Frage zu Ablehnung Mehrarbeit / BV Gleitzeit (Allgemeines)

WoBi, Tuesday, 18.06.2019, 11:09 (vor 1774 Tagen) @ sachse

Hallo sachse,

die abgeschlossene Regelung zur Altersteilzeit wird derzeit nicht berührt, denn die „aktive“ Phase beginnt erst in zwei Jahren.

Wie von mir beschrieben ist hier zwischen Überstunden und Mehrarbeit zu unterscheiden. Die Zeit zwischen 7:42 und 8:00 Stunden pro Tag sind „Über-(stunden)-minuten“. Erst nach 8:00 Stunden würde Mehrarbeit beginnen. Soweit die gesetzliche Regelung nach dem ArbZG. Bei dir gelten abweichend und ergänzend die Regelungen aus dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) und der jeweiligen Ausprägung TvöD-x und die dort beschriebenen Ausgleichszeiträume, … .

Bei Anwendung von § 207 SGB IX kann der Arbeitgeber keine Mehrarbeit von dem schwerbehinderten Menschen abverlangen, also im Sinne es muss Mehrarbeit geleistet werden. Der schwerbehinderte Mensch ist nicht verpflichtet angeordnete Mehrarbeit zu leisten, er kann also „Nein“ sagen, ohne dass ihm deshalb Nachteile entstehen dürfen. Das besagt aber nicht, dass der schwerbehinderte Mensch keine Mehrarbeit durchführen kann. Ich gehe sogar soweit, dass wenn der Arbeitgeber z.B. für die ganze Abteilung Mehrarbeit beantragt und nach Genehmigung anordnet und dabei die/den schwerbehinderten Menschen generell von Mehrarbeit im Vorfeld der Beantragung bereits ausschließt, hier eine Benachteiligung nach dem AGG vorliegen würde.

Die zu leistende Arbeitsinhalte ist so zu planen, dass die geforderte Arbeitsleistung bei angemessener Anspannung der geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung der Gesundheit in der normalen Arbeitszeit zu leisten ist. Denn grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer nur verpflichtet, eine Arbeitsleistung mittlerer Art und Güte zu erbringen. Dies gilt auch für Dienstreisen. Wenn hier bereits die normale Arbeitszeit bei der Vorplanung oder sogar die Höchstarbeitszeit nach dem ArbZG überschritten werden, liegt hier ein Fehler in der Arbeitszuteilung/Aufgabenplanung vor. Bei Berücksichtigung von bekannten Einflussfaktoren in die Planung und „unvorhersehbare“ Ereignisse liegt die Entscheidung bei dem Reisenden und die dafür vorgesehenen Regelungen z.B. weitere Übernachtung. Hier hat der Arbeitgeber Vorkehrungen zu treffen und kann sich nicht auf den (wiederkehrenden) „Notfall“ berufen.
Ein genereller Ausschluss von Dienstreisen für schwerbehinderte Beschäftigte wäre eine Benachteiligung im Sinne des AGG.

Die Zeiterfassung und die Gleitzeitvereinbarung sind betriebliche Regelungen. Hier werde Zeiten erfasst, die vorrangig bei Positivstand zu einem Freizeitausgleich führen sollen. Es gilt weiterhin der Grundsatz, dass geleistete Arbeit zu vergüten ist. Es sind „Über-(stunden)-minuten“ und keine angeordnete Mehrarbeit. Aber Zeit = Geld.
Die vermutete Ableitung von dir bezüglich der Inanspruchnahme der gesetzlichen Regelung nach § 207 SGB IX und der Gleitzeiterfassung wäre eine verbotene Maßregelung des schwerbehinderten Arbeitnehmers. Hier wären die betrieblichen Interessensvertreter zum Einschreiten gefordert.

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Gruß
Wolfgang


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