Re: Gleichstellung ab Antragstellung (Gleichstellung)

hackenberger, Sunday, 27.12.2009, 10:41 (vor 5241 Tagen) @ Fragesteller

Hallo "Fragesteller",

es gibt hierzu keine klare Aussage in einem Gesetz oder § eines Gesetzes. Es ergibt sich vielmehr aus dem Grunde des Gesetzes und dessen Umsetzung und der sich hieraus ergebenen Rechte der Betroffenen und Pflichten des AG. Aber ganz besonders auch aus dem angewandten Richterrecht, also der Rechtsprechung.

Bis zur Einführung des § 90 Abs. 2a SGB IX bestand auch schon der besondere Kündigungsschutz ab Antragstellung, dieses wurde auch vom BAG so bestätigt. Auch hieraus ergaben sich die Pflichten des AG bzw. die Rechte der SchwbV aus § 95 SGB IX.

Erst seit der Einführung des § 90 Abs. 2a SGB IX, besteht dieser besondere Kündigungsschutz nun frühestens ab 3 Wochen nach Antragstellung, sofern dem Antragsteller nicht mangelnde Mitwirkung vorgehalten werden kann. Dieses sowohl beim Erstantrag wie auch bei Anträgen auf Gleichstellung. Dieses hat ja auch das BAG so bestätigt, es hat aber nicht die sonstigen Pflichten des AG bzw. die Rechte der SchwbV eingeschränkt.

Weiter beginnt die Aufgabe der SchwbV mit der Unterstützung bei der Antragstellung.

Die Rechte der Schwerbehinderten ergeben sich weiter auch nicht aus dem Feststellungsbescheid sondern aus dem Gesetz auf Grundlage der vorliegenden Behinderung/ Schwerbehinderung. Der Feststellungsbescheid dient nur dazu, dieses von Amtswegen auch festzustellen.

Bei offensichtlicher Schwerbehinderung bedarf es dieses noch nicht einmal zwingend.

Da Gleichgestellte die gleichen Rechte, mit Ausnahme der Nachteilsausgleiche, haben, ist hier die vergleichbare Rechtslage gegeben.

Beteiligt der AG die SchwbV nun nicht in der Zeit eines laufenden Antragsverfahren und diesem Antrag wird rückwürkend ab Antragstellung stattgegeben, hat der AG das Problem, dass er sich eines Gesetzesverstoßes schuldig gemacht hat. Der Verletzung des § 95 Abs. 2 SGB IX, mit den dann möglichen Folgen.

Wird einem Antrag (rückwirkend) stattgeben liegt z.B. bei Kündigungen auch ein Verstoß gegen den § 85 Abs. 2 SGB IX vor. Mit der Folge, dass diese Kündigung rechtswidrig ist. Siehe hier z.B. Urteil, Beteiligung SchwbV bei Zurruhesetzung ab Antragstellung "VG Berlin Az. 7 A 92.07, v. 18.08.2008".

Ebenso entsteht ggf. ab Antragstellung ein Anspruch auf Zusatzurlaub, wenn dem Antrag rückwirkend ab Antragstellung stattgegeben wird. Dazu ist es dann aber erforderlich, dass der Antragstellung dem AG nicht nur über die Antragstellung informiert, sondern diesen auch geltend macht. Siehe hier.

Aus all diesen Gründen ersieht sich das Recht der SchwbV bzw. die Pflicht des AG, die SchwbV ab Antragstellung zu beteiligen.

Weiter auch die zwingende Pflicht um Kündigungen nicht rechtswidrig zu machen, das IA gem. § 85 SGB IX bei Kündigungen zu beteiligen, also die Zustimmung zu holen, sofern ein laufendes Antragsverfahren anhängig ist.

Weiter ist auch hier immer zu beachten, die SchwbV hat ja kein Mitbestimmungsrecht sondern "nur" ein Anhörungsrecht/ Beratungsrecht, bis auf eine kleine Ausnahme im Geltungsbereich des Bay. PersVG, hat.

Daher sollten die AG die SchwbV hier schon im eigenen Interesse beteiligen um Entscheidungen nicht rückwirken angreifbar oder anfechtbar bzw. nichtig zu machen.

Fazit:
Es ergibt sich alles aus der Auslegung des SGB IX und der hierzu ergangenen Rechtssprechung.

PS: Bei Nutzung der Suchfunktion wäre man u.a. auch auf diesen Beitrag [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=1344#p1345]zu diesem Thema aus 2005[/link] getroffen. ;-)

Daher bitte immer vor Fragestellung die Suchfunfion nutzen. Es hilft oftmals schon weiter. ;-) Siehe auch den Beitrag [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=9706]"Streng geheim..."[/link] ;-)


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