Fahrkosten-Erstattung während stufenweiser Wiedereingliederung (Antragstellung / Widerspruch)

Cebulon, Friday, 29.04.2022, 22:48 (vor 727 Tagen) @ Avalon

Wäre echt toll wenn jemand da bereits Erfahrung gesammelt hat.

Derzeit begründen Krankenversicherungen ihre Ablehnung von Fahrkosten teils mit SG Leipzig, 08.09.2021, S 22 KR 100/21. Es wird verschleiert, dass dieses schräge sowie skurrile Fehlurteil mit Berufung angegriffen wurde, also nicht rechtskräftig ist, anhängig beim LSG Sachsen – Aktenzeichen: L 1 KR 340/21.

Diese GKV hat dreist behauptet, dass die StW eine Maßnahme zur „Teilhabe am Arbeitsleben“ sei entgegen BSG, 20. Oktober 2009, B 5 R 44/08 R – wonach StW zu den „Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ gehört nach § 5 Nr. 1 SGB IX. Online-Kommentar zum Anspruch auf Fahrkosten von Siegfried Wurm, SGB IX, § 73 Reisekosten, Rz. 84, und DVfR-Glossar zur StW und ständ. RSpr. von ca. ½ Dutzend Sozialgerichten. Ebenso Landessozialgericht MV, 28.05.2020, L 6 KR 100/15, und seit 15 Jahren LSG NRW, 05.02.2007, L 3 R 39/06 – Leitsatz 2, und LSG NRW – L 10 KR 370/20, wegen Wegstreckenentschädigung bei StW. Das alles wurde vom SG Leipzig „übersehen“ bzw. komplett ignoriert. Hintergrund: Für die „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ gemäß § 5 Nr. 2 SGB IX wäre die GKV als rein med. Rehaträger niemals zuständig. Ist ziemlich „durchsichtige“ und konstruierte These zur Leistungsgruppe in diesem Widerspruchsbescheid.

Im Übrigen geht der zitierte Prof. Dr. Welti (Gründe 1 b aa), ein ehrenamtlicher Richter am BSG, vom Er­stat­tungs­an­spruch auf Fahrkosten als Mehr­auf­wen­dun­g aus bei StW (Welti, in Soziale Sicherheit, 11/2018, Seite 449, 466, in Fußnote 227 m.w.N. zu Fahrkosten mit Verweis auf Nebe in: Feldes/ Kohte/ Stevens-Bartol (Hrsg.), § 28 SGB IX, Rn 32a; SG Neuruppin, Urteil vom 26.1.2017 – S 22 R 127/14 Rn 22 ff.) – also gerade nicht vom Gegenteil – worüber sich dieses völlig haltlose sowie abwegige Fehlurteil des SG Leipzig jedoch ausschweigt.

SG Leipzig (Gründe 1 b bb): „Die Krankenkasse gewährt, abgesehen von der durch fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bedingten Krankengeldzahlung, dabei gerade keine eigene Leistung (vgl. Sichert, in Becker/Kingreen, SGB V, 7. Auflage, § 74 Rz. 27, mit Darstellung des Streitstandes).

Das ist nur unsinnige Unterstellung laut ständ. RSpr.

Die Auslegung des SG Leipzig und die Darstellung von Sichert ist aus der Luft gegriffene Behauptung ins Blaue hinein: Denn zB den Wiedereingliederungsplan erstellen Vertragsärzte bekanntlich nicht für „Gotteslohn“, sondern vielmehr ausweislich des verbindlichen amtlichen KBV-Formulars, Muster 20, wie folgt: „Für die Erstellung des ärztlichen Wiedereingliederungsplanes ist die Nr. 01622 EBM berechnungsfähig." Ein einziger gezielter Blick in die beigezogene Verwaltungsakte, in welcher der Stufenplan abgeheftet sein sollte, hätte genügt, damit auch dieser Sozialrichter das gecheckt hätte. Laienrichter gab’s wohl keine, da „Entscheidung ohne mündliche Verhandlung“ erfolgte mit Zustimmung der Beteiligten. Das kann zwar solche Verfahren (wie hier) ungemein beschleunigen, aber schon mal zu Justizirrtum führen per Einzelrichterentscheidung durch Berichterstatter wie hier: SG Leipzig hat sich da über ober- und_höchstrichterliche Rspr. locker hinwegsetzt, ohne diese zu erwähnen, geschweige denn sich damit auseinanderzusetzen – und_hat Thesen von Sichert völlig unkritisch übernommen.

Intransparent auch der vom SG Leipzig im „Tatbestand“ zitierte „Be­schluss des Thüringer Landes­so­zial­ge­richts vom 01.08.2013, Az. L 6 KR 299/13 NZB“, da nirgends veröffentlicht und da mit keinem Wort erwähnt, was da drinnen steht.

Gruß,
Cebulon


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