Einstellung ohne Beteiligung von SBV und BA!? (Einstellung)

WoBi, Tuesday, 06.10.2020, 13:47 (vor 1296 Tagen) @ kraemerchen

Hallo kraemerchen,

es handelt sich um einen öffentlichen Arbeitgeber der neben § 164 SGB IX zusätzlich den § 165 SGB IX zu beachten hat und um eine externe Einstellung nach dem jeweiligen Personalvertretungsrecht. Habe ich das Korrekt erfasst?
Es wurde hier bereits auf § 156 SGB IX, zur Definition was ein Arbeitsplatz ist, hingewiesen.

Der öffentliche Arbeitgeber plant Arbeitsplätze als "Ferienjobs", auch größer/gleich 18 Stunden anzubieten. Hier greift die maximal 8 Wochen in § 156 Abs. 3 SGB IX, dass es sich nicht um einen "solchen Arbeitsplatz" nach § 165 SGB IX handelt und keinen Anspruch auf ein Vorstellungsgespräch besteht und die Unterrichtung der Agentur für Arbeit nach § 165 SGB IX entfällt.
Hier ist bei einer Verlängerung über 8 Wochen aufzupassen. Denn dann handelt es sich um einen Arbeitsplatz nach § 156 Abs. 1 SGB IX.

Der öffentliche Arbeitgeber plant einen Arbeitsplatz mit z.B. 17 Wochenstunden (17 Stunden, damit sich die vollerwerbsgeminderten Personen nicht bewerben können, ohne die Rente zu verlieren) auf Dauer. Hier greift die Regel nach weniger als 18 Wochenstunden in § 156 Abs. 3 SGB IX, dass es sich nicht um einen "solchen Arbeitsplatz" nach § 165 SGB IX handelt und keinen Anspruch auf ein Vorstellungsgespräch besteht und die Unterrichtung der Agentur für Arbeit nach § 165 SGB IX entfällt.
Hier ist "wöchentlich" aufzupassen, dass die 18 Stunden nicht überschritten werden, sonst handelt es sich um Arbeitsplätze nach § 156 Abs. 1 SGB IX. Besondere Vorsicht bei Mehrarbeit, Abgeltung von Mehrarbeit, Prämienvereinbarungen zur Abgeltung von Mehrleistungen, Vereinbarungen zur Leistungserbringung (Zielorientierte Vereinbarung ohne Zeitbezug), Überhöhten Erledigungs-/Fallzahlenvorgaben, …

Ziel kann es sein, erstmal die Person unter "Umgehung" der SBV einstellen und später Maßnahme z.B. Erweiterung der Arbeitsstunden nach einer "Scharmzeit" durchführen. Was einem nicht gleich erkennbaren / offensichtlichen Mehrstufenkonzept zur Umgehung rechtlicher Regelungen folgt.
Mögliche Begründungen des Arbeitgebers:

  • Die Person ist bereits so gut eingearbeitet, dass es keiner Ausschreibung bedarf.
  • Denn kein anderer (externer) Bewerber kann die Anforderungen erbringen.
  • Die Person hat belegt, dass die Aufgabe erfüllt.
  • Der Arbeitsumfang hat sich erhöht.
  • Zuweisung weiterer Arbeitsinhalte.
  • Versetzung auf anderen Arbeitsplatz (geplantes / provoziertes freiwerden eines Arbeitsplatzes im Arbeitsbereich)

Um die Beteiligung von PR, ob hier Mitbestimmungsrechte betroffen sind, kommt der öffentliche Arbeitgeber nicht herum. Ebenso die Darlegung, welche Gründe vorliegen, die Stelle mit diesen Anforderungen auszustatten. Also die Prüfung der Erforderlichkeit von § 164 Abs. 1 SGB IX analog warum soll eine öffentliche Stelle nur intern ausgeschrieben werden.
Öffentliche Stellen unterliegen Art. 33 Abs. 2 GG. Ohne Bewerbungsmöglichkeit auch keine "Bestenauslese".

Hier kann ein Pfad angelegt werden, der über das Begehen zu einer "Autobahn" werden kann. Vom "Testballon" zur ständigen Vorgehensweise. Bis hier ein Missbrauch der Regelungen erkannt wird und diese "Lücke" rechtlich berücksichtig wird, vergeht Zeit in der Legislative.
Ich halte ein vorsätzliches Handeln eines (öffentlichen) Arbeitgebers mit dieser Absicht verwerflich, insbesondere deshalb, weil Teilzeitarbeitsplätze unter 15 Wochenstunden besonders für erwerbsgeminderte Personen benötigt werden.
Da hier dann durch die praktizierte Vorgehensweise gezielt bestehende Schutzbestimmungen für schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen umgangen werden sollen, halte ich es als ein Verstoß gegen Art 3 Abs. 3 Satz 2 GG und damit in Folge ein Verstoß gegen ein Merkmal von § 1 AGG.
Auf die steigende Anzahl von Arbeitslosigkeit betroffenen schwerbehinderten Personen sei hier hingewiesen. Hier hat "Corona" bereits zugeschlagen und weiter für Anstieg sorgen.

Es sei auch auf den "Missbrauch" des Teilzeit- und Befristungsgesetzes z.B. bei Einstellungen mit verminderter Stundenzahl aber geplanter Beschäftigung bis zur Vollzeit und darüber bei manchen Arbeitgebern z.B. in der Logistikbranche hingewiesen. Anwendung gesetzlicher Ausnahmebestände im großen Still zur Steigerung der Gewinne und Abhängigkeit der Beschäftigten. Könnte eine neue "Baustelle" werden.

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Gruß
Wolfgang


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