Direktionsrecht bei sb und gl Mitarbeitern (Umgang mit Arbeitgeber)

WoBi, Wednesday, 24.07.2019, 17:35 (vor 1710 Tagen) @ Moana

Hallo Moana,

das „Direktionsrecht“ ist in der Rechtepyramide nicht hoch angesiedelt. Das „Direktionsrecht“ steht unterhalb des Arbeitsvertrages ganz unten. Tarifrecht und gesetzliche Regelungen stehen über dem Arbeitsvertrag und sind durch den Arbeitgeber bei der Anwendung zu beachten.

In der Gewerbeordnung § 106 (GewO) ist definiert:
„Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.“

Vergleichbar ist im Bürgerlichen Gesetzbuch § 315 (BGB) geregelt:
„(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.“

Nachdem das BetrVG zu Anwendung kommt, ist durch den BR zu prüfen, ob ein Mitbestimmungstatbestand z.B. eine Versetzung vorliegt. Dies wird der BR bei oberflächlicher Betrachtung verneinen, weil der Arbeitseinsatz nicht „voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet“. Der BR übersieht gelegentlich den zweiten Teil „oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.“ Bei „erheblichen Änderung der Umstände“ liegt eine mitbestimmungspflichtige Versetzung gemäß „oder“ sofort vor. Also dem BR auf § 95 Abs. 3 i.V.m. § 99 BetrVG hinweisen.
Dem BR kann die angesprochenen Unterschiede in der Leistungserbringung bei der Prüfung berücksichtigen. Denn die Arbeitsbedingungen unterscheiden sich doch z.B. zwischen Freilager, Hochregallage oder TK-Lager erheblich. Es wurden dazu Beispiele in der Frage angeführt.
Ein BR, der seine Mitbestimmungsrechte nicht wahrnimmt, übt keine ordnungsgemäße Ehrenamtsausübung aus. :-P

Aus diesem Zusammenhang ist erkennbar, warum eine SBV einen Schulungsbedarf/-anspruch an Grundkenntnisse im Betriebsrats- und Arbeitsrecht hat. Denn nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX überwacht die SBV, dass die zugunsten schwerbehinderten Menschen geltenden Gesetze durchgeführt werden.

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Gruß
Wolfgang


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