SBV-Beteiligung an Arbeitsgruppen (§ 28a BetrVG) (Umgang mit BR / PR)

Wolfgang E., Monday, 16.05.2005, 16:04 (vor 6932 Tagen) @ Jörn

» Im Gesetz steht, dass ich an allen Sitzungen des BR teilnehmen darf. Wie sieht das mit den Arbeitsgruppen aus, die über Betriebsvereinbarungen sprechen> Habe ich als SBV ein Recht auf einen Patz>

Der Gesetzgeber hat der SBV ein umfassend ausgestaltetes beratendes Teilnahmerecht an Sitzungen des BR und dessen Ausschüssen eingeräumt, auch an den „gemeinsamen Ausschüssen“ des BR und des Arbeitgebers gemäß § 28 Abs. 2 BetrVG sowie dem vom Arbeitgeber zu bildenden „Arbeitsschutzausschuss“ nach § 11 ASiG (vgl. dazu Düwell, ArbuR 1993, 348). Dies auch deshalb, weil nach dem Willen des Gesetzgebers die besondere Sensibilisierung, das Erfahrungswissen und die Fachkompetenz der SBV auf dem Spezialgebiet des Schwerbehindertenrechts bei allen Entscheidungen, die sich unmittelbar oder mittelbar auf schwerbehinderte oder diesen gleichgestellten behinderten Menschen sowie auf behindert oder von Behinderung bedrohten Menschen auswirken können, einfließen soll.

Erfahrungsgemäß können für derartige Fragen nicht besonders geschulte Interessensvertretungen mangels Spezialwissen auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts ohne SBV-Beteiligung bei der Vielzahl der Kombination chronischer Erkrankungen und Behinderungsarten mit den unterschiedlichsten Auswirkungen im Arbeitsleben vielfach nicht oder nicht hinreichend einschätzen, in welcher Weise sich ihre Entscheidungen auf diesen Personenkreis im Arbeitsleben auswirken (können).

Daher hat der Gesetzgeber dieses umfassend ausgestaltete beratende SBV-Teilnahmerecht ganz bewusst nicht zur Disposition (anderer Interessensvertretungen und des Arbeitgebers) gestellt. Davon ausgehend dürfte sich ein SBV-Teilnahmerechts an Arbeitsgruppen (§ 28a BetrVG) schon aus folgenden Gesichtspunkten ergeben:

Befasst sich der BR oder einer seiner Ausschüsse selbst mit einer Angelegenheit, ist eine SBV-Teilnahme an den Sitzungen unstrittig.

Tritt er hingegen durch BR-Beschluss aufgrund einer Rahmenvereinbarung nach § 28a BetrVG bestimmte Aufgaben bzw. Befugnisse an Arbeitsgruppen ab (zur eigenständigen Erledigung) und würde man für den Fall einer solchen Delegation von „Betriebsratsaufgaben“ auf einzelne Arbeitsgruppen ein SBV-Teilnahmerecht an den Sitzungen der Arbeitsgruppen verneinen, wäre dies im Ergebnis wohl nichts anderes als eine unzulässige Umgehung des SBV-Teilnahmerechts sowie letztlich eine „Aushebelung“ des SBV-Rechts auf Aussetzung von Beschlüssen.

Die Interessenslage bleibt also die gleiche, gleichgültig, ob die „Betriebsratsaufgabe“ vom BR selbst oder von der von ihm bestimmten Arbeitsgruppe erledigt wird. Es gibt demnach keinen sachlichen Grund bezüglich des SBV-Teilnahmerechts zu differenzieren. Eine Differenzierung wäre sachlich nicht zu rechtfertigen und daher willkürlich.

Der BR kann zwar beschließen, dass er bestimmte Angelegenheiten von Arbeitsgruppen beraten und entscheiden lässt und die Gruppe mit dem Arbeitgeber „Vereinbarungen“ abschließt. Er kann auch beschließen, dass kein BR-Mitglied der Arbeitsgruppe als vorsitzendes, stimmberechtigtes, beratendes oder beobachtendes Mitglied angehört. Er kann sich also ggf. selbst teilweise oder komplett von der Gruppenarbeit „ausschließen“. Dies alles erstreckt sich aber nicht auf das beratende SBV-Teilnahmerecht an der Arbeitsgruppe, zumal es sich bei der SBV um eine eigenständige, dem BR nicht „nachgeordnete“ Interessensvertretung handelt, und der Betriebsrat SBV-Rechte nicht delegieren kann.

Da das SBV-Teilnahmerecht nicht zur Disposition des BR steht und der BR selbst durch einstimmigen Beschluss die SBV nicht von bestimmten übertragungsfähigen Sachverhalten ausschließen könnte, muss von einem SBV-Teilnahrecht auch an den Sitzungen der Arbeitsgruppen ausgegangen werden (vgl. dazu mit „historischer“ Begründung Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, Standardkommentar zum SGB IX, 10. Auflage, Rn. 14 zu § 95; ebenso PK-SGB IX/Kossens, § 95 Rn. 20 und [link=http://www.bund-verlag.de/shop/product_info.php>info=p2061_BetrVG-Formularbuch.html]Däubler/Kittner/Klebe,[/link] Betriebsverfassungsgesetz, 9. Auflage 2004, Rn. 4 zu § 32 BetrVG und [link=http://shop2.kohlhammer.de/shopX/shops/kohlhammer/appDE/exec_DLE.php>target=product&product=978-3-17-018016-1]Ernst/Adlhoch/Seel[/link], SGB IX, Rn. 67 zu § 95).

Kontextlink:
www.aus-innovativ.de/themen/gruppenarbeit_5712.htm


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion