parallelmandat sbv+br: sbv-termin hinderungsgrund für br-sitzung? (Umgang mit BR / PR)

WoBi, Friday, 29.11.2019, 10:48 (vor 1609 Tagen) @ albarracin

Hallo albarracin,

es sind die zwei unterschiedlichen Verhinderungsgründe in den zwei verschiedenen Gesetzesgrundlagen nach SGB IX und BetrVG zu berücksichtigen.

Da BetrVG und SGB IX keine "Wertigkeit" der Mandate festgelegt haben, entscheidest Du bei der sog. "Ehrenamtskonkurrenz" nach pflichtgemäßem Ermessen, welchem Ehrenamt Du Vorrang gibst.

Die ehrenamtliche Tätigkeit als SBV und BR hat einen Vorrang gegenüber der geschuldeten Arbeitsleistung. Richtig ist, dass es für SBV oder BR keine Wertigkeit gibt. Ist auch gut so, denn kann die Vertrauensperson nach Kriterien und Notwendigkeiten entscheiden.

Für die Vertrauensperson der SBV ist eine Verhinderung nach dem SGB IX bereits gegeben wenn ein weiterer Termin ansteht. Hier ergibt sich für die SBV als Einpersonengremium bereits die Möglichkeit, dass der gewählte Stellvertreter, nach Maßgabe des Wahlergebnisses der Reihenfolge, als Vertretung (§ 179 SGB IX) tätig werden kann. Welcher Termin die Vertrauensperson wahrnimmt, ist dabei ihr überlassen. Das stellvertretende Mitglied der SBV kann dann z.B. den Termin der BR-Sitzung wahrnehmen. Aber nur in der Rolle als SBV.

Ein BR-Mitglied ist nach dem BetrVG verhindert, wenn es z.B. im Urlaub, Krank, eigene Betroffenheit oder in Elternzeit ist. Das Mitglied des BR kann ausdrücklich erklären, dass es z.B. wegen Urlaub oder Krankheit nicht verhindert ist. Bei einem zeitweilig verhinderten Mitglieds des BR rückt ein Ersatzmitglied nach.
Eine Verhinderung liegt nicht vor, wenn das BR-Mitglied trotz Vorrang erforderlicher Betriebsratstätigkeit (§ 37 BetrVG) die Verrichtung von vertragsgemäßen Tätigkeit durchführt. Das BR-Mitglied fehlt rechtswidrig und es ist kein Ersatzmitglied nachzuladen. Wenn er im Betrieb / Dienststelle tätig ist, ist dies keine Hinderung um die Betriebsratstätigkeit auszuüben.

Da BetrVG und SGB IX keine "Wertigkeit" der Mandate festgelegt haben, entscheidest Du bei der sog. "Und entscheidest Du Dich für die SBV-Tätigkeit - auch innerhalb des Betriebes - muß dann natürlich für Dich im BR als BR nachgeladen werden und Du mußt ggfs. Deine Stellvertretung in die Sitzung entsenden.

Deshalb ist es im Doppelmandat wichtig, ob die Vertrauensperson im Betrieb/Dienststelle tätig ist oder ob durch die SBV ein Termin außerhalb z.B. Integrationsamt wahrgenommen wird, denn dies hat Folgen für die Verhinderung oder Nichtverhinderung als BR-Mitglied. Das BetrVG kennt keine Verhinderung wegen SBV-Tätigkeit. Hier ist die Unterrichtung des BR-Vorsitzenden wichtig, damit dieser nach § 29 BetrVG zur Sitzung ggf. nachladen kann. Bei der SBV hat der BR-Vorsitzende keine Nachladepflicht. Die SBV ist zu allen BR-Sitzungen,seiner Ausschüsse und zu gemeinsame Besprechung mit dem Arbeitgeber einzuladen. Ob die SBV an den Sitzungen teilnimmt, entscheidet die SBV selbst.

Das LAG Hessen hat sich mit einer möglichen Interessenkollision zwischen den beiden Wahlämtern BR/SBV zu befassen. Hierbei hat es entschieden, dass das BR-Mitglied im Falle einer aus der Tagesordnung ersichtlichen Interessenkollision zwischen den beiden Ämtern als BR-Mitglied als verhindert ansehen kann.

"Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen, die zugleich Betriebsratsmitglied ist, ist, wenn sie als Vertrauensperson an der Betriebsratssitzung teilnehmen will, nicht generell als Betriebsratsmitglied verhindert. Ergibt sich ein Interessenkonflikt im Einzelfall, muss die Vertrauensperson diesen gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden anzeigen. Dies kann so geschehen, dass die Geheimhaltungspflicht gegenüber dem schwerbehinderten Menschen über persönliche Verhältnisse, die der vertraulichen Behandlung bedürfen, nicht verletzt wird. Für den Fall der Verhinderung ist ein Ersatzmitglied zu der Betriebsratssitzung zu laden."
(LAG Hessen, 01.11.2012 – 9 TaBV 156/12)

WoBis Differenzierung kann ich nicht folgen. Das Gesetz kennt keine "bedingte" Verhinderung.

Das LAG Hessen zeigt einige Feinheiten auf, die tief in das BetrVG reichen, deshalb wurde zur Vereinfachung von einer "bedingten Verhinderung" geschrieben, denn ob eine Verhinderung als BR-Mitglied mit Doppelmandat vorliegt hängt von vielen Bedingungen ab. Durch das BTHG wurde z.B. die Verhinderungsgründe für die SBV auf die persönliche Betroffenheit ausgeweitet.

--
Gruß
Wolfgang


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion