Abfrage durch AG, ob geeignete SB bei der AfA gemeldet (Einstellung)

WoBi, Wednesday, 19.11.2008, 12:39 (vor 5655 Tagen) @ hackenberger

Mein Schreiben vom 1.9.2008 an die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen:

Sehr geehrte Frau Evers Meyer,
sehr geehrte Damen und Herren,

beim Lesen im Forum für Schwerbehindertenvertreter bin ich auf folgenden Beitrag gestoßen, in welchem die Meldepflicht von freien Arbeitsplätzen an die Agentur für Arbeit und die Rückmeldung von dort arbeitslosen oder arbeitsuchenden Schwerbehinderten behandelt wird. Ich greife auch die dort vorgetragene Möglichkeit Ihrer Information auf.

Auszug aus http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=7650

Meiner Erfahrung nach, kommen nur wenige Firmen der privaten Wirtschaft dieser Verpflichtung nach. Es war einiges an Aufwand notwendig, um unseren Betriebsrat von dieser gesetzlichen Verpflichtung der Arbeitgeber zu überzeugen. Nur gemeinsam mit dem Betriebsrat konnte ich diese Verpflichtung in den Personalauswahlprozess unserer Personalabteilung einfügen. Hier waren einige Verweigerungen der Zustimmungen zu personellen Einzelmaßnahmen (Einstellungen) nach §99 BetrVG wegen Nichteinhaltung von Gesetze erforderlich, nachdem Gespräche nicht den gewünschten Erfolgt gebracht haben.

Nun laufen die Abfragen bei der örtlichen Agentur für Arbeit. Leider kommen nur negative Rückmeldungen, dass keine geeigneten Bewerber dort gemeldet sind. Habe mich selbst auf die Suche in der Bewerberbörse http://jobboerse.arbeitsagentur.de/ gemacht und mehrere geeignete Bewerber gefunden. Dies hat mich etwas verwirrt und ich habe bei der örtlichen Agentur für Arbeit nachgefragt, warum diese Bewerber uns nicht mitgeteilt worden sind. Die gefundenen Bewerber sind nicht bei der örtlichen Agentur für Arbeit gemeldet, sondern in den Umlandstädten. Die Agentur für Arbeit meldet nur die bei ihr lokal gemeldeten schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen zurück.

Liegt hier ein Ablauffehler bei der Agentur für Arbeit vor> Zumal das SGB IX in §81 schreibt „Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor.“

Diese Erfahrung habe ich in meiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten auch gemacht. Unsere Personalabteilung kommt der Verpflichtung der Meldung von freien Arbeitsplätzen nach und legt dem Betriebsrat die Rückmeldung durch die Agentur für Arbeit bei Einstellungen vor. Leider wurden bisher nur lokal nach geeigneten Bewerbern durch die Agentur für Arbeit gesucht und rückgemeldet. Durch telefonische Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit und der Bundesagentur für Arbeit konnte durch das Vorbringen meines Wunsches nach Verbesserung eine Sensibilisierung für die Problematik erreicht werden. Langfristig werde ich aber dadurch nichts Übergreifendes erreichen können. Handlungsfelder für deutlandsweite nachhaltige Veränderungen sind:

1. Verbesserung der Abläufe in der Agentur für Arbeit, um Rückmeldung auch von gemeldeten geeigneten Schwerbehinderten anderer Agenturen für Arbeit zu erhalten.
Dies ist Voraussetzung, damit die Agentur für Arbeit ihrem Auftrag nachkommen kann. Eine verstärkte Meldung freier Stellen wurde keine Verbesserung bringen, wenn die Rückmeldung nicht übergreifend erfolgt. Die Meldung freier Stellen und die „erwartete negative“ Rückmeldung darf nicht zum ritualisierten Bürokratismus werden, nur um den Betriebsrat zu beruhigen und vereinbarte Einstellungsvoraussetzungen zu erfüllen.

2. Information der Arbeitgeber hinsichtlich der Meldepflicht.
Diese Verpflichtung der Arbeitgeber (vom Einzelunternehmer bis zum Konzern) steht schon lange im Gesetz. Hier würde eine Anfrage durch die Agentur für Arbeit, ob z.B. ein inserierter Arbeitsplatz für Behinderte geeignet ist und einer Belehrung zur Meldepflicht eine Sensibilisierung der Arbeitgeber bewirken. Die Einhaltung gesetzlicher Auflagen ohne Sanktionen ist von der persönlichen Rechtseinstellung und von Nutzen / Mehrwert abhängig. Aufklärung kann eine Veränderung der Einstellung bewirken. Durch Abfrage vor einer Stellenanzeige können Kosten reduziert werden.
Eine andere Möglichkeit wäre die gleichzeitige Information der „Top100“-Firmen der jeweiligen Agentur für Arbeit als eine öffentlichkeitswirksame Aktion.

3. Einführung einer Ordnungswidrigkeit bei „hartnäckigen“ Meldungsverweigerern, also Aufnahme der unterlassenen Meldung geeigneter freier Arbeitsplätze in §156 SGB IX.
Dies sollte erst nach ausreichender Information der Arbeitgeber und einer weiterhin unzureichenden Meldquote erfolgen. Eine Aufnahme als Ordnungswidrigkeit nützt nichts, wenn dies nicht z.B. durch die Agentur für Arbeit verfolgt wird. Vorrangig ist die Bereitschaft zur Beschäftigung schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen erforderlich, dies kann durch Zwang nicht erreicht werden.

Vielleicht können Sie in Ihrer Funktion als Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen eine Verbesserung der Situation erreichen. Hier ist der politische Gestaltungswille gefragt.

Mit freundlichen Grüßen

Auf dieses Schreiben wurde wie folgt geantwortet:

Sehr geehrter Herr xy,

die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer, hat mich gebeten, Ihnen das Ergebnis der von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erbetenen Stellungnahme mitzuteilen.

Die Ausführungen der BA lauten wie folgt:

"……In seinem Schreiben thematisiert Herr xy von der Schwerbehindertenvertretung der ZXY § 81 SGB IX und die in Absatz 1 normierte Pflicht des Arbeitgebers zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. In diesem Kontext zitiert er einen Beitrag aus einem Forum für Schwerbehindertenvertreter, wonach eine nicht näher benannte Agentur für Arbeit keine geeigneten Bewerber vorschlagen würde. Zudem würde diese Agentur nur lokal nach geeigneten Bewerbern suchen. Herr xy führte in diesem Zusammenhang aus, er habe auch diese Erfahrung gemacht.

Die Aussagen im o. g. Schreiben sind allgemein gehalten, so dass sich dahinter stehende FälIe nicht ermitteln bzw. prüfen lassen. Vor diesem Hintergrund sind von hier aus lediglich übergreifend Aussagen zum Umgang mit Stellenangeboten sowie zur Vermittlung schwerbehinderter Menschen möglich.
Dem Thema Arbeitgeberorientierung wird seitens der Bundesagentur für Arbeit ein hoher geschäftspolitischer Stellenwert zugemessen. Sie hat deshalb in den letzten Jahren sukzessiv eine Arbeitgeberorganisation aufgebaut, wobei im Mittelpunkt der sogenannte Arbeitgeber-Service steht. Im Rahmen der Weiterentwicklung dieser Serviceeinheit wurden verstärkt auch die Belange behinderter und schwerbehinderter Menschen sowie des Schwerbehindertenrechts berücksichtigt. Beispielsweise sollen Spezialisten aus dem Reha/SB-Team be-darfsorientiert die Arbeiten im Arbeitgeber-Service unterstützen.

Für die Bewerbersuche sind die Anforderungen im Stellenprofil maßgeblich, die mit dem Arbeitgeber bzw. den Personalverantwortlichen im Betrieb abgesprochen werden. Die Suche selbst erfolgt grundsätzlich auch überregional. Sie kann eingeschränkt sein, etwa wenn der Arbeitgeber besondere Wünsche bzgl. der regionalen Herkunft eines Bewerbers äußert. Die Ergebnisse der Matching-Prozesse werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wobei die Ausgestaltung des Stellenprofils eine wesentliche Rolle spielt. Je spezifischer die mit der zu besetzenden Stelle verbundenen Anforderungen sind - hierzu zählen beispielsweise Qualifikationsebene, Sprachkenntnisse, berufliche Erfahrungen, soziale Qualifikationen oder gesundheitliche Aspekte - desto schwieriger kann sich im Einzelfall auch die Gewinnung geeigneter Arbeitnehmer gestalten. Bei behinderten bzw. schwerbehinderten Arbeitnehmern sind einzelfallbezogen ggf. zusätzlich behinderungsbedingte Tätigkeitseinschränkungen beim Matching zu berücksichtigen.

Ein Verstoß gegen die „Meldepflicht“ nach § 81 Abs. 1 SGB IX kann - anders als ein Verstoß gegen die Beteiligungs- und Anhörungspflicht - nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Insofern können Arbeitgeber allenfalls auf ihre Pflichten „aufmerksam“ gemacht werden; eine „Belehrung“ wäre hier kontraproduktiv. Deshalb setzt die Bundesagentur für Arbeit in diesem Spannungsfeld auf eine kontinuierliche Beratungs;- und Überzeugungsarbeit. Eine Sensibilisierung kann dabei auch über gezielte Aktionen angestoßen werden. Beispielsweise werben aktuell Vermittlungsfachkräfte der Agentur für Arbeit München mit einem Brief der Geschäftsleitung und einer telefonischen Nachfrage bei mehr als 100 Firmen für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen."

Die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung begrüßt, dass Sie sich für die verstärkte Umsetzung der Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 SGB IX einsetzen und insbesondere ein Augenmerk auf die überregionale Suche nach geeigneten schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern haben. Aus der Stellungnahme der BA geht hervor, dass sie sich für eine Erhöhung der Meldungen nach § 81 Abs. 1 SGB IX einsetzt. Die Suche nach schwerbehinderten Bewerbern erfolge ferner auch überregional. Die Beauftragte wird dies weiter beobachten und bei einer Änderung des SGB IX an geeigneter Stelle berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Decken sich euere Erfahrungen mit dieser Antwort bzw. mit der Stellungsnahme der (Bundes-)Agentur für Arbeit>

--
Gruß
Wolfgang


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