Bei Antrag auf Teilzeit Schwerbehinderung angeben? (Umgang mit Arbeitgeber)

Ede vom Bayerwald, Wednesday, 25.04.2007, 08:26 (vor 6217 Tagen) @ Petra

Hallo Petra,

» Noch mal eine Frage dazu: Im Gesetz ist ja die Rede von "Art und Schwere
» der Behinderung" bzw. "Schwerbehinderte haben einen Anspruch auf
» Teilzeit, wenn die kürzere Arbeitszeit aufgrund der Art oder der Schwere
» der Behinderung erforderlich ist".

Auszug aus dem Knittel-Kommentar zu § 81 (5) SGB IX
Randnotiz 120
Schwerbehinderte Menschen haben einen einklagbaren Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist (Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1). Teilzeitarbeit stellt einen wesentlichen Beitrag zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsleben dar (vgl. hierzu eingehend Seidel BehindertenR 2001, 153; Hamann BB Beilage 2005 Nr. 6, 2; Blens ZMV 2003, 58). Die Notwendigkeit muss nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles bestimmt werden. Sie kann darauf beruhen, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer Schwierigkeiten bei der Ausübung der Tätigkeit selbst hat, z. B. durch Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsprobleme nach einer bestimmten zeitlichen Beanspruchung. Jedoch kann die Art der Behinderung auch deshalb kürzere Arbeitszeiten erfordern, weil längere An- und Abfahrtszeiten andernfalls zu überlanger Abwesenheit von der Wohnung führen (Neumann u. a. / Neumann Rdnr. 46). Die Voraussetzungen sind vom Arbeitnehmer darzulegen und unter Beweis zu stellen, z. B. durch ein ärztliches Attest oder auch ein medizinisches Sachverständigengutachten (Hauck / Noftz / Schröder Rdnr. 46).
Randnotiz 121
Der Teilzeitanspruch des schwerbehinderten Menschen ist in mehrfacher Hinsicht gegenüber dem in § 8 Abs. 1 TzBfG geregelten allgemeinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit privilegiert. Er kann auch in Kleinbetrieben geltend gemacht werden und ist nicht davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate besteht. Außerdem kann auch eine zeitlich befristete Herabsetzung der Arbeitszeit beansprucht werden (vgl. BAGE 108, 77 = AP Nr. 3 zu § 81 SGB IX = NZA 2004, 614).
Randnotiz 122
Für die Geltendmachung dieses Anspruchs ist des Weiteren weder eine Form noch eine Frist noch ein Verfahren vorgeschrieben. Deshalb kann der schwerbehinderte Mensch bei Verschlimmerung seines Leidens den Anspruch mit sofortiger Wirkung geltend machen (LPK-SGB IX / Düwell Rdnr. 35).
Randnotiz 123
Die Vorschrift begründet i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 für den schwerbehinderten Menschen einen individualrechtlichen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung mit der verringerten Arbeitszeit, die wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig ist. Dieser schwerbehindertenrechtliche Beschäftigungsanspruch entsteht unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (BAGE 108, 77 = AP Nr. 3 zu § 81 SGB IX = NZA 2004, 614 unter Hinw. auf BAGE 68, 141 [149] m. w. N. sowie auf BAG Urteil vom 3. Dezember 2002 = AP SGB IX § 81 Nr. 2 = EzA SGB IX § 81 Nr. 1).
Randnotiz 124
Es bedarf keiner vorhergehenden Vertragsänderung (Weyand / Schubert Das neue Schwerbehindertenrecht 2. Aufl. Rdnrn. 185 f.; offen gelassen in BAG Urteil vom 3. Dezember 2002 a. a. O.; a. A. ArbG Frankfurt NZA-RR 2002, 573; LPK-SGB / Düwell Rdnr. 35) und damit keiner Leistungsklage des Arbeitnehmers mit dem Ziel, die Willenserklärung des Arbeitgbers zu ersetzen (so aber ArbG Bonn NZA 2001, 974; Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 89 m. w. N.).
Randnotiz 124a
Der Wortlaut des Abs. 5 Satz 3 bietet keinen Anhalt für die Annahme, der Arbeitgeber müsse zuvor einem Verlangen des Arbeitnehmers auf Arbeitszeitverringerung zustimmen (BAG a. a. O.). Der schwerbehinderte Mensch kann vielmehr – ohne an Formen und Fristen gebunden zu sein – jederzeit verlangen, nur noch in einem seiner Behinderung Rechnung tragenden zeitlichen Umfang eingesetzt zu werden. Ihm soll ermöglicht werden, ohne Gefährdung seiner Gesundheit weiterhin aktiv am beruflichen Leben teilzuhaben. Ihm wird deshalb ermöglicht, durch den Zugang seines Verlangens beim Arbeitgeber eine behinderungsgerechte Verringerung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit zu bewirken. Wird entsprechend die Arbeitszeit verkürzt, besteht nach § 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX ein dem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechender Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung (BAG a. a. O.).

Also Ärztliches Attest ist immer gut! Wichtig ist es dass die Gesundheit des Behinderten gefährdet wäre, wenn nicht umgehend etwas geändert würde.

Wünsche viel Erfolg und Mut zu dir und deinen menschlich unveränderbaren körperlichen Gegebenheiten! Du bist es wert, dass du zu dir stehst!

Ede v.B


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion