BTHG Neuerung (Allgemeines)

Cebulon, Friday, 23.06.2017, 11:15 (vor 2502 Tagen) @ ciralifan

Momentan ist dies analog zu BAG Urteilen
kein Verhinderungs-/ Vertretungsgrund.

Vgl. aber grundlegend BTHG-Handbuch Düwell/Beyer, "Das neue Recht für behinderte Beschäftigte" 2017 Rdnr. 50/53 zur "Neuregelung des Vertretungsfalles", (ein überaus lesenswertes sowie fundiertes Stan­dard­werk zu dem BTHG mit zahlreichen Praxisbeispielen, Tabellen, Übersichten, Grafiken, Fundstellen sowie umfänglicher Synopse mit Hinweisen auf im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren nicht entdeckte Gesetzeslücken und redaktionelle BTHG-Fehler), auszugsweise Seite 49:

"In § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind die Wörter „durch Abwesenheit oder Wahrnehmung anderer Aufgaben“ gestrichen. Der konsolidierte Text der Norm lautet dann mit Kennzeichnung der Änderung durch U­nterstreich­ung: „In Betrieben und Dienststellen, in denen we­nigs­tens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorüber­ge­hend beschäftigt sind, werden eine Ver­trau­ens­per­son und wenigstens ein stell­ver­tre­ten­des Mitglied gewählt, das die Ver­trau­ens­per­son im Falle der Verhinderung vertritt.“ Durch die die Streichung der einschränkenden Gründe soll auch eine Vertretung durch ein stell­ver­tre­ten­des Mitglied in den Fällen vorgeschrieben werden, in denen die Ver­trau­ens­per­son befangen sein könnte.

Damit wird Entscheidung des BAG aus 2013 korrigiert. Das BAG hatte damals nämlich wegen der fehlenden Entscheidungsbefugnis der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­g erkannt: „Erwägungen der Gesetzessystematik (sprechen) gegen eine „Befangenheit der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­g im Rechtssinn“.51 Deshalb hatte das BAG im Streitfall den Einwand eines Arbeitgebers zurückgewiesen, er sei von seiner Verpflichtung ent­bun­den gewesen, die Ver­trau­ens­per­son nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX zu unterrichten, weil diese wegen einer Eigenbewerbung befangen gewesen sei. Obwohl das BAG gegen die Annahme einer Befangenheit die systematischen Bedenken52 geäußert hatte, nahm der Gesetzgeber die Änderung vor. Damit ist seit dem 30.12.2016 die Einschränkung der Ver­hin­de­rungsgrün­de weggefallen. Deshalb muss die Ver­trau­ens­per­son in den Fällen, in denen sie individuell und unmittelbar be­trof­fe­n ist und damit „befangen“ sein könnte, durch das zuständige stell­ver­tre­ten­de Mitglied vertreten werden ..."

51 BAG, 22.08.2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 45
52 So Düwell, jurisPR-ArbR 38/2016, Anm. 1

NB Die SGB IX-Änderung entspricht übrigens inhaltlich genau der früheren Vertretungsregelung im vormaligen § 21 Abs. 1 SchwbG bis 1986, im § 24 Abs. 1 SchwbG bis zum Jahr 2000. Hat jemand noch einen Kommentar zum früheren SchwbG?

Gruß,
Cebulon


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion