Arbeitserprobung nach langer EU Rente (Rente / Pension / ATZ)

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 29.10.2015, 10:41 (vor 3102 Tagen) @ Hans

Hallo,

so leid es mir tut, aber hier haben wohl alle Beteiligten ziemlich rechtswidrig gehandelt bzw. in ihrer Schutzfunktion versagt.

1.
Bei einer befristeten Erwerbsminderungsrente muß der spezielle oder ein gleichwertiger Arbeitsplatz frei gehalten werden. Dies ist für den AG planbar und deswegen zumutbar. Ggfs ist eine derartige Rente ein zulässiger Sachgrund iSd TzBfG, falls ein Ersatz eingestellt wird. BR und SBV hätten hier von Anfang an darauf achten müssen. Der BR hätte die unbefristete Besetzung der Stelle notfalls gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG verhindern müssen.

2.
Die Vermittlung von benötigten Qualifikationen im Rahmen einer Belastungserprobung war ebenfalls eine rechtswidrige Diskriminierung der ANin. Grundsätzlich hat die laufende Vermittlung der vom AG gewünschten Qualifikationen in der bezahlten Arbeitszeit stattzufinden. Dies galt ja schließlich in den vergangenen Jahren auch für die weiterhin Beschäftigten des Betriebes. Es wundert mich sehr, daß sich Reha-Träger, SBV und BR darauf eingelassen haben.

3.
Für den Urlaubsanspruch ist es uninteressant, wie der Status der ANin war. Das BAG hat 2012 (9 AZR 353/10) entschieden, das Urlaubsanspruch auf bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen Erwerbsminderungsrente im vollem Umfang entsteht. Der ANin steht also zweifelsfrei der gesamte Urlaub für 2015 zu. Darüber hinaus hat sie auch noch bis 31.03.2016 Anspruch auf den gesetzlichen Urlaub aus 2014 - 20 Tage Mindesturlaub sowie ggfs. 5 Tage aus § 125 SGB IX, sofern sie in 5-Tage-Woche gearbeitet hat.

4.
Natürlich kann die ANin verlangen, auf Grundlage ihres Arbeitsvertrages auf ihrer alten oder zumindest einer gleichwertigen Stelle beschäftigt zu werden. Alles andere wäre eine grobe und unzulässige behinderungsbedingte Diskriminierung. Kann der AG wegen eigener Versäumnisse (s.o.) eine derartige Stelle nicht bereit stellen, befindet er sich im permanenten Annahmeverzug nach § 615 BGB und muß trotzdem vergüten - unabhängig davon, für was, in welchem Umfang und ob überhaupt die ANin beschäftigt wird.

Was mich bei diesem ganzen Gemurkse (lt. Deiner Fallschilderung) noch interessiert:


- war denn in diesem ganzen Vorgang mal das Integrationsamt oder der IFD eingebunden und was hat es dazu gesagt ?
- ist denn irgendeiner der Beteiligten auf Arbeitnehmerseite mal auf die Idee gekommen, der ANin das Einholen von Rechtsrat (Fachanwalt, gewerkschaftlicher Rechtsschutz) zu empfehlen ?

--
&Tschüß

Wolfgang


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