Abmahnung oder Kündigung nach Fehler? (Allgemeines)

WoBi, Wednesday, 28.11.2018, 14:54 (vor 1984 Tagen) @ leiser fuchs

Hallo,

da stimmt das gesamte Stellenbesetzungsverfahren in der Gemeinde wohl nicht, weil mögliche Punkte nicht beachtet werden:

  • Interne Vorprüfung ob geeignete schwerbehinderte Beschäftigte für freien / frei werden Arbeitsplatz
  • Beteiligung der SBV und PR bei der internen Vorprüfung
  • Abfrage der Agentur für Arbeit und weitere Arbeitsvermittler mit der Bitte um Nennung geeigneter Bewerber
  • Unterrichtung der SBV und PR über Bewerbungseingang
  • Teilnahme der SBV am Vorstellungsgespräch und Bewerberauswahl
  • Information nicht genommener schwerbehinderter Bewerber

Diese Liste ist nicht abschließend.

Da hat der Bürgermeister als oberster Dienstherr nun ein Problem, denn er haftet für die Fehler seiner Erfüllungsgehilfen. Und dies nicht nur mit Geld. § 15 Abs. 6 AGG beschränkt Benachteiligte vorrangig auf Entschädigung und Schadenersatz. Ein Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses besteht ausdrücklich nicht. Hiervon bleiben Rechtsansprüche allerdings unberührt, welche sich auf Art. 33 Abs. 2 GG beziehen (Düwell, BB 06, 1741 (1744), auch BAG 5.3.1996 – 1 AZR 590/92 – NZA 96, 751). Die zuvor aufgezeigte Beschränkung auf Geld wird durch den 2. Halbsatz von § 15 Abs. 6 AGG geöffnet.

Anders ist die Rechtslage im öffentlichen Dienst. Hier kommt gemäß Art. 33 Abs. 2 GG ein Anspruch des Bewerbers auf Übertragung einer ausgeschriebenen Stelle in Betracht, wenn diese noch nicht besetzt ist. Es gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Für den Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes besteht eine Verpflichtung zur Darlegung für alle Vorgänge aus seinem Verantwortungs- und Verfügungsbereich, die dem Einblick des Bewerbers entzogen sind. Verletzt der öffentliche Arbeitgeber im Auswahlverfahren das Dokumentationsgebot, sodass der Bewerber keine oder nur unzureichende Kenntnisse über die Entscheidungsgrundlagen hat, vereitelt der Arbeitgeber die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes, so dass auch noch bei einer zwischenzeitlich erfolgten Stellenbesetzung ein Anspruch auf Einstellung besteht.

Damit kommt zusätzlich ggf. entgangenes Entgelt zum Tragen. Diskriminierung "unabsichtlich" oder "wissentlich" darf sich nicht lohnen. Eine Gemeinde als Organ der exekutiven Gewalt, sollte die Anwendung von Gesetzen beherrschen.

Fehler im Einstellungsprozess kann durch eine gute Ausbildung der SBV und des PR vermieden werden.

--
Gruß
Wolfgang


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