Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell) (Antragstellung / Widerspruch)

Cebulon, Wednesday, 28.07.2021, 18:40 (vor 996 Tagen) @ Karin73

Wie wird der Antrag auf Übernahme der Fahrkosten gestellt?

Hallo Karin,
ein formloser Antrag ist völlig ausreichend laut Rechtsprechung, nachdem die Krankenkassen wohl noch immer keine „Formulare“ zur Kostenerstattung für die StW bereitstellen. Sofern behindert (auch bei < GdB 30), sollte auch der GdB angegeben werden.

Zur Begründung würde ich z.B. Prof. Dr. Luik, Richter am BSG, LPK-SGB IX, Rn. 7 sowie 27, zitieren, wonach die StW als eine eigenständige Hauptleistung med. Reha anzusehen ist (so schon LSG NRW, 5.02.2007, L 3 R 39/06, LEITSATZ 2: „Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine eigenständige Leistung der med. Rehabilitation und nicht eine ergänzende Leistung.“) – und per Kurzlink auf ständige Rspr. der Sozialgerichtsbarkeit hinweisen zu_Fahrkosten während der stufenweisen Wiedereingliederung
www.tinyurl.com/StW-Urteile-Fahrkosten

Langt ein zusätzlicher formloser Antrag mit Angabe der Km?

Wenn ÖPNV, müssen die Fahrkosten lückenlos belegt werden per Fahrkarten im Original. Wenn eigener PKW, so ist die Entfernung in km anzugeben (km der jeweils kürzesten Route zur Betriebsstätte, z.B. Google-Maps beifügen), und Wegstreckenentschädigung zu beantragen. Außerdem ggf. angeben, dass der Arbeitgeber keinen (freiwilligen) Fahrtkostenzuschuss zahlt bzw. in welcher Höhe. Falls Ablehnung kommt – fristgerecht Widerspruch bzw. Klage zum SG.

Üblicherweise wird versucht, die Antragsteller abzuwimmeln ohne Rechtsbehelfsbelehrung bzw. eine Rücknahme „aufzuschwätzen“ tel. oder schriftlich mit Freiumschlag. Rechtskräftige veröffentlichte Urteile, wonach bei StW kein Anspruch auf Fahrkosten gegen eine KK als zuständiger Rehaträger zustünde, gibt es nicht. Vereinzelt ignorieren BKK die Rspr. – und behaupten das Gegenteil im Web, dass kein Anspruch bestünde, bspw. die BKK-Audi und die BKK-Freudenberg. Ich meine, das ist dreist und amtl. Fake-News, um Versicherte im Vorfeld durch „Desinformation“ von den Anträgen abzuhalten. Auch laut dem Glossar der DVfR stehen Fahrkosten bei_StW zu. Um welche Krankenkasse handelt es sich dort?

Immerhin erstattet z. B. die AOK Rheinland / Hamburg mittlerweile auf Antrag anstandslos die Fahrkosten bei der StW. Und folgender Fachbeitrag 2020 dazu könnte noch als Anlage beigefügt werden. Derzeit ist noch eine Berufung der „prozessfreudigen“ AOK Plus, welche vom SG Dresden verurteilt wurde, bei dem LSG Sachsen anhängig – L 1 KR 365/20 – wegen Wegstreckenentschädigung. Bei_Ablehnungen sind KK sehr schnell, lehnen teils in 3 Tagen per Textbaustein ab. Spätestens bei Berufungen rudern sie aber zurück wie z.B. beim LSG NRW 2016 (Rücknahme) und LSG NRW 2021 (Anerkenntnis) oder sie werden rechtskräftig verurteilt wie LSG MV 2020. Das LSG MV hat wohl die „Faxen dick“ – und hat Zulassung der Revision zum BSG abgelehnt. Einzelne Ersatzkassen (wie z.B. „Barmer“) lehnen weiterhin regelmäßig ab – obwohl bereits schon 2016 vom SG Kiel verurteilt – rechtskräftig! Vermutlich haben die Sachbearbeiter „Anweisung“, solche Anträge erstmal abzulehnen trotz entgegenstehender obergerichtlicher Rspr.

Gruß,
Cebulon


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