Keine vertrauensperson (Wahlen)

Emilie, Wednesday, 25.01.2006, 12:59 (vor 6675 Tagen)

Hallo zusammen, ich habe dieses Forum vor einigen Tagen entdeckt und bin ganz begeistert!
Also, bei uns im Betrieb (Wohnheim für Behinderte) gibt es mehr als 5 schwerbehinderte bzw. gleichgestelle Arbeitnehmer. Auch ich gehöre dazu. Es gibt keine Vertrauensperson. Der Betriebsrat sagt, dass die Schwerbehinderten vom Betriebsrat vertreten werden.
Allerdings muß ich mir von einer Betriebsratkollegen Vorwürfe machen lassen, weil ich fünf Tage mehr Uralub habe. Sie ist sehr zrnig darüber.
Was kann ich tun, damit wir eine Vertrauensperson bekommen.
Freue mich über eine Antwort. Liebe Grüße Emilie

Keine vertrauensperson

Emilie, Wednesday, 25.01.2006, 16:37 (vor 6675 Tagen) @ Emilie

Lieber Hans-Peter, ich danke dir für die schnelle Antwort. Habe auch die gesetzlichen Grundlagen gelesen. Leider will der Betriebsrat keine Vertrauensperson. Wie kann ich allein etwas tun dagegen> Liebe Grüße Emilie

Keine vertrauensperson

hackenberger, Wednesday, 25.01.2006, 21:15 (vor 6675 Tagen) @ Emilie

Hallo Emilie,

es geht ganz einfach wie folgt:
Rechtsgrundlage: Das vereinfachte Wahlverfahren (§18-21 SchwbVWO)

Besteht der Betrieb nicht aus räumlich weit auseinander liegenden Teilen und sind dort weniger als 50 Wahlberechtigte beschäftigt, ist die Schwerbehindertenvertretung in einem vereinfachten Wahlverfahren zu wählen.
Die Bestellung des Wahlvorstandes ist nur im förmlichen Wahlverfahren zwingend erforderlich, nicht im vereinfachten Wahlverfahren. Die Aufgabe der Durchführung der Wahl übernehmen im vereinfachten Wahlverfahren die Wahlversammlung und der/die von ihr gewählte WahlleiterIn. Zur Wahlversammlung laden entweder das Integrationsamt (§ 94 Abs. 6 Satz 4 SGB IX), die Schwerbehindertenvertretung oder drei Wahlberechtigte oder der Betriebsrat bzw. Personalrat (§ 93 SGB IX) oder das Integrationsamt ein.

Also: 2 weitere Schwerbehinderte suchen und zur Wahlversammlung einladen. Das Ingegrationsamt oder aber auch Deine Gewerkschaft geben gern Hilfestellung. Aber Du kannst sofern es eine gibt, auch die Gesamtschwerbehindertenvertretung Deines Unternehmens bitten zu helfen. Und nun nur noch viel Erfolg.

Du weist ja auch: Hier im Forum findest Du immer Rat und Hilfe. Schaue Dir auch einmal die Einträge auf diesen Webseiten genau an: http://www.schwbv.de/wahlen.html

Keine vertrauensperson

Emilie, Thursday, 26.01.2006, 09:11 (vor 6674 Tagen) @ hackenberger

Vielen Dank Bernhard, ich bin echt begeistert wie schnell ich hier Rat bekommen habe. Ganz liebe Grüße Emilie

Keine vertrauensperson

Hummel, Friday, 10.02.2006, 13:00 (vor 6659 Tagen) @ Emilie

» Lieber Hans-Peter, ich danke dir für die schnelle Antwort. Habe auch die
» gesetzlichen Grundlagen gelesen. Leider will der Betriebsrat keine
» Vertrauensperson. Wie kann ich allein etwas tun dagegen> Liebe Grüße
» Emilie
Hallo Emilie
ich kenne dieses Problem das sehr vielen Betriebsräten anhaftet. Eine gute, positive Zusammenarbeit BR/ SchV. gibt es noch viel zu selten. Deshalb wäre meine Wunschvorstellung das der Gesetzgeber den Schwerbehindertenvertretungen nicht zur Durchsetzung der Belange von Schwerbehinderten, den Betriebsrat vorschaltet.
Hummel

Betriebsrat will keine Schwerbehindertenvertretung

Wolfgang E., Saturday, 11.02.2006, 18:05 (vor 6658 Tagen) @ Emilie

» Es gibt keine Vertrauensperson. Der Betriebsrat sagt, dass die Schwerbehinderten vom Betriebsrat vertreten werden.

Der Betriebsrat scheint seine Amtspflichten nicht ganz ernst zu nehmen, denn er hat die gesetzliche Amtspflicht, auf die Wahl einer (örtlichen) Schwerbehindertenvertretung hinzuwirken (§ 93 Satz 2 SGB IX). Kommt er dieser grundlegenden Amtspflicht nicht nach bzw. versucht er gar eine SBV-Wahl zu verhindern, kann dies als schwere Amtspflichtverletzung des BR angesehen werden. Gibt es eigentlich einen förmlichen BR-Beschluss, entgegen § 19 Abs. 2 SchwbVWO nicht zur Wahlversammlung einzuladen>

Es ist zwar auch allgemeine Aufgabe des BR, die Eingliederung schwerbehinderter Personen zu fördern (§ 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG) Die Wahl einer SBV ist aber schon deshalb erforderlich, weil die Vertrauensperson (zur Sicherung der Integration schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben) nämlich teils ganz andere und viel weitergehende bzw. unterschiedliche Befugnisse hat als der Betriebsrat als Gremium und als der BR-Vorsitzende bzw. einzelne BR-Mitglieder. So ist die SBV - im Gegensatz zum BR - etwa bei Aufhebungsverträgen vorher anzuhören (§ 95 Abs. 2 SGB IX), ist Verbindungsperson zum Integrationsamt ([link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99[/link] Abs. 2 Satz 1 SGB IX), braucht für Schulungen zum Schwerbehindertenrecht keinen BR-Beschluss (§ 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX), um nur einige wenige zusätzliche SBV-Aufgaben und Befugnisse zu nennen, die der BR so nicht hat. Nach neuester Rechtsprechung hat die SBV wohl auch das Recht, an konstituierenden BR-Sitzungen teilzunehmen (§ 95 Abs. 4 SGB IX, § 29 Abs. 1 BetrVG).

Vermutlich ist davon auszugehen, dass für das Behindertenwohnheim das vereinfachte Wahlverfahren mit Wahlleiter in einer Wahlversammlung durchzuführen ist. Vor der Einleitung einer SBV-Wahl muss aber unbedingt abgeklärt werden, ob es eine Gesamt-SBV für das erwähnte Behindertenwohnheim gibt. Ist dies der Fall, wäre es nämlich nicht Sache des PR, sondern Aufgabe der zuständigen Gesamt-SBV, die Wahl einer örtlichen SBV einzuleiten (§ 97 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 Satz 1 SGB IX, § 19 Abs. 1 SchwbVWO), was Bernhard ja bereits angedeutet hat.

Zur üblen bzw. diskriminierenden "Neiddiskussion" wg. Zusatzurlaub möchte ich lediglich anmerken, dass der Arbeitgeber u.U. bis zu 260 Euro monatlich pro Beschäftigten schwerbehinderten Menschen an Ausgleichsabgabe sparen kann. Es ist erschreckend, dass solche mit Vorurteilen behaftete und für Nachteilsausgleiche - nicht Privilegien und nicht Almosen! - wenig sensibilisierte Personen in (möglicherweise mit öffentlichen Geldern geförderte) Behinderteneinrichtungen beschäftigt werden und dort auch noch in den Betriebsrat gewählt werden. Hier wird einiges an Überzeugungsarbeit auf die neu zu wählende Schwerbehindertenvertretung zukommen, damit der BR nicht mehr als "Agitationsforum" gegen gesetzliche Nachteilsausgleiche missbraucht werden kann!!

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