Prüfpflicht des Arbeitgebers (Allgemeines)

WoBi, Thursday, 12.03.2020, 12:27 (vor 1500 Tagen) @ Karin73

Hallo Karin73,

ein Arbeitgeber hat eine Vielzahl von Schritten zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen nach § 164 Abs. 1 SGB IX durchzuführen:

  • Der Arbeitgeber hat die unternehmerische Entscheidung getroffen einen neuen, freien oder frei werdenden Arbeitsplatz zu besetzen. Dann muss der Arbeitgeber nach § 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX anhand der konkreten Anforderungen prüfen, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen als Einzelfallprüfung besetzt werden kann.
  • Der Arbeitgeber hat nach § 164 Abs. 1 S. 6 SGB IX i.V.m. § 178 Abs. 2 S. 1 SGB IX die SBV bei der Ausübung der Prüfpflicht nach § 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX zu beteiligen. Dabei hat der Arbeitgeber zu prüfen ob bereits schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte z.B. im Rahmen von § 164 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX auf diesen Arbeitsplatz versetzt oder befördert werden können. Die SBV und der BR/PR können dazu ebenfalls geeignete schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte vorschlagen.
    Dazu ist die SBV umfassend zu unterrichten, wann und welcher Arbeitsplatz neu geschaffen und besetzt bzw. welcher vorhandene Arbeitsplatz wieder besetzt werden soll. Dies hat unter Angabe einer genauen Arbeitsplatzbeschreibung, Informationen über Arbeitsbelastung, erforderliche berufliche Qualifikation und die Einordnung in den betrieblichen Ablauf zu erfolgen. Die Prüfung ist immer am konkret vorgesehenen Arbeitsplatz durchzuführen. Dazu ist das Anforderungsprofil für die Stelle, die Stellenbeschreibung, die Arbeitsplatzbeschreibung und die vorgesehene zukünftige Stellenausschreibung erforderlich.
    Die Stellenbeschreibung ist ein Organisationsinstrument und beschreibt unabhängig von Personen, stellenbezogen und prozessorientiert, die mit einer Arbeitsstelle verbundenen Funktionen innerhalb der Ablauforganisation. In der Arbeitsplatzbeschreibung sind die vom Stelleninhaber auszuführenden Aufgaben und Tätigkeiten detailliert beschrieben. Beides findet sich oft in der Stellenausschreibung anteilig wieder.
    Die SBV ist dazu anzuhören, ihre Stellungnahme bei der Entscheidung zu berücksichtigen und die getroffene Entscheidung durch den Arbeitgeber unverzüglich der SBV mitzuteilen. Ob ein Stellenangebot im Zusammenhang mit Fluktuation, Änderungen im Anforderungsprofil oder sonstigen unternehmerischen Überlegungen zusammenhängt ist für die Auslösung der Rechtsfolgen nach § 164 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 6 SGB IX unerheblich.
  • Der Arbeitgeber hat nach § 164 Abs. 1 S. 6 SGB IX den BR/PR bei der Prüfung nach Satz 1, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, anzuhören.
  • Der Arbeitgeber muss nach § 164 Abs. 1 S. 2 SGB IX frühzeitig vor jeder externen Stellenausschreibung mit der zuständigen Agentur für Arbeit Kontakt aufnehmen und sie mit einer möglichst genauen Beschreibung über den Arbeitsplatz informieren und eine Vermittlung beauftragen, damit die Bundesagentur für Arbeit geeignete arbeitssuchende bzw. arbeitslos gemeldete schwerbehinderte Menschen vorschlagen kann.
  • Der Arbeitgeber muss die SBV gemäß § 164 Abs. 1 S. 4 SGB IX über alle Vermittlungsvorschläge und Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang unterrichten. Dies damit die SBV ihr Einsichtsrecht in alle Bewerbungsunterlagen und ihr Teilnahmerecht an allen Vorstellungsgesprächen sofort nachkommen kann. Die SBV ist vor einer Entscheidung des Arbeitgebers nach § 178 Abs. 2 SGB IX anzuhören.
  • Der Arbeitgeber muss den BR/PR über alle Vermittlungsvorschläge und Bewerbungen unmittelbar unterrichten. Ein Sammeln von Bewerbungen oder Vorselektion ist unzulässig.
  • Wenn die SBV mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden ist und der Arbeitgeber die Beschäftigungspflicht aus § 154 SGB IX nicht erfüllt, dann hat der Arbeitgeber gemäß § 164 Abs. 1 S. 7 und 8 SGB IX ihre Einstellungsentscheidung unter Angabe von Gründen mit der SBV, wobei der/die betroffene(n) schwerbehinderte(n) Bewerber angehört wird/werden, zu erörtern.
  • Wenn der BR/PR mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden ist und der Arbeitgeber die Beschäftigungspflicht nach § 154 SGB IX nicht erfüllt, dann hat der Arbeitgeber gemäß § 164 Abs. 1 S. 7 und 8 SGB IX ihre Einstellungsentscheidung unter Angabe von Gründen mit dem BR/PR zu erörtern. Dabei wird der/die betroffene(n) schwerbehinderte(n) Bewerber angehört.
  • Die SBV, der BR/PR und der/die schwerbehinderte(n) Bewerber sind unverzüglich unter Darlegung der Gründe über die getroffene Entscheidung des Arbeitgebers nach § 164 Abs. 1 S. 9 SGB IX zu unterrichten.

Es ist einiges zu tun, bevor eine Stelle z.B. intern ausgeschrieben werden kann. Sollte bei einer internen Ausschreibung doch eine externe Einstellung erfolgen, ist die Stelle selbstverständlich "frühzeitig" der Agentur für Arbeit zu melden.
Bei öffentlichen Arbeitgeber ist zusätzlich § 165 SGB IX zu beachten.

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Gruß
Wolfgang


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