Erfahrungen mit BEM (BEM)

Wolfgang E., Friday, 29.08.2008, 16:23 (vor 5741 Tagen) @ Ireen

"Der Arbeitgeber hat zwar grundsätzlich ein überwiegendes Interesse, für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Informationen über die Persönlichkeit und Gesundheit des Arbeitnehmers zum Zwecke einer berechtigten späteren Verwertung zu sammeln. Dies gilt auch für Hinweise, die beispielsweise auf eine Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers hinweisen. Solche Erkrankungen können bei negativer Zukunftsprognose gemäß § 1 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen krankheitsbedingten Kündigung ist die negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes. Für eine solche negative Prognose stellt die Rechtsprechung vor allem darauf ab, ob es sich um einen Rückfall nach erfolgter Therapie handelt."
(BAG, Urteil vom 12.09.2006, 9 AZR 271/06, Rdnr. 28)

Die Aufbewahrung von besonders sensiblen personenbezogenen Gesundheitsdaten in einem verschlossenen Umschlag hat das Bundesarbeitsgericht als verfassuns- und datenschutzrechtlichen Mindeststandard bereits vorgeschrieben für einen Fall aus 2002, als es das BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX noch gar nicht gab. Mit dieser BAG-Rechtsprechung hat sich Klaus Kammerer unter der Überschift vom "Mythos des verschlossenen Umschlags" kritisch auseinandergesetzt (ArbuR 2007, 189-193).

Ärztliche Aussagen und Gutachten oder etwaige Stellungnahmen der Rehaträger oder des IFD, die im Rahmen des Eingliederungsmanagements - mit Zustimmung des Betroffenen - eingeholt werden, gehören nicht in die Personalakte und nicht in die BEM-Akte, sondern z. B. in die Akte des Betriebsarztes!!! § 8 Abs. 1 Satz 3 ArbSichG verpflichtet den Betriebsarzt, die ärztliche Schweigepflicht auch im Verhältnis zum Arbeitgeber zu beachten. Der Arbeitnehmer braucht seiner Firma nach ständiger Rechtsprechung nicht die Art seiner Erkrankung und auch nicht den Feststellungsbescheid des Versorgungsamts mitteilen.

In die Personalakte darf (formblattmäßig) grundsätzlich nur aufgenommen werden, dass die Durchführung eines BEM angeboten wurde, dass der Betriebsrat und bei schwerbehinderten Beschäftigten auch die SBV vom Angebot unterrichtet wurden, ob die betroffene Person mit dem Angebot einverstanden war oder nicht, und welche konkreten Maßnahmen zur Überwindung bzw. Vorbeugung von Arbeitsunfähigkeit angeboten und umgesetzt werden. Das ist legitim, damit der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er seiner gesetzlichen Pflicht, ein BEM ordnungsgemäß anzubieten und durchzuführen, nachgekommen ist.

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Personelle Abschottung


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