Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR (Umgang mit BR / PR)

Cebulon, Tuesday, 08.02.2022, 12:11 (vor 798 Tagen) @ mietze_katz

 Im Handkommentar Fitting finde ich folgendes: § 34 Rn. 35: Das Gesetz gesteht nur den BR-Mitgliedern das Einsichtsrecht zu, nicht dagegen den übrigen Personen, die berechtigt sind, ..... an BR-Sitzungen teilzunehmen, z.B. u.a. SchwbVertr. Wie verhalte ich mich?

Eine solche am Wortlaut klebende Auslegung führt in die Irre, weil_Auslegung unvereinbar mit Bundes- sowie Unionsrecht:

Das ist dummes Zeug was im Fitting steht und was der Betriebsrat unkritisch nachplappert: Daher beim Arbeitsgericht gegen BRV und Betriebsrat klagen auf Überlassung einer Kopie und dabei sinngemäß auf Düwell in ZTR 12/2020, Seite 681-684, verweisen, und höchst hilfsweise auf unzensierte Zugänglichkeit und komplette Einsicht ins Protokoll (Niederschrift) klagen im Beschlusverfahren mit Verweisung bspw. auf die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Inklusionsämter, wie nachfolgend zitiert:

ZB Ratgeber 2021 auf Seite 97 („Das beinhaltet das Protokoll der Sitzung, auch wenn sie nicht teilnehmen kann“)

ZB Spezial 2018, auf Seite 21 („Das Protokoll einer Sitzung ist der Schwerbehindertenvertretung zugänglich zu machen“) und Seite 96 („Die SBV erhält wie alle anderen Mitglieder ein Protokoll“).

Das ist Krampf, was dieser Betriebsrat von sich gibt. Das würde ich niemals so akzeptieren. Das ist „Kindergarten“, was der veranstaltet und natürlich (offensichtlicher) schwerer Rechtsbruch. Dies ist reine Willkür bzw. grober Amtsmissbrauch. Der Beschluss ist nichtig.

Für in einzelnen Kommentaren zu § 34 BetrVG verbreitete pauschale Theorie, dass in der Sitzung des Betriebsrats verteilte Protokolle aus datenschutzrechtlichen Gründen wieder eingesammelt werden müssen („Werden zu Beginn der Sitzung Kopien des Protokolls verteilt, müssen sie_am Ende der Sitzung wieder eingesammelt werden“), gibt‘s keine Rechtsgrundlage. Das ist m.E. alles nur ein haltloser juristischer Müll entgegen schon seit vielen Jahren bundesweit bewährter Praxis bei Betriebs- und Personalräten aller Ebenen. Das ist Denkfehler.

Rechtsvergleiche
Dieses Recht auf Kopie besteht z.B. auch dann, wenn eine SBV an der Teilnahme einer Sitzung verhindert sein sollte – entgegen dem insoweit viel zu eng und zu pauschal gefassten Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayPVG lt. BIH sowie Prof. Düwell, Vorsitzender Richter am BAG a.D. Inhaltlich übereinstimmende Regelungen sind für die folgenden Bundesländer getroffen: Brandenburg in § 41 Absatz 2 PersVG BB, Mecklenburg-Vorpommern in § 32 Absatz 2 PersVG M-V, Saarland § 40 Absatz 2 SPersVG, Sachsen-Anhalt in § 39 Abs. 2 Satz 2 PersVG LSA, Sachsen in § 42 Abs. 2 SächsPersVG, Schleswig-Holstein in § 32 Abs. 3 MBG Schl.-H. sowie Thüringen in § 41 Absatz 2 ThürPersVG. Lediglich das Land Rheinland-Pfalz räumt klar und eindeutig im Wortlaut seines § 37 Abs. 2 Satz 1 LPersVG den Mitgliedern des Personalrats und der SBV ein von der persönlichen Teilnahme unabhängiges Einsichtsrecht in die Niederschrift des PR ein: „Die Mitglieder des Personalrats ... sowie die Schwerbehindertenvertretung haben das Recht, zur Wahrnehmung der ihnen in dieser Funktion obliegenden Aufgaben Sitzungsunterlagen und Niederschriften einzusehen“. Die Klarstellung gilt grundsätzlich auch für (alle) BR-Sitzungen und PR-Sitzungen anderer Bundesländer nach SGB IX bzw. EU-Recht für die SBV. Das ist identische Interessenlage.

Gruß,
Cebulon


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