Vertrauensperson durch Neuwahl aus dem Amt drängen? (Wahlen)

WoBi, Wednesday, 01.06.2022, 00:15 (vor 693 Tagen) @ WoBi

Hallo,

Textpassagen aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts, die den Entscheidungsrahmen des Integrationsamtes verdeutlicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Randnummer 37
"Gemäß § 174 Abs. 4 SGB IX soll das Integrationsamt allerdings die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Die Behörde hat dann im Regelfall die Zustimmung zu erteilen und darf nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Im Regelfall bedeutet das „Soll" also ein „Muss" (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.1992 - 5 C 39/90 - juris Rn. 15 m.w.N.)."

Randnummer 41
"Allerdings darf die Integrationsbehörde an einer offensichtlich unwirksamen Kündigung in dem Sinne, dass die Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt, nicht mitwirken (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 2.7.1992 - 5 C 39/90 - juris Rn. 30; U.v. 2.7.1992 - 5 C 51/90 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 22.5.2012 - 12 ZB 11.1063 - juris Rn. 11; B.v. 28.9.2010 - 12 B 10.1088 - juris Rn. 30). Dies liegt nur vor, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne Beweiserhebung die Rechtsfolge der Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der Kündigung unzweifelhaft ohne jeden Beurteilungsspielraum des Tatsachenrichters unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. BAG, B.v. 27.2.1985 - GS 1/84 - juris Rn. 85)."

und die Randnummer 48
"Dies ist nach Auffassung des Gerichts auch offensichtlich, da allgemein bekannt sein dürfte, dass man sich vor Gericht nicht selbst belasten muss. Zumindest einem Kundigen muss sich die Unwirksamkeit hier aber geradezu aufdrängen (s.o. Rn. 41). Eine gewisse Bestätigung erfährt diese Einschätzung auch durch den Umstand, dass das Strafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO, d.h. wegen nicht genügenden Anlasses zur Klageerhebung, eingestellt wurde (vgl. a. VGH BW, U.v. 1.12.2016 - 9 S 911/14 - juris Rn. 171-174)."

Auch wenn ein Arbeitgeber aus nichtbehinderungsbedingten Gründen kündigen will, kann es zu einer berechtigten Verweigerung der Zustimmung führen, die auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten kann.

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Gruß
Wolfgang


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