parallelmandat sbv+br: sbv-termin hinderungsgrund für br-sitzung? (Umgang mit BR / PR)

WoBi, Thursday, 19.12.2019, 14:03 (vor 1592 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

eine tatsächliche kurzfristige Verhinderung von BR-Mitglieder der IT-Abteilung der Uni Gießen wäre für eine BR-Sitzung am Montag ggf. Dienstag direkt nach dem 2. Advent gegeben. Es ist ein unplanbares Ereignis von immenser Auswirkung auf den Betrieb. Inwiefern der BR-Vorsitzende hier noch die richtigen Ersatzmitglieder zur BR-Sitzung nachladen kann, hängt vom zeitlichen Vorlauf der Verhinderungsmitteilung ab. Ein Nachladen muss aber durch den BR-Vorsitzenden auch kurzfristig versucht werden.
Hier könnte ggf. auch eine Unterbrechung/Verschiebung der BR-Sitzung in Frage kommen. Dies vor allem, wenn der BR keine eigene und unabhängige IT-Infrastruktur hat und somit weiter handlungsfähig auf seine Unterlagen zugreifen kann.

Tatsächlichen Verhinderung sind z.B. Urlaub, Krankheit, Beschäftigungsverbote, Amts-/Gerichtstermine, Dienstreisen, Auslandsabordnungen, „echte“ Notfälle = nicht planbar!, Seminare, … .

Eine Verhinderung der BR-Mitglieder aus der IT-Abteilung nach mehr als einer Woche, also ab dem 3. Advent dürfte dagegen nicht mehr als „tatsächliche“ Verhinderung angesehen werden können. Hier ist ausreichend Zeit zur Planung durch den Arbeitgeber gegeben. Dies insbesondere, weil die Sitzungstermine nach § 30 BetrVG dem Arbeitgeber bekannt sind und der BR bereits betriebliche Notwendigkeiten berücksichtigt hat.

Ist eine Krankenschwester, die grundsätzlich an Sitzungstagen des BR für die Notaufnahme eingeteilt wird, an der Sitzungsteilnahme tatsächlich verhindert, weil laufend Notfälle in der Notaufnahme eintreffen?

Es ist das normale Geschäftsmodell und hier hat der Arbeitgeber die Teilnahme an der BR-Sitzung zu ermöglichen. Die Abwesenheit des BR-Mitgliedes vom Arbeitsplatz ist planbar. Kommt das BR-Mitglied nicht zur BR-Sitzung, bleibt der Sitzungsplatz frei. Deshalb der Hinweis auf "echte" Notfälle für tatsächliche Verhinderung. Nicht alles was ein Arbeitgeber als Notfall erklärt, ist auch einer.

Nur in Ausnahmefällen kann es sich bei dienstlichen Belangen um eine tatsächliche Verhinderung handeln. Dies wird z.B. im Bereich von Dienstreisen deutlich.
Wenn ein BR-Mitglied immer im Außendienst ist, dann ist das seine normale vertragsgemäße Tätigkeit. Eine Verhinderung liegt demnach nicht vor.
Ist dagegen das BR-Mitglied mit einem festen Arbeitsplatz ausnahmsweise bei einer Besprechung über mehrere Tage in einer weit entfernten Stadt, könnte eine Verhinderung vorliegen.

Es gibt sicher Urteile und Kommentare von Fitting & Co. über Verhinderungen ohne Nachlademöglichkeit und tatsächliche Verhinderung mit Nachlademöglichkeit.

Das BAG hat sich am 12.02.2004 mit dem Aktenzeichen 2 AZR 163/03 über den Fall einer Nachladung eines Ersatzmitgliedes befasst, das hätte gar nicht geladen werden dürfen oder auch nicht. Randnummer 14:
„Der Schutz des § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG für Ersatzmitglieder tritt ein, wenn der Arbeitnehmer als Vertreter zur Betriebsratsarbeit herangezogen worden ist.“
„Er entfällt auch nicht allein deshalb, weil sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen hat.“
„Ausgeschlossen ist der Schutz des § 15 KSchG, wenn der Vertretungsfall durch kollusive Absprachen zum Schein herbeigeführt wird oder das Ersatzmitglied weiß bzw. sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt.“

Hier geht es um ein Thema für ein BR-Forum und betrifft besonders den BR-Vorsitzenden. Wir haben uns weit vom SGB IX als SBV entfernt. Um auf die Fragestellung zurückzukommen:
Ist SBV-Arbeit ein Verhinderungsgrund im Doppelmandat für den Betriebsrat?
Die Antwort:
Es kommt auf den Verhinderungsgrund an, ob eine Verhinderung im Sinne des § 25 BetrVG vorliegt.

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Gruß
Wolfgang


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