Interne Ausschreibung-Privatunternehmen (Einstellung)

WoBi, Monday, 28.09.2020, 17:28 (vor 1278 Tagen) @ Vertigo

Hallo Vertigo,

das heißt doch, dass eine interne Stelle nicht ausgeschrieben werden müsste, wenn es innerhalb des Unternehmens eine/n ausreichend qualifizierte/n schwerbehinderte/n oder gleichgestellte/n Mitarbeiter/in gibt, der/die diese Stelle besetzen könnte und auch möchte.

Ja, denn der Arbeitgeber hat (sind verpflichtet) vor einer Stellenausschreibung mit Beteiligung der SBV und dem BR zu prüfen, ob die Stelle mit bereits schwerbehinderte/gleichgestellte Beschäftigte besetzt werden kann.

Sollte eine solche schwerbehinderte/r Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter für die neue Stelle eine kurze Weiterbildung benötigen, müsste sie dann auch eingestellt werden und wäre kein Bewerbungsverfahren nötig?

Es wird niemand eingestellt, sondern schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte werden versetzt oder ggf. befördert. Es kann ein Weiterbildungsbedarf ggf. bei der Vorprüfung festgestellt werden. Dieser Bedarf kann zu Maßnahmen zur Förderung des beruflichen Fortkommens führen.

Er oder sie hätte ja keine gleiche Eignung gegenüber externen Bewerbern oder internen nicht schwerbehinderten Bewerbern die eine erforderliche Weiterbildung hätten.

Dies kann zum Zeitpunkt der Vorprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht festgestellt werden. Diese Konkurrenzsituation ist zu diesem frühen Zeitpunkt nicht gegeben. Genau darin liegt die gesetzlich erwünschte Fördermöglichkeit für (schwer-)behinderte Beschäftigte.
Wenn diese "Lücke" kompensierbar ist und die SBV dies mit einer guten Argumentation verkaufen kann.

Wird schwierig, wenn es beispielsweise interne nicht behinderte Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen gibt, die diese Ausbildung schon vorweisen könnten.

Diese Personen werden nicht in die Vorprüfung einbezogen. Stellen also zu diesem Zeitpunkt keine Mitbewerber um die neue, freie oder freiwerdende Stelle dar.
Es stellt sich auch die Frage, warum andere nicht behinderte Beschäftige diese Weiterbildung haben. Hier kann z.B. der Gleichbehandlungsgrundsatz überprüft werden.

Müssen Stellen nicht immer generell ausgeschrieben werden? Wenn auch nur im Minimum intern?

Dies Obliegt für die interne Ausschreibung der Forderung des BR nach § 93 BetrVG. Aber nur für Stellen, die auch nach der Vorprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX noch besetzt werden sollen. Dies wäre dann z.B. der freie Arbeitsplatz, der durch die Versetzung / Beförderung frei würde und ggf. nicht durch die Vorprüfung besetzt werden kann.

Die Arbeitgeber argumentieren immer damit, dass andere Bewerber, die vielleicht nicht schwerbehindert oder gleichgestellt sind und eventuell besser qualifiziert sind, dadurch benachteiligt werden.

Weil ich keine Behinderung habe, kann ich nicht aus behinderungsbedingten Gründen benachteiligt werden. Nichtbehinderung ist kein Merkmal in § 1 AGG.
Es besteht die Verpflichtung zur Förderung von (schwer-)behinderten Menschen und das Verbot der Benachteiligung wegen Behinderung.
Wie war das mit dem Spatz in der Hand und der Taube auf dem Dach?
Zusätzlich besteht dringender Handlungsbedarf, um die Interessensvertretung unter Druck zu setzen.;-)

Auch möchte der Arbeitgeber nicht warten, bis eine Fortbildung/Weiterbildung erreicht ist, sondern die Stelle sofort (am besten gestern schon) mit jemandem besetzen, der die Fortbildung oder Weiterbildung schon hat.

Deshalb ist die Vorprüfung über alle schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte durchzuführen. Der Arbeitgeber hat die Nichteignung von XX zu begründen und daraus kann sich ein Weiterentwicklungsbedarf ergeben. Es sei hier auf § 164 Abs. 4 SGB IX hingewiesen.

Ich versuche immer durch gute Argumentation oder das Aufzeigen von Hilfen (Antrag auf Teilhabe oder eventuell finanziell unterstützte Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen durch das IA oder die RV) den Arbeitgeber zur Geduld aufzurufen. Und dass diese/r Mitarbeiter/in durch eine Umbesetzung auf Dauer einen leidensgerechteren Arbeitsplatz hätten.

Es wurde bereits auf § 164 Abs. 4 SGB IX und den Anspruch (schwer-)behinderter Menschen gegenüber dem Arbeitgeber hingewiesen. Damit der Arbeitgeber diesen Verpflichtungen nachkommen kann, ist die Vorprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 6 SGB IX erforderlich.

Meist sollen und müssen die Stellen aber umgehend besetzt werden. Der Arbeitgeber möchte nicht warten, bis diese Weiterqualifizierung stattgefunden hat, zumal die Beantragung solcher Hilfen auch noch weitere Zeit in Anspruch nimmt.

Und neue Mitarbeiter stehen an der Ecke und haben keine Kündigungsfristen zu beachten :-P Gibt es keinen Fachkräftemangel? Stellenausschreibung (hier sei auf die "frühzeitige" Kommunikation mit der AfA und die Beauftragung von Vermittlungsvorschlägen erinnert), Bewerbungseingang, Bewerberauswahl, Mitbestimmung brauchen auch ihre Tage.

--
Gruß
Wolfgang


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