter sollte man sich immer vorher gründlich informieren /informieren lassen.

Das Thema ATZ ist weiter auch keine Aufgabe der SchwbV gem. SGB IX § 95. Auch nicht das abraten von einer möglichen Gleichstellung oder An-/Zuerkennung einer Schwerbehinderung.

Finanzielle Nachteile nur wegen Behinderung?

selektros, Thursday, 27.11.2008, 21:51 (vor 5638 Tagen) @ weepee

Hallo,

nach allgemeiner vorstehender Feststellung hat eine Gleichstellung keine Auswirkung auf die Altersteilzeit.

Jetzt ergibt sich aber die Frage: Wass passiert, wenn während der Altersteilzeit ein GdB von = oder >50 festgestellt wird. Meiner Meinung nach ergeben sich für den bM mehrere Möglichkeiten, um den "frühestmöglichen" Rententermin zu vermeiden/verschieben:
- er legt Widerspruch ein (Bearbeitung dauert immer noch zu lange)
- er lehnt den Bescheid ab (es bleibt beim alten GdB)
- er teilt den erhöhten GdB dem AG nicht mit
(der MA ist nicht verpflichtet, dem AG eine Schwerbehinderng mitzuteilen)
und geht zum vorgeplanten Termin in Altersrente (keine/weniger Abzüge)

Ich konnte nirgends finden, das diese Möglichkeiten unrechtens wären, höchstens etwas unmoralisch.

Vermutlich habe ich auch so einen Fall, bin also für Korrekturen meiner Auffassung im Sinne des bMA dankbar.

Gruss

selek

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