Re: Vertreterregelung (Allgemeines)

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Friday, 19.04.2002, 20:19 (vor 8048 Tagen) @ Thomas Thulke

Herrn
Bernhard Hackenberger
Gesamtschwerbehindertenvertretung
T-Systems Nova GmbH
Entwicklungszentrum Darmstadt
Postfach 10 05 42

64205 Darmstadt


Betreff: Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen;
hier: Teil 2, Schwerbehindertenrecht; Zuständigkeit
der Gesamtschwerbehindertenvertretung (§ 97 Abs. 6 SGB
IX)
Bezug: Ihre Anfrage (E-Mail) vom 29. März 2002


Sehr geehrter Herr Hackenberger,

für Ihre Anfrage zur Zuständigkeit der
Gesamtschwerbehindertenvertretung danke ich Ihnen.

Die Aufgabe und damit die Zuständigkeit der
Gesamtschwerbehindertenvertretung ist in § 97 Abs. 6
SGB IX (früher § 27 Abs. 5 SchwbG) abschließend
geregelt.
Nach Satz 1 Halbsatz 1 vertritt die
Gesamtschwerbehindertenvertretung die Interessen der
in den Betrieben beschäftigten schwerbehinderten
Menschen in den Angelegenheiten, in denen es um
Angelegenheiten des Gesamtunternehmens oder mehrerer
Betriebe geht und diese Angelegenheiten von den
einzelnen Schwerbehindertenvertretungen in den
Betrieben nicht geregelt werden können. Sie vertritt
darüber hinaus die Interessen derjenigen
schwerbehinderten Menschen, die in einem Betrieb
beschäftigt sind, in denen eine
Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt ist (Satz 1
Halbsatz 2).

In den Fällen des Halbsatzes 1 ist die
Gesamtschwerbehindertenvertretung nur in den Fällen
zuständig, in denen eine Regelung durch die örtlichen
Schwerbehindertenvertretungen in der Sache nicht
möglich ist, etwa deshalb, weil auch die betriebliche
Interessenvertretung in der Angelegenheit nicht zu
befassen ist. Diese Einschränkung kann nicht auf die
Fälle erweitert werden, in denen eine örtliche
Schwerbehindertenvertretung nicht „funktionsfähig“ ist.

In dem zweiten Fall ist die
Gesamtschwerbehindertenvertretung nur zuständig, wenn
in einem Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung
tatsächlich nicht gewählt ist. Sie nimmt in diesen
Fällen dort also auch die Funktion einer
Schwerbehindertenvertretung wahr. Dieser Fall ist
ausdrücklich darauf beschränkt, dass eine örtliche
Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt ist. Er kann
also nicht in den Fällen Anwendung finden, in denen
eine örtliche Schwerbehindertenvertretung verhindert
ist. Für die Vertretung einer Vertrauensperson im
Falle der Verhinderung sieht das Gesetz in § 94 Abs. 1
SGB IX nur die Vertretung durch ein gewähltes
stellvertretendes Mitglied vor. Ist ein solches, etwa
aus den von Ihnen genannten Gründen, nicht gewählt
worden, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden,
dass im Falle der Verhinderung des Amtsinhabers die
Gesamtschwerbehindertenvertretung die Vertretung der
schwerbehinderten Beschäftigten in dem Betrieb
übernimmt.

Einem durch langandauernde Abwesenheit des
Amtsinhabers entstehenden „Vakuum“ in einem Fall, in
denen ein vertretendes Mitglied nicht vorhanden ist,
kann nur dadurch begegnet werden, dass ein
stellvertretendes Mitglied nachgewählt wird - eine
solche isolierte Nachwahl ist auch während der
Amtsperiode des Amtsinhabers möglich - oder auch
dadurch, dass der Amtsinhaber sein Amt niederlegt. In
diesem Fall des Erlöschens des Amtes ist eine
Schwerbehindertenvertretung neu zu wählen. Der
Amtsinhaber kann jedoch weder abberufen noch abgewählt
werden, auch kann nicht von dem zuständigen
Integrationsamt durch Beschluss das Erlöschen des
Amtes festgestellt werden. Voraussetzung hierfür wäre
nämlich, dass eine grobe Verletzung der Pflichten
einer Vertrauensperson vorliegt. Eine solche stellt
eine Verhinderung nicht dar.

Hat der Amtsinhaber sein Amt niedergelegt und ist
infolgedessen neu gewählt worden, kann der bisherige
Amtsinhaber nach Rückkehr an seinen Arbeitsplatz einen
Anspruch auf Ausübung des Mandats nicht mehr geltend
machen. Ein solches Mandat besteht aufgrund der
Niederlegung des Amtes nicht mehr.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Schell


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