Verhinderung / Befangenheit vs. Unterrichtung (Umgang mit Arbeitgeber)

WoBi, Tuesday, 26.05.2020, 12:15 (vor 1438 Tagen) @ WoBi

Hallo zusammen,

Danke für euere Meinungen und Begründungen. Auch für die interessanten Link / Hinweise.

Ich könnte bei mehreren SBV beobachten, dass deren Arbeitgeber mit der Begründung der eigenen Betroffenheit die SBV kaltstellen will bzw. unter Berücksichtigung der dem Arbeitgeber bekannten Urlaubs-/Abwesenheitsplanung die Beiziehung der Stellvertreter verhindern, um die Vertrauensperson zu isolieren.
Es wurde z.B. die Vertrauensperson zum Personalgespräch zitiert, zu einem Zeitpunkt als alle Stellvertreter in Urlaub oder Krank waren. Gleichzeitig wurde der Vorsitzende des PR zum Gespräch geladen. Der Arbeitgeber wollte eine Abmahnung in einem „Abwasch“ abhandeln.

  • Keine umfassende und unverzügliche Unterrichtung bzw. nachfolgende Anhörung der SBV.
  • Direkte Hinzuziehung des Vorsitzenden und nicht eines Mitgliedes der Interessensvertretung des Vertrauens der abzumahnenden Person. Diente nur dem Interesse des Arbeitgebers, da damit das Gremium informiert ist.
  • Keine Klärung ob hier die Abmahnung wegen der geschuldeten Arbeit oder der ehrenamtlichen Tätigkeit erfolgt (volle Freistellung – welche geschuldete Arbeit)


Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 428/16 vom 12.08.16 - Seite 322 zum BTHG und damit zur Änderung im SGB IX

„Bisher war die Vertretung der Vertrauensperson durch ein stellvertretendes Mitglied nur in den Fällen der Verhinderung durch Abwesenheit oder Wahrnehmung anderer Aufgaben möglich. Dem Schwerbehindertenrecht fehlte es somit an einer hinreichend offenen Vertretungsregelung (so Bundesarbeitsgericht vom 22. August 2013 - 8 AZR 574/12). Durch die Streichung dieser einschränkenden Gründe ist künftig damit auch eine Vertretung durch ein stellvertretendes Mitglied in Angelegenheiten möglich, in denen die Vertrauensperson individuell und unmittelbar betroffen ist und damit befangen sein könnte. In diesen Fällen war eine Vertretung bisher nicht möglich.“

Aus dieser Begründung für die Streichung der zwei fixen Verhinderungsgründe geht hervor, dass die Vertrauensperson eine „hinreichend offene Vertretungsregelung“ benötigt, um sich auch aus anderen Gründen durch das stellvertretende Mitglied der SBV vertreten zu lassen.

Nur wer stellt fest, dass „die Vertrauensperson individuell und unmittelbar betroffen ist und damit befangen sein könnte“?
Doch nicht der Arbeitgeber ggf. bereits im Vorfeld ohne umfassende und unverzügliche Unterrichtung!

Der BR stellt z.B. selbst fest, ob eine Angelegenheit der Mitbestimmung vorliegt. Der Arbeitgeber hat den BR unabhängig zu informieren. Wie der BR ist die SBV ein Ehrenamt. Die SBV ist unabhängig und weisungsfrei in ihrem handeln.

Es kann doch nicht sein, dass der durch das BAG festgestellte eingeengte Entscheidungsbereich der Vertrauensperson für eine Verhinderung durch deren weitgehende Öffnung zu einem Ausschuss der Beteiligung der SBV führen kann. Durch die Formulierung „befangen sein könnte“ muss nicht einmal eine reale Situation vorliegen.
Es reicht z.B. aus, dass der Arbeitgeber für schwerbehinderte Beschäftigte eine allgemeine Veränderung plant, um die Vertrauensperson und die schwerbehinderten Stellvertreter auszuklammern.

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Gruß
Wolfgang


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