Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes während AU? (BEM)

hackenberger, Sunday, 06.09.2009, 11:10 (vor 5368 Tagen) @ pacodecolonia

Hallo Paco,

es ist so wie ich schon des öfftern erwähnt habe.

Der § 84 SGB IX, und zwar die Abs. 1 und 2, bedingt eine Initiativpflicht des Arbeitgebers.

Die Missachtung Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen gem. SGB IX kann ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen das AGG darstellen. Dieses wiederum kann dann dazu führen, dass das Gericht Beweislastumkehr zulässt. Dann muss nicht der Kläger (AN) beweisen, dass der AG Pflichtwidrig gehandelt hat und bei pflichtgemäßem Handeln des AG die Folgen abwendbar gewesen wären, hier also das Beschäftigungsverhältnis nicht gefährdet wäre.

Hieraus ergibt sich dann auch i.d.R. ein Schadenersatzanspruch wie er aus dem Urteil hervorgeht.

Da hier der/die Betroffene ja eine Kündigung beabsichtigt ergibt dieses dann auch eine gute Grindlage für eine angemessene Abfindung. Ob auch weitere Ansprüche aus dem AGG, wegen dem AG zurechenbares Fehlverhalten wie z.B. ein Schmerzensgeldanspruch besteht, müsste ein Gericht entscheiden.

Weiter eine Missachtung des § 84 SGB IX führt i.d.R. auch zu einer Sozialwidrigkeit einer Kündigung, aber Voraussetzungen sind dann auch i.d.R., dass bezogen auf Abs. 1 der Kündigungsgrund mit der Schwerbehinderung im Zusammenhang steht und bezogen auf Abs. 2, dass diese unter Beachtung dessen vermeidbar gewesen wäre.

Ich selbst war Zuschauer einer Verhandlung vor dem BAG, in welcher es um eine Kündigung eines Schwerbehinderten, wegen Arbeitspflichtverletzung und Arbeitszeitbetrug, ging und der § 84 Abs. 1 SGB IX nicht angewandt wurde. Hier hatte die Klage des Schwerbehinderten wegen der Kündigung keinen Erfolg, da der Grund nicht mit der Behinderung im Zusammenhang stand und die Anwendung keine Abhilfe geschaffen hätte.

Du erkennst es gibt nicht nur schwarz/ weiß.

Wie nun ein Gericht in diesem konkreten Fall entscheiden würde bleibt offen. Obwohl ich hier durchaus eine Chance sehen könnte. Auf alle Fälle wären dieses Urteil und ein guter Anwalt eine Chance auf eine angemessene Abfindung.

Die Knackpunkte sind hier:

# Der AG muss sich auch das Fehlverhalten der Koll. (ggf. Mobbing) zurechnen lassen.
# Hat der AG seine Pflichten sein zumutbares erfüllt>
# Bei Mobbing muss sich nicht zwangweise daraus ein Anspruch auf einen anderen Arbeitsplatz ergeben, es kann da ausreichen, dass der AG auf das Verhalten der Koll. hinwirkt.
# Sofern die Pflicht zum BEM bestand, muss der AG dieses anbieten, was er ja zu mindest teilweise erfüllt hat. Es müssen dann aber auch die medizinischen Vorraussetzungen für eine Wiedereingliederung gegeben sein um ein solches umsetzen zu können oder zumindest den Versuch zu starten.
# Hier wäre dann noch zu Prüfen, ist der AG seine Pflichten als Arbeitgeber nachgekommen und hat die Rechte schwerbehinderter Menschen gem. § 81 Abs. 4 SGB IX beachtet>

Dieses alles zu werten und dann zu entscheiden, wäre Sache des Arbeitsgerichtes oder im Rahmen einer Verhandlung über eine Abfindung eines Anwaltes.

Doch wie heißt es in einem Spruch "Auf Hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand".


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