BEM-Gespräch als Personalbeurteilungsversuch (BEM)

Hr.Rautenberg, Wednesday, 12.09.2018, 00:33 (vor 2053 Tagen) @ Pernille

Hallo Pernille!

Das ist ein klassischer Fall von fehlenden Wissen von Rechtsraumabgrenzungen. Und zwar bei den gesetzlichen Interessenvertretern.

Dem Arbeitgeber ist sonnenklar, dass seine Verpflichtung aus § 167 (2) SGB IX eine hoheitliche Aufgabe ist. Er muss das durchführen, auch wenn es keinen Betriebsrat, Personalrat oder Schwerbehindertenvertrauensperson gibt. Allerdings wird diese Regelung damit auch nicht mitbestimmt. Die Verpflichtung zur Mitbestimmung ergibt sich auch für Betriebs- und Personalräte aus § 167 SGB IX. Mitbestimmung bedeutet hier, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Verpflichtungen vollumfänglich dazu beiträgt alle arbeitsplatz-,arbeitsorganisatorisch oder arbeitszeitbedingten Widrigkeiten, die zu einer weiteren Arbeitsunfähigkeit führen könnten durch eine Gefährdungsbeurteilungen inkl. psychische Gefährdungen durch Vorgesetzte [siehe Gesprächsleitfaden] oder Kolleg[inn]en personenbezogen ermittelt muss. Ein mitbestimmter Gesprächsleitfaden, an dem man sich sklavisch halten muss sieht deutlich anders aus.

Aber auch hier gibt es Arbeitgeber, die so tun, als gäbe es einen Unterschied zwischen dem BEM und Krankenrückkehrgesprächen (Fürsorgespräche u. a. Synonyme) insoweit [und so sieht der Gesprächsleitfaden aus], da das BEM nur zwingend ist für Fehlzeiten oberhalb von 41 Kalendertagen bzw. sechs Wochen. Das kann sogar dazu führen, dass mitbestimmte sanfte BEM Gespräche geführt werden und gleichzeitig knallharte Krankenrückkehrgespräche. Hier hat unser Anwalt schon vor unserer Zeit einen höchstrichterlichen BAG Riegel vorgeschoben, weil auch solche Gespräche [abgeleitet unter 42 Kalendertagen] erzwingbar mitbestimmungspflichtig sind [AZ.: 1 BAG 8.11.1994 ABR 22 / 94]. Die BEM Regelung kam sogar erst später auf den Markt.

Es besteht also wegen fehlender Ausübung der Mitbestimmung die Gefahr, dass ein Betriebs- oder Personalrat selbst so tut, als würde er nicht existieren und eine SBV kann hier nichts machen, weil es keine erzwingbaren Mitbestimmungsrechte hat.

Der nächstliegende Schritt kann also nur sein mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht des Vertrauens als Betriebsrat eine einstweilige Verfügung wegen Verstoßes gegen diverse Rechte aus § 87 BetrVG [Hinweis Aktenzeichen s.o.] zu erwirken und unmittelbar den Arbeitgeber zu Verhandlungen zu einer umfassenden BV BEM aufzufordern. Alles andere wäre Schaumschlägerei, die zu nichts führt und Zeit vergeudet.

Dies ändert jedoch nichts an der hoheitlichen Arbeitgeberpflicht zum BEM. Ein Betriebsrat hat hier höchsten Handlungsdruck. Ich verweise hier auf die Betriebsvereinbarungssammlung der Hans Böckler Stiftung:

Hans Böckler Stifung Auswertungs- / Gestaltungshilfen


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