SBV-Teilnahmerechte der Vertrauensperson und suggestive Fragen des BR (Umgang mit BR / PR)

Doris, Sunday, 26.07.2009, 17:26 (vor 5420 Tagen) @ gsbv

» Der Betriebsrat… hat die Mitarbeiterin... aufgefordert, schriftlich die Vertrauensperson abzulehnen.

Hallo GSBV,

was ist denn das für ein eigenmächtiges bzw. "diskriminierendes" Gebaren des BR, der die im Gesetz vorgesehene besondere Interessenvertretung schwerbehinderter Beschäftigter durch die Vertrauensperson vereiteln will> Der BR kann auf derartige subtile Weise insbesondere nicht das SBV-Wahlergebnis unterlaufen.

1. Eine derartige Aufforderung, die SBV "abzulehnen", verletzt offensichtlich das gesetzliche Gebot der engen Zusammenarbeit nach § 99 Abs. 1 SGB IX sowie das Gebot der gegenseitigen Unterstützung nach [link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99[/link] Abs. 2 SGB IX. Das ist ein eklatanter und grober Rechtsverstoß gegen den Regelungszweck dieser Vorschriften. Damit missbraucht der BR sein Mandat und überschreitet bei Weitem seine Kompetenzen als BR. Das darf der BR nicht. Das ist illegal (vgl. analog Knittel, SGB IX, Rn. 36 zu § 81).

2. Desweiteren stellt diese durch nichts zu rechtfertigende Aufforderung, die Vertrauensperson "abzulehnen", den Tatbestand einer gesetzeswidrigen Mandatsbehinderung der SBV nach § 96 Abs. 2 SGB IX dar. Damit maßt sich der BR im Ergebnis einen Alleinvertretungsanspruch an, der ihm nach der Rechtsprechung und Fachliteratur gerade nicht zukommt, weil die SBV "zur selbständigen Vertretung eines Teils der Belegschaft berufen" ist (LPK-SGB IX 2009, Rn. 5 und 70 zu § 95). Das ist letztlich grober Amtsmissbrauch des BR.

3. Es erscheint deshalb geboten, zur Sicherung bzw. Durchsetzung der gesetzlichen SBV-Beteiligungsrechte die betroffenen BR-Mitglieder konkret abzumahnen sowie ihnen gleichzeitig eine Unterlassungserklärung abzuverlangen unter Fristsetzung. Sollten dem der BR nicht nachkommen bzw. trotz Unterlassungserklärung sein illegales Vorgehen fortsetzen, käme eine Unterlassungsklage beim Arbeitsgericht in Betracht mit dem Antrag einer Zwangsgeldandrohung bei weiteren Zuwiderhandlungen in jedem Einzelfall. Sollte der BR dann gleichwohl seine Rechtsbrüche fortsetzen bzw. weiterhin gesetzwidrig die SBV-Beteiligungsrechte zu unterlaufen suchen, käme als letztes Mittel ein Antrag auf Zwangsvollstreckung beim Arbeitsgericht in Frage in Form von Zwangsgeld bzw. [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=2672#p2805]Zwangshaft[/link].

4. Unabhängig davon ist der Arbeitgeber selbstverständlich gehalten, kraft Gesetzes stets seinen SBV-Beteiligungspflichten nachzukommen nach § 95 Abs. 2 SGB IX etwa bei der stufenweisen Wiedereingliederung, da diese bundesgesetzlichen SBV-Beteiligungsrechte unabdingbar sind nach dieser Vorschrift und weder zur Disposition eines betroffenen schwerbehinderten Beschäftigten noch der des BR stehen. Eine vom BR den schwerbehinderten Betroffenen abverlangte Willenserklärung ist regelmäßig unwirksam (nichtig), da es darauf rechtlich jedenfalls nach dieser Vorschrift beim Vollzug des § 95 Abs. 2 SGB IX wie etwa bei der stufenweisen Wiedereingliederung sowie bei Arbeitsplatzbesichtigungen nicht ankommt.

Die BR-Tätigkeit kann nur im Rahmen der Rechtsordnung, also der oben erwähnten Gesetze, ausgeübt werden. Insbesondere kann der BR sich nicht über das Recht hinwegsetzen oder dieses entgegen dem Normzweck auf kaltem Wege unterlaufen.

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Viele Grüße
Doris


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