Onlinebewerbungen - Verfahrensdiskriminierung (Einstellung)

Cebulon, Saturday, 03.06.2017, 15:36 (vor 2519 Tagen) @ rehbach2010

Sollte er es nicht wünschen, dann kann er ein bestimm­tes Feld ankreuzen und es erscheint dann "ich verzichte auf die Beteiligung der SBV"

Wird dann, wenn "ich verzichte" angekreuzt wird, etwa auch die SBV nicht von dieser Bewerbung unterrichtet? Und was ist mit der Unterrichtung des PR gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX "unmittelbar nach Eingang"?

Selbst eine Ablehnung würde nichts an dem all­ge­mei­nen Beteiligungsrecht der SBV gemäß § 95 Abs. 2 SGB IX ändern, da insoweit kein Ablehnungsgrund geregelt ist. Die Anhörungs- und Unterrichtungsrechte der SBV werden durch die Ablehnung eines einzelnen schwer­be­hin­der­ten­ Bewerbers gerade nicht ausgeschlossen laut BAG vom 22.08.2013, 8 AZR 574/12, Rn. 48. Demnach verhindert die Ablehnung eines schwerbehinderten Be­wer­bers lediglich die Erörterung seiner Bewerbung, die Einsichtnahme in seine Bewerbungsunterlagen und die Teilnahme an seinem eigenen Bewerbergespräch.

Ich halte das für manipulativ, aber mein AG will das Verfahren nicht ändern und die Wortwahl auch nicht!

Dieses ist "suggestiv", daher unzulässig bzw. klar diskriminierend nach der Fachliteratur. Ist aber leider nicht die einzige "kreative" Dienststelle, die so verfährt bzw. mit solchen "Trixereien" das Gesetz auszuhebeln oder zu umgehen sucht (ausführlich Prof. Dr. Knittel, SGB IX, § 81 Rn. 36; ebenso Prof. Düwell in LPK-SGB IX, § 81 Rn. 152). Ist nur eine reine Frage der Zeit, bis da jemand Entschädigung einklagt nach AGG wegen Verfahrensdiskriminierung, weil offensichtlich (vgl. z.B. NJW-Spezial, 20/2013, Seite 626/627). Auf ein schuld­haf­tes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an laut BAG.

Behindertenverbände können auch das Ver­bands­kla­ge­recht (§ 63 SGB IX) in Anspruch nehmen, mit dessen Hilfe sie an Stelle und mit dem Einverständnis der be­trof­fen schwerbehinderten Bewerber deren Rechte geltend machen können, teils auch Gewerkschaften, zum Beispiel der DGB und neuerdings die IG Metall (Düwell, jurisPR-ArbR 28/2006 Anm. 7).

Für mich ist klar, dass im Gesetz der Begriff ".....ausdrücklich ablehnt" steht und auf etwas zu verzichten etwas vollkommen anderes ist!

Das hast Du vollkommen richtig erkannt: Nicht nur die Frage nach SB ist idR "unzulässig" (ArbG Stuttgart v. 16.3.2011, 30 Ca 1772/10; BAG, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 759/13, Rn. 40), sondern natürlich auch die Frage nach "SBV-Verzicht" ist illegal (vgl. BVerwG vom 08.12.2010, 2 WD 24.09, Leitsatz 3 sowie Rn. 12-14). Das BVerwG hat da schon vor Jahren die "Notbremse" gezogen bei der Bundeswehr sowie festgestellt, dass schwerer Verfahrensfehler (Rn. 10/11). Unzulässig ist nach Knittel aber auch eine Befragung, ob eine Be­tei­li­gung der SBV "gewünscht" oder "ausdrücklich ab­ge­lehnt" werde, da ein solches Fragerecht nicht bestehe (Knittel, SGB IX § 81 Rn. 36). "Dies könnte nämlich dem Betroffenen den Eindruck vermitteln, die als gesetzlicher Regelfall vorgesehene Einschaltung der SBV sei dem Arbeitgeber nicht willkommen und eine Ablehnung ihrer Beteiligung durch den Bewerber erwünscht."

Welche rechtliche Begründung gibt denn diese Behörde dafür an, dass sie nach einer Schwerbehinderung fragt? Und welche dafür, dass sie ggf. nach einem Verzicht fragt? Die beiden Fragen sollten mal gezielt dem AG gestellt werden. Auf die Antworten bin ich gespannt...

Gruß,
Cebulon


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