Rechtliche Verhinderung der Vertrauensperson (Umgang mit Arbeitgeber)

Cebulon, Thursday, 21.05.2020, 09:45 (vor 1443 Tagen) @ WoBi

Der Arbeitgeber bestellt die Vertrauensperson z.B. zu einem Personalgespräch zu sich ein. Ladet gleichzeitig das erste stellvertretende Mitglied der SBV und den Personalratsvorsitzenden zum Gespräch ein. Gründe oder Anlass für das Personalgespräch werden nicht genannt. Wie bewertet ihr das?

Eher bescheiden, soweit das Thema dieses Personalgesprächs nicht zuvor genannt wird, sofern hier nicht ohnehin ein regelmäßiges „routinemäßiges“ jährliches oder zweijähriges Personalgespräch ansteht.

Begründet wird die Einladung des ersten stellvertretenden Mitglieds im Gespräch durch den Arbeitgeber damit, dass die Vertrauensperson wegen der eigenen Betroffenheit befangen ist. Wie bewertet ihr das Handeln des Arbeitgebers?

Klar positiv (da insoweit nicht überall selbstverständlich), dass Dienststelle die persönliche Teilnahme von SBV / PR akzeptiert. Corona-Hygiene wie Abstand, Lüftung bzw. Masken sollte im ÖD wohl Standard sein.

Ansonsten keine Bedenken, wobei anzumerken ist, wie ja schon zu Recht erwähnt, dass gegen den Willen einer VP selbstverständlich weder ihr Stelli noch PRV am Personalgespräch persönlich teilnehmen dürfen. Insoweit gilt prinzipiell auch nichts anderes als etwa bei einem BEM-Gespräch, wonach deren Teilnahme natürlich der Zustimmung der VP bedarf.

[2017] Nach den Grundsätzen der Einpersonenvertretung der SBV bist du nicht verhindert und der Stellvertreter kann nicht tätig werden. Die VP ist gewählter Interessensvertreter für schwerbehinderte und gleichgestellte oder von Behinderung bedrohter Menschen.

Nein - Stelli kann und muss tätig werden, falls nicht gleichfalls betroffen, und eine Vertrauensperson ist stets rechtlich verhindert, falls betroffen. Steht nicht zur SBV-Disposition. „Verzicht“ auf Stelli-Zuständigkeit ist ausgeschlossen bzw. wäre vertretungsrechtlich ohne Belang.

Die Gegenansicht im Post 2017 halte ich für falsch. Unzutreffend auch, dass die SBV auch Interessenvertretung für „von Behinderung bedrohte Menschen“ sei. Dafür gibt’s im Teil 3 des SGB IX nach wie vor keinerlei Rechtsgrundlage. Die SBV ist weder für behinderte Beschäftigte ohne Gleichstellung noch für von Behinderung bedrohte Beschäftigte iSd § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB IX Interessenvertretung nach allg. Ansicht, sondern Betriebsrat/Personalrat. Siehe dazu auch hier und hier.

Nun ist auch früheres „Problem“ für BR-Sitzungen vom Tisch, dass bei BR/SBV-Doppelmandat diese Person als BR-Mitglied auszuschließen ist für BR-Sitzung, soweit persönlich betroffen, diese jedoch als SBV nicht gleichzeitig ausgeschlossen werden durfte. Nun ist persönlich betroffene VP auch als Mtgl. der SBV ausgeschlossen und ggf. durch ihren Stelli zu vertreten für diesen TOP in der BR-Sitzung wg. rechtlicher Verhinderung der Vertrauensperson.

Der frühere BAG-Rechtssatz: „Die Vertretung der Vertrauensperson durch das stellvertretende Mitglied wegen Betroffenheit in eigener Sache sieht das Gesetz gerade nicht vor“ ist Rechtsgeschichte, weil dies bekanntlich das Gesetz (BTHG) nunmehr vorsieht, da § 177 Absatz 1 Satz 1 SGB IX nunmehr alle Verhinderungsarten erfasst incl. rechtlicher Verhinderung.

Gruß,
Cebulon

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