Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsgespräche (Einstellung)

Wolfgang E., Wednesday, 27.06.2007, 09:52 (vor 6165 Tagen) @ Stefan

» Mein AG behauptet, dass die SBV nur an den Einstellungsgesprächen der schwerbehinderten Menschen teilnehmen darf. Die Teilnahme an den anderen verweigert er.

Schwerbehinderte Menschen dürfen bei der Besetzung von offenen Stellen nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Auf der Grundlage von § 81 Abs. 1 SGB IX ist die SBV bei vorliegenden Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen umfassend im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens zu beteiligen. Dies schließt auch das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und die Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen ein (§ 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX). Das Beteiligungsrecht der SBV besteht sowohl bei externen als auch bei internen Ausschreibungen.

Das Recht der SBV an der Verfahrensbeteiligung - und damit auch an der Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen - besteht dann nicht, wenn ein schwerbehinderter Mensch dies ausdrücklich ablehnt (§ 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX) und damit auf die Wahrnehmung seiner Interessen durch die SBV verzichtet, da dem schwerbehinderten Bewerber gegen seinen Willen keine Betreuung aufgedrängt werden darf. Die SBV wird dadurch im Besetzungsverfahren aber nur im Hinblick auf die Bewerbung dieses schwerbehinderten Menschen ausgeschlossen, nicht aber hinsichtlich evtl. weiterer schwerbehinderter Bewerber.

Nichtbehinderte können die Beteiligung der SBV schon nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX nicht ablehnen. Ein derartiges Ablehnungsrecht liefe auch dem Sinn und Zweck dieser Regelung zuwider, da das gesetzliche Beteiligungsrecht der SBV ansonsten ausgehöhlt werden würde bzw. wertlos wäre, da es für die SBV keine Vergleichsmöglichkeit gäbe. Ein Vergleich der Eignung und Qualifikation im Rahmen der Prüfung, ob schwerbehinderte Bewerber und Bewerberinnen wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden, wäre so unmöglich (LPK-SGB IX § 95 Rn. 36a).

Eine Verweigerung des Arbeitsgeber wäre zudem eine Behinderung der Amtstätigkeit der SBV (§ 96 Abs. 2 SGB IX) sowie ein Verstoß gegen das gesetzliche Gebot der engen Zusammenarbeit ([link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99[/link] Abs. 1 SGB IX) und damit Rechtsbruch mit der Folge, dass der Betriebsrat berechtigt ist, die Zustimmung wegen Gesetzesverstoß zu verweigern (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Die teils entgegenstehende frühere Rechtsprechung aus den 80-er Jahren zum damaligen Schwerbehindertengesetz ist durch das Sozialgesetzbuch IX überholt.

Kontextlink:
Unterrichtung des BR über Vorstellungsgespräche


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